Wissenschaft:Endlich hat Augsburg eine Uniklinik

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2019 hat der Freistaat das Krankenhaus in Augsburg übernommen und daraus die sechste Uniklinik Bayerns gemacht. (Foto: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)
  • Das Augsburger Krankenhaus heißt nun Universitätsklinikum und geht in die Trägerschaft des Freistaats über.
  • Nun wird dort Forschung und Lehre betrieben, ab Herbst dieses Jahres in Augsburg Studenten der Humanmedizin ausgebildet.
  • Sorge bereitet die hohe Arbeitsbelastung in dem Krankenhaus, das der einzige Maximalversorger im Regierungsbezirk ist.

Von Christian Rost, Augsburg

Jahrzehntelang haben die Augsburger Kommunalpolitiker darauf hingefiebert, dass ihr Krankenhaus aufgewertet wird. Zum Jahreswechsel war es endlich so weit. Das bislang von Stadt und Landkreis getragene und viele Jahre defizitäre Klinikum ging am 1. Januar 2019 in die Trägerschaft des Freistaats über - es heißt nun: Universitätsklinikum Augsburg. Seit diesem Mittwoch ist dies auch sichtbar. Hinweisschilder wurden ausgetauscht oder überklebt und manifestieren den neuen Kurs: Neben Spitzenmedizin wird in dem Gebäudekomplex im Stadtteil Kriegshaber und den dazugehörigen Einrichtungen im Stadtgebiet künftig auch Forschung und Lehre betrieben. Dadurch würden Patienten von modernen Diagnostik- und Therapieverfahren profitieren, sagt Kliniksprecherin Ines Lehmann.

Noch wirkt sich das "Uni"-Etikett im Klinikalltag nicht aus. Die Patientenversorgung geht ihren gewohnten Gang. Ob in der Notaufnahme oder in den Fluren der Patientenzimmer. "Da ist von Veränderung noch nichts zu spüren, aber die Aufbruchstimmung ist da", sagt Lehmann. Der Betrieb ist mit rund 5300 Mitarbeitern einer der größten Arbeitgeber in Schwaben. Sie arbeiten in den 25 einzelnen Kliniken und Instituten, die sich im Klinikum selbst, in der angeschlossenen Kinderklinik, dem Mutter-Kind-Zentrum Schwaben und dem ebenfalls dazugehörigen Klinikum Augsburg-Süd befinden.

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Bei der Vergabe von Studienplätzen sollen außerdem künftig auch andere Kriterien als die Abiturnote berücksichtigt werden.

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Das Klinikum war bereits als Universitätsklinikum geplant und gebaut worden. Es dauerte aber knapp 30 Jahre, bis 2009 der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ins Goldene Buch der Stadt Augsburg schrieb: "Die Uniklinik kommt!" Tatsächlich wurde 2016 die medizinische Fakultät mit den Forschungsschwerpunkten Umweltmedizin und Medizininformatik gegründet. Die künftigen Medizin-Informatiker haben ihren Bachelorstudiengang bereits in diesem Wintersemester aufgenommen, die Studenten der Humanmedizin werden vom Herbst dieses Jahres an ausgebildet. Augsburgs Oberbürgermeister Kurt Gribl (CSU) sagt, mit der neunen Uniklinik seien "Forschung, Entwicklung und Grundversorgung für die Stadt und die Region sichergestellt".

In Forschung und Lehre sollen 100 Professuren eingerichtet und jährlich 1500 junge Menschen ausgebildet werden. Dafür wird neben dem Krankenhaus ein 14 Hektar großer Campus errichtet. Voraussichtlich Ende 2022 soll das Lehrgebäude der Medizinischen Fakultät auf dem Medizincampus stehen. In den Jahren 2023/24 wird den Planungen zufolge das erste Forschungsgebäude für das Institut für Theoretische Medizin in Betrieb genommen.

Für das Gesamtprojekt Uniklinik hat der Freistaat bis ins Jahr 2023 knapp 730 Millionen Euro an Investitionen veranschlagt. Allein 270 Millionen sind für den Bau des Campus vorgesehen. In den laufenden Betrieb sollen jedes Jahr überdies rund 100 Millionen Euro fließen. Laut einer von der Industrie- und Handelskammer Schwaben in Auftrag gegebenen Studie könnten im Umfeld der Uniklinik - übrigens der sechsten nach den beiden in München und jenen in Regensburg, Erlangen und Würzburg - in Augsburg bis zu 6500 neue Arbeitsplätze entstehen. Das Großkrankenhaus mit mehr als 1700 Betten versorgt etwa eine Viertelmillion Patienten im Jahr.

Während die Stadt und der Landkreis Augsburg noch Altschulden für das Klinikum abstottern müssen, zeigen sich die Personalvertreter besorgt über die hohe Arbeitsbelastung in dem Krankenhaus, das der einzige Maximalversorger im Regierungsbezirk ist. Die Gewerkschaft Verdi handelte nun aber mit der Klinikleitung einen Vertrag aus, demzufolge 100 neue Pflegestellen geschaffen werden, um das vorhandene Personal zu entlasten. Die Klinik hat sich vor allem in Italien umgesehen, um Pfleger anzuwerben. Dort wird mehr Pflegepersonal ausgebildet, als benötigt wird. Es erinnert an die Zeit, als Gastarbeiter für die Industrie in den Nachkriegsjahrzehnten massiv geworben wurden, was sich nun im Pflegebereich abspielt. Am Mittwoch kam die erste Pflegekraft aus Italien in Augsburg an, 22 weitere folgen voraussichtlich im Mai. Die Italiener erhalten Unterstützung beim Deutschlernen und auch eine Unterkunft, zumindest für die Anfangszeit.

Die symbolische Schlüsselübergabe für das Klinikum erfolgt am 9. Januar in einem Festakt. Dabei wird der Augsburger Landrat Martin Sailer mit Wissenschaftsminister Bernd Sibler (beide CSU) die Übergabe an den Freistaat vornehmen. Horst Seehofer wird nicht dabei sein, wenn ein Ensemble des Leopold-Mozart-Zentrums der Universität Augsburg den Akt musikalisch besiegelt. Seehofer bekommt aber noch einen eigenen Festakt. Der Landkreis hat ihm ja bereits einen Ehrenring mit Brillant verliehen für das große Geschenk Uniklinikum. Der Augsburger Stadtrat zieht nun nach und verleiht Seehofer die Ehrenbürgerwürde.

© SZ vom 03.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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