Wirtschaft in Bayern:Alarmsignale vom Arbeitsmarkt

Lesezeit: 3 Min.

Der aktuelle Arbeitsmarktbericht für Bayern verzeichnet zwar nur einen geringen Anstieg der Arbeitslosigkeit. Insgesamt aber häufen sich die Warnsignale. (Foto: Daniel Löb/dpa)

Die Arbeitslosigkeit im Freistaat ist zwar nur geringfügig gestiegen. Das liegt auch an der Jahreszeit - und fügt sich doch in einen Trend.

Von Maximilian Gerl

Jetzt bloß keine Panik! So etwa klingt die Überschrift, die an diesem Mittwoch über dem neuesten Arbeitsmarktbericht für Bayern steht. Demnach hat es einen "saisonüblichen Anstieg" bei der Arbeitslosigkeit gegeben: Zum Stichtag Mitte Dezember galten rund 262 900 Menschen im Freistaat als arbeitslos, gut 8600 Personen mehr als im November. Auch die Arbeitslosenquote stieg im Vergleich zum Vormonat wenig, um nur 0,1 Punkte auf 3,4 Prozent. So weit, so gewöhnlich, schließlich wird im Winter auf dem Bau und in der Landwirtschaft weniger gearbeitet.

Alles ganz in Ordnung also? Im Gegenteil, es mehren sich die Alarmsignale. Dazu muss man nur ein paar Zeilen im Arbeitsmarktbericht weiterlesen. Von einer "schwachen Konjunktur" ist da unter anderem die Rede, von verunsicherten Unternehmen und "dass weniger arbeitslose Menschen eine Beschäftigung aufgenommen" hätten. Auch die Zahl derjenigen, die in die Arbeitslosenversicherung rutschten, habe "für diese Jahreszeit ungewöhnlich stark" zugenommen. Dabei schien der bayerische Arbeitsmarkt den Krisen dieser Welt bislang zu trotzen - auch weil der Personalmangel in vielen Branchen so groß war und ist, dass Firmen lieber anderswo sparen, bevor ihnen später in besseren Zeiten die Beschäftigten fehlen.

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Vom Zustand der Massenarbeitslosigkeit ist Bayern freilich immer noch weit entfernt: Ab einer Arbeitslosenquote von drei Prozent sprechen viele Volkswirtinnen und Volkswirte von Vollbeschäftigung, diese Marke ist nahe. Auch im Bundesvergleich steht Bayern gut da, die Quote für ganz Deutschland liegt bei 5,7 Prozent. Der Trend aber zeigt derzeit halt in die andere Richtung. Im Dezember 2022 kam Bayern noch auf eine Quote von 3,1 Prozent und im Dezember 2021 auf 2,9 Prozent. Auch die Zahl der Arbeitslosen ist gegenüber dem Vorjahr um elf Prozent oder rund 26 000 Menschen gestiegen.

Geht es nach der Staatsregierung, gibt es dafür auch einen Schuldigen: die Bundesregierung. Deren "leistungsfeindliche Politik" sei ein "Standortrisiko", teilte Arbeitsministerin Ulrike Scharf (CSU) mit. Ähnlich äußerte sich Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW). "Was der Wirtschaftsstandort 2024 endlich braucht, das ist Sicherheit statt Slalomfahren", wird er in einer Mitteilung seines Hauses zitiert.

Auch seitens der Wirtschaft folgte Kritik, wenngleich mitunter etwas allgemeiner formuliert. So bescheinigte die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) der Bundesregierung ebenfalls, "bisher nicht die benötigte Konstante" zu sein. Daneben bremsten unter anderem hohe Energie- und Arbeitskosten, gestiegene Zinsen und eine insgesamt schwache Weltwirtschaft die Betriebe aus. Der Deutsche Gewerkschaftsbund in Bayern forderte hingegen auch von der Staatsregierung und den Arbeitgebern "Taten statt vieler Worte". "Nichtstun, die Dinge einfach laufen lassen und zu glauben, das ruckelt sich schon irgendwie zurecht, wird den Dimensionen in Wirtschaft und Arbeitsmarkt nicht gerecht", sagte der Landesvorsitzende Bernhard Stiedl.

Im Arbeitsmarktbericht wird vor allem ein Jahr 2023 beschrieben, "das von vielen Herausforderungen geprägt war". Und deren Auflistung durch Ralf Holtzwart, den Vorsitzenden der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit, ist in der Tat lang. Der Krieg in der Ukraine kommt darin vor und der weitere Zustrom von Geflüchteten, deren Integration in den Arbeitsmarkt bisweilen langsam verläuft; so ist der Anstieg der Arbeitslosenzahlen ungefähr zur Hälfte auf Ausländerinnen und Ausländer zurückzuführen. Aber auch die Landtagswahl in Bayern und die Probleme beim Bundeshaushalt finden in der Liste Erwähnung, dazu die Debatten um Bürgergeld und Heizungsgesetz ebenso wie die ganz "großen Themen" namens demografischer Wandel, Fachkräftemangel und Digitalisierung. Trotzdem habe der bayerische Ausbildungs- und Arbeitsmarkt "erneut bewiesen, wie stabil er auf die verschiedenen Einflüsse reagiert", schreibt Holtzwart. "Darauf dürfen wir uns jedoch nicht ausruhen."

Die Aussichten fürs neue Jahr fügen sich der allgemeinen Krisenstimmung. Zum Beispiel erwartet die VBW, dass das bayerische Bruttoinlandsprodukt 2024 um bestenfalls nur 0,3 Prozent wachsen wird. Auch bei der Regionaldirektion gehen sie von eher komplizierten Zeiten aus. Denn obwohl es auf den ersten Blick paradox erscheinen mag: "Der Arbeits- und Fachkräftemangel wird viele Branchen trotz der aktuellen Lage beschäftigen", heißt es hierzu im Bericht.

Das zeigt unter anderem der Blick auf den Stellenpool. Zwar wurden den Agenturen und Jobcentern während des gesamten Jahres 2023 gut ein Zehntel weniger Arbeitsstellen gemeldet als im Vorjahr. Trotzdem waren von ihnen im Dezember rund 140 300 unbesetzt.

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