Folge der Maskenaffäre:Ein Papier gegen krumme Geschäfte - und mit Hintertür

Lesezeit: 3 min

Im Vordergrund Michael Piazolo ( Freie Wähler), Staatsminister für Unterricht und Kultus, daneben Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern. (Foto: dpa)

An diesem Donnerstag legen CSU und Freie Wähler ihr Koalitionspapier für ein neues Abgeordnetengesetz vor. Das Wort "Maske" taucht an keiner Stelle auf. Hält der Entwurf, was er verspricht?

Von Andreas Glas, München

Drei Seiten hat das Vorwort, zehn Seiten der Gesetzestext, neun Seiten der Anhang. Das Wort "Maske" taucht an keiner Stelle auf. Aber natürlich weiß jeder, dass es dieses Papier nicht gegeben hätte ohne die Affäre um CSU-Abgeordnete, die hohe Provisionen für die Vermittlung von Corona-Schutzmasken an Bund und Freistaat kassiert haben. An diesem Donnerstag werden die Landtagsfraktionen von CSU und Freien Wähler ihren Entwurf für ein neues Abgeordnetengesetz vorlegen. Das Gesetz soll schon den Verdacht ersticken, dass Abgeordnete "ihr Mandat missbrauchen, um eigene Interessen zu verfolgen". So das Versprechen ganz am Anfang des Papiers, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Die Frage ist jetzt: Hält der Entwurf der Koalitionsfraktionen, was er verspricht?

Ausgangspunkt des Koalitionspapiers war der Gesetzentwurf, den Mitte Mai zunächst die CSU-Abgeordneten unter sich ausgehandelt hatten. In langen, schwierigen Diskussionen hatte sich die Fraktion darin zu einer gemeinsamen Linie für eine Verschärfung des Gesetzes durchgerungen. Nun ist also auch der zweite Schritt abgeschlossen, die Abstimmung in der Koalition. Dabei ist es den Verhandlungsführern der FW offenbar gelungen, der CSU an einzelnen Stellen noch etwas mehr Strenge abzutrotzen - einen Punkt aber auch wieder aufzuweichen.

Augsburg
:Freie-Wähler-Politiker wegen Verleumdung und Beleidigung verurteilt

Unter falschem Namen soll Peter Hummel Parteifreunde diffamiert und beleidigt haben. Das sieht das Gericht nun als erwiesen an - und verurteilt ihn zu einer Geldstrafe.

Von Lea Weinmann

Die Kernpunkte wurden im Wesentlichen aus dem CSU-Entwurf übernommen. Darunter die Pflicht für Landtagsabgeordnete, ihre Nebeneinkünfte in voller Höhe und ab dem ersten Euro offenzulegen und die Regel, dass Abgeordnete keine Provisionen von Dritten annehmen dürfen, die Immobiliengeschäfte mit dem Freistaat machen oder ihm Waren und Dienstleistungen vermitteln. Letzteres könnte man "Lex Sauter" nennen - in Anlehnung an Alfred Sauter, Ex-Justizminister, bis vor Kurzem Mitglied der CSU-Fraktion und nun wegen der Maskendeals mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert, die er bestreitet.

Beim Verbot bezahlter Lobbytätigkeit weicht der Koalitionsentwurf dagegen ab vom Ursprungsvorschlag der CSU. Nun ist nicht mehr nur die Rede davon, dass bezahlte Interessenvertretung gegenüber dem Freistaat verboten ist - sondern auch gegenüber Gemeinden und Gemeindeverbänden, "soweit diese im übertragenen Wirkungskreis tätig werden", also im Auftrag des Freistaats handeln. Ehrenamtliche Tätigkeiten, etwa im Vorstand eines Vereins oder in einem kommunalen Ehrenamt, sollen den Abgeordneten aber auch künftig erlaubt sein.

Am deutlichsten ist die Handschrift der Freien Wähler wohl bei Artikel Nummer neun des Gesetzesentwurfs zu erkennen. Er trägt die Überschrift "Verbot eigener Geschäfte". Bereits im Mai, als die CSU ihren Entwurf präsentierte, hatte Landtagsvizepräsident Alexander Hold (FW) angekündigt, dass seine Fraktion hierbei "nachschärfen" wolle. Dass Abgeordnete keine Geschäfte für Dritte mit dem Freistaat mehr machen dürfen, sei absolut richtig, sagte Hold. Er sagte aber auch, dass es zusätzlich ein Verbot brauche für Geschäfte, die Abgeordnete selbst mit dem Freistaat machen. Dieser FW-Forderung ist die CSU nun also nachgekommen.

Newsletter abonnieren
:Mei Bayern-Newsletter

Alles Wichtige zur Landespolitik und Geschichten aus dem Freistaat - direkt in Ihrem Postfach. Kostenlos anmelden.

Andererseits gibt es im Papier der Koalition eben einen Absatz, der den Ursprungsvorschlag der CSU aufweicht - und Zweifel nährt, wenn Fabian Mehring (FW) nur davon spricht, dass die FW den CSU-Vorschlag "nachgeschärft" hätten. Über Mehrings Darstellung soll sich auch Ministerpräsident Markus Söder am Mittwoch in der CSU-Fraktionssitzung geärgert haben.

Bei der Veröffentlichungspflicht für Nebeneinkünfte findet sich nun jedenfalls ein Passus, der womöglich doch wieder einen Graubereich öffnet. Demnach könnte diese Pflicht entfallen, "wenn durch die Veröffentlichung der genauen Höhe der einzelnen Einkünfte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Mitglieds oder eines Dritten beeinträchtigt werden und dem Mitglied oder Dritten dadurch ein erheblicher Wettbewerbsnachteil droht".

Wie geht es nun weiter? CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer hat früh signalisiert, dass er sich einen interfraktionellen Gesetzentwurf wünscht. Das heißt: Im nächsten Schritt werden CSU und FW ihren Entwurf in Gespräche mit Grünen, SPD und FDP einbringen. Die Chancen, dass sich Koalition und Opposition einig werden, stehen insgesamt gut. Vieles von dem, was CSU und FW nun vorschlagen, hatten etwa Grüne und SPD schon lange gefordert. Einzelne Punkte bieten aber noch Konfliktpotenzial. Dass die Abgeordneten zum Beispiel Unternehmensbeteiligungen künftig ab einem Anteil von fünf Prozent offenlegen sollen, geht Grünen und SPD nicht weit genug. Die Grünen wollen eine Veröffentlichung schon ab drei Prozent, die SPD ab 2,5 Prozent. Beide Fraktionen haben angekündigt, dass sie noch einmal nachverhandeln möchten.

© SZ vom 24.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivAffäre um Corona-Schutzkleidung
:Masken und Millionen

Die Unternehmerin Andrea Tandler, Tochter des CSU-Granden Gerold Tandler, hat bei Deals einer Schweizer Firma hohe Honorare kassiert. Insgesamt geht es um bis zu 50 Millionen Euro. Über eine neue Dimension problematischer Pandemie-Geschäfte.

Von Klaus Ott und Jörg Schmitt

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: