"Enzos Hundeleben" ist ein Blog, in dem Enzo, der Hund, gerne mal Gassi geht und sich auf keinen Fall vegan ernähren mag. Sein Herrchen dagegen fährt mit dem Elektroauto in den Urlaub. Das ist so maximal unspektakulär, dass man Enzos Herrchen gewünscht hätte, der Hund würde sich tatsächlich nur noch von gedünstetem Fenchel oder Kürbisrisotto ernähren, damit er mal was zu erzählen hat. Stattdessen darf Enzo weiter fressen, was ein Hund nun mal frisst. Die Leser zieht es seit ein paar Tagen auch so auf die Seite des Blogs, dem ein Coup gelungen ist: Gerd Merkle, Augsburgs Baureferent, der wegen seiner immensen Anzahl an Überstunden inzwischen überregional bekannt ist, hat sich dort erstmals zu seinem Arbeitsfleiß geäußert.
4933 Überstunden waren es demnach, die er im Dienste der Stadt zwischen 1994 und 2008 angesammelt hat und nun - etwa 15 Jahre später - gerne ausbezahlt bekommen möchte. 45 Arbeitswochen pro Jahr, sieben oder acht Überstunden pro Woche. Die Rechnung klingt gar nicht unwahrscheinlich, da gibt es Jobs, die einem mehr abverlangen - Politiker zum Beispiel. Mehrschichtarbeit, Schlafen im Büro, Bürgerveranstaltungen am Abend und am Wochenende. "Man konnte sich auf Merkle verlassen", sagt Merkle. "Merkle funktionierte." Er funktioniert bis heute auch als Baureferent so gut, dass Augsburgs CSU insgesamt recht dünnhäutig auf die öffentliche Debatte der vergangenen Tage reagiert und ihn am Mittwoch per Pressemitteilung noch einmal verteidigte. Oberbürgermeisterin Eva Weber hatte bereits zuvor von "einem Schlag ins Gesicht der Mitarbeiterinnen der Verwaltung" wegen der öffentlich geführten Diskussion gesprochen. Wobei unklar blieb, inwiefern die übrigen Mitarbeiter der Stadt darunter leiden, dass ein Kollege die Auszahlung teils knapp 30 Jahre zurückliegender Überstunden fordert und dies nun überprüft wird.
Die Regierung von Schwaben muss das Ansinnen jetzt bewerten, das nach Ansicht der Stadt Augsburg durch frühere Arbeitsvereinbarungen gedeckt ist, wonach Überstunden wie im Fall des Baureferenten keine Höchstgrenze haben und auch nicht verfallen. Erhält Merkle seine Überstunden ausbezahlt, muss ihm die Stadt offenbar mehr als 200 000 Euro überweisen, die er allerdings zu versteuern hat. Das ist nur unwesentlich mehr, als eine Krankenschwester in New York mal in einem Jahr an Überstunden ausgezahlt bekommen haben soll: 150 000 Dollar.