Reaktionen zum Tod von Benedikt XVI.:"Er trug seine Heimat immer im Herzen"

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Der damalige Papst Benedikt XVI. segnet die Gläubigen während einer Messe auf dem Islinger Feld Regensburg. (Foto: Arturo Mari/dpa)

Wie Bayern um den bayerischen Papst trauert.

"Mein Herz schlägt bayerisch." (Benedikt XVI., am 9. September 2006 im Flugzeug nach Deutschland)

Nach dem Tod des emeritierten Papstes Benedikt XVI. herrschen Trauer und Betroffenheit, weltweit, insbesondere aber im Freistaat. Am Samstag starb der gebürtige Bayer im Alter von 95 Jahren im Vatikan. Wie Bayern auf seinen Tod reagiert.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) würdigte den verstorbenen Joseph Ratzinger als "überzeugungsstarken Repräsentanten der katholischen Kirche". "Der Tod von Benedikt XVI. berührt mich genau wie viele Menschen in Bayern und aller Welt sehr", sagte Söder am Samstag. Mit ihm verliere die Gesellschaft einen der einflussreichsten Theologen des 20. Jahrhunderts.

"Viele Menschen in seiner Heimat werden ihn nicht nur als Papst Benedikt XVI., sondern auch als bescheidenen Seelsorger in dankbarer Erinnerung behalten. Er gab vielen Menschen Kraft und Orientierung." Zugleich habe sich Benedikt XVI. auch der Verantwortung für schwierige Phasen in seinem Wirken stellen müssen. Unvergessen sei sein mehrtägiger Besuch in Bayern als neuer Papst, "der seine Liebe zu Land und Leuten zum Ausdruck brachte": "Er trug seine Heimat immer im Herzen." Söder hat eine dreitägige Trauerbeflaggung angeordnet. Sie gelte an allen staatlichen Dienstgebäuden im Freistaat von Samstag bis 2. Januar 2023, teilte die Staatskanzlei mit.

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Seine erste Zeit in der Stadt erlebte Joseph Ratzinger unfreiwillig, später zog es ihn aber immer wieder nach München zurück, selbst als Papst Benedikt XVI. Die Bilder einer besonderen Verbindung.

Von René Hofmann

Mit tiefer Trauer hat Landtagspräsidentin Ilse Aigner die Nachricht vom Tod Benedikts aufgenommen. "Als Papst war er ein Botschafter Bayerns in der Welt, der seiner Heimat stets verbunden blieb. Das habe ich deutlich gespürt während meines Treffens mit ihm im Jahr 2012, bei dem er unter anderem sehr interessiert daran war, wie es unseren Bäuerinnen und Bauern geht. Auch deshalb erfuhr er gerade bei uns in Bayern große Verehrung. Ich habe ihn als sehr warmherzigen Menschen empfunden."

Der Tod "von unserem emeritierten bayerischen Papst Benedikt XVI schmerzen meine Frau Karin und mich außerordentlich", teilte der frühere Ministerpräsident Edmund Stoiber mit. Er sei mit die prägendste Persönlichkeit der katholischen Kirche in Bayern und Deutschland und dann im Vatikan gewesen. "Er verkörperte den traditionellen Glauben und die traditionellen gewachsenen Positionen und führte die Auseinandersetzung darüber mit unvergleichlicher intellektueller Präzision und Prinzipientreue ohne menschlich zu verletzen", schrieb Stoiber. Seine große Predigt bei seinem Besuch in Regensburg 2006 über Glaube und Vernunft bleibe ihm als Sinnbild unseres Glaubens und als Brücke zu den Reformern in der katholischen Kirche unvergesslich. "Wir verneigen uns - auch angesichts von mancher Kritik an ihm - vor ihm in tiefer Trauer."

Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf bezeichnete den Tod des emeritierten Papstes als großen Verlust für die katholische Kirche und die Gemeinschaft der Gläubigen. "Als Papst gab er Millionen Christen auf der ganzen Welt Orientierung und Halt", sagte die CSU-Politikerin. "Seiner bayerischen Heimat und dem sozialen Leben in Bayern blieb er dabei ein Leben lang eng verbunden. Wir verlieren mit ihm einen großen Papst und Theologen im Dienste der Menschen und der sozialen Gerechtigkeit."

Florian Streibl, Vorsitzender und religionspolitischer Sprecher der Freien Wähler im Bayerischen Landtag, erklärte: "Ein großer und mutiger Papst hat seine Vollendung gefunden. Ein großer Mensch und ein großer Sohn unserer Heimat, der die katholische Theologie, die Kirche Gottes und unsere Heimat wie kaum ein anderer geprägt hat. Ein wahrer Kirchenvater und der letzte große Theologe des vergangenen Jahrtausends hat das Ziel erreicht. Manche mögen ihn kritisiert und sich an seiner Haltung gerieben habe. Aber gerade deshalb war er einer der Intellektuellen, an denen man nicht ohne Weiteres vorbeikam, ohne seine eigene Haltung zu überdenken. Joseph Ratzinger war damit eine Herausforderung für viele, die gerade hierdurch ihren eigenen Weg gefunden haben."

Reaktionen aus den Kirchen:

Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising betonte die enge Verbindung seines Vorvorgängers zum Erzbistum München und Freising. "Wir trauern um einen treuen Zeugen der Liebe Gottes und einen bedeutenden Lehrer der Kirche, dessen Verkündigung bereits zu seiner Zeit als Münchner Erzbischof weit über die Grenzen des Erzbistums hinaus strahlte."

Bambergs emeritierter Erzbischof Ludwig Schick machte in den sozialen Medien Details seiner letzten Begegnung mit Benedikt im November öffentlich. Er habe sich von ihm verabschiedet und versprochen, um eine gute Sterbestunde zu beten. Nun sei seine Sehnsucht nach Gott erfüllt, dem er zeitlebens gedient habe.

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Weihbischof Herwig Gössl, der Diözesanadministrator des Erzbistums Bamberg, bezeichneten den emeritierten Papst als "großen Theologen und guten Hirten". Er sei ein "hochgebildeter Mensch" gewesen, teilte Gössl am Samstag mit. "Aber er war überhaupt nicht eingebildet, und das ist eine Besonderheit."

Rudolf Voderholzer, der Bischof von Regensburg, nannte es bewundernswert, wie rührend Benedikt am Leben einfacher Leute Anteil nahm. Außerdem sei Joseph Ratzinger immer ein Familienmensch gewesen. "Die Beziehung zu seinen Geschwistern war ihm ganz wichtig. Die Verbindung zu den Eltern bestand über den Tod hinaus. Ohne diesen Zusammenhalt in der Familie wäre seine Person nicht vorstellbar gewesen."

"Papst Benedikt ist heimgegangen", schrieb Stefan Oster, Bischof von Passau. "Aus mehreren Begegnungen mit ihm weiß ich, dass er sich nach dem Heimgang gesehnt hat. Nach der Begegnung mit seinem Herrn, für den er gelebt und den er geliebt hat. Wie tröstlich, denn wir gewinnen einen Beter im Himmel, einen Fürsprecher für unsere Heimat, das Bistum Passau und die ganze Kirche."

Bertram Meier, der Bischof von Augsburg, erinnerte sich an viele Begegnungen mit Joseph Ratzinger, den er kurz nach seiner Priesterweihe 1985 kennengelernt habe. "Während meiner Jahre am deutschen Kolleg des Campo Santo bei Sankt Peter in Rom konnte ich fast wöchentlich am Donnerstag mit ihm die Eucharistie feiern und oft mit ihm frühstücken. Während meiner Promotion hat er sich wiederholt nach dem Fortgang meiner Arbeit erkundigt, zumal ich über den von ihm geschätzten Regensburger Bischof Johann Michael Sailer schrieb, den Vater der Pastoraltheologie."

Gregor Maria Hanke, Bischof von Eichstätt: "In meinen persönlichen Begegnungen mit Papst Benedikt durfte ich immer wieder die Bescheidenheit und Einfachheit spüren, die diesen intellektuell hochstehenden Menschen und scharfsinnigen Denker auszeichneten. Nicht nur dass er persönlich einen bescheidenen Lebensstil praktizierte. An kleinen Dingen des Alltags konnte er größte Freude entfalten."

Würzburgs Bischof Franz Jung teilte mit, dass sich der emeritierte Papst durch seine innige Frömmigkeit tief mit der benediktinischen Tradition seiner bayerischen Heimat verbunden gewusst habe. "So war es kein Zufall, dass er als Papstnamen den Namen des 'Vaters des Abendlandes' wählte."

Joachim Unterländer, der Vorsitzender des Landeskomitees der Katholiken in Bayern, sprach die Kritik an, die es in den vergangenen Jahren vermehrt gegeben habe, bei seiner Rolle in der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche oder auch bezüglich der Katholischen Integrierten Gemeinde. Dennoch seien es hoffentlich andere Dinge, die den Menschen von ihm in Erinnerung bleiben werden. "Seine Bescheidenheit und seinen klaren Geist haben die Gläubigen stets bewundert, er vermochte es, die Jugend zu begeistern, was man nicht zuletzt beim Weltjugendtag in Deutschland spüren konnte, und er war ohne Zweifel einer der größten Denker, die die katholische Kirche je hervorgebracht hat."

Bayerns evangelischer Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm reagierte differenziert: "Ich habe großen Respekt vor dem Lebenswerk des früheren Papstes. Ganz besonders vor seiner theologischen Gelehrsamkeit. Viele Bücher zeugen davon. Benedikt hat sich immer um den ökumenischen Dialog bemüht. Er hat beim Zustandekommen der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre 1999 mit den lutherischen Kirchen eine wichtige Rolle gespielt. Was die Ökumene angeht, ist die Bilanz aber gemischt. Bei den Protestanten hat die Erklärung 'Dominus Jesus', die der damalige Kardinal Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation 2000 veröffentlicht hat, Verletzungen hinterlassen, die nachgewirkt haben."

Benedikt habe nicht nur die katholische Kirche entscheidend geprägt, sondern auch einen intensiven Austausch mit Vertretern der jüdischen Gemeinschaft gepflegt, teilte Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern mit. "Als Mensch von Geist und Wort war ihm wichtig, dass dieser Dialog nicht nur um des Dialoges willen geführt wurde - er musste Inhalt und Zweck haben." Nicht in allen Belangen habe man dieselbe Sprache gesprochen, sagte Knobloch. "Manche Fragen blieben offen. Dennoch: Der Respekt, mit dem Joseph Ratzinger und später Benedikt XVI. den Menschen gegenüber trat, war stets zu spüren." Die Rolle von Papst Benedikt in der modernen Kirchengeschichte sei einzigartig, sein Wirken besonders in Bayern profund. "Seine Spuren werden lange erkennbar sein, und er selbst wird unvergessen bleiben."

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:Himmel und Herde

Der bayerische Papst Benedikt XVI. war ein Star der katholisch-strengen Dogmatik des 20. Jahrhunderts. Sein Haus und seine Heimat hatte er nicht zufällig in Regensburg. Dort fühlte er sich als Fundamentaltheologe wohl.

Von Heribert Prantl

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