Augsburg:"Ich wollte nur berühmt werden"

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"Man klettert nicht einfach so auf Fahnenmasten", wies der Jugendrichter den Angeklagten am Donnerstag zurecht. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Im Oktober riss ein 18-Jähriger eine Israel-Flagge am Augsburger Rathaus vom Mast, um sie anzuzünden. Dann verschwand er. Monate später wird er vom Amtsgericht verurteilt - seine Ausrede glaubt ihm der Richter nicht.

Rund fünf Monate nach dem Herunterreißen einer israelischen Flagge vor dem Augsburger Rathaus ist ein 18-Jähriger zu einer Jugendstrafe verurteilt worden. Der junge Syrer erhielt am Donnerstag vom Amtsgericht Augsburg einen zweiwöchigen Arrest, er muss an mehreren Gesprächen zum Thema Antisemitismus mit einem Vertreter der jüdischen Gemeinde teilnehmen und 200 Euro an das jüdische Museum in Augsburg zahlen. Der Angeklagte hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt.

Der Flüchtling wurde wegen Verletzung von Flaggen- und Hoheitsrechten ausländischer Staaten und Sachbeschädigung verurteilt. Die Arreststrafe ist dadurch abgegolten, dass er zwei Wochen in Untersuchungshaft war. Das Urteil wurde sofort rechtskräftig.

Der 18-Jährige hatte am 13. Oktober vor zahlreichen Menschen auf dem Rathausplatz die Israel-Flagge vom Mast heruntergerissen, die dort nach dem Hamas-Überfall aus Solidarität mit dem angegriffenen Land gehisst worden war. Dann hatte er versucht, die Fahne mit einem Feuerzeug anzuzünden. Eine couragierte Passantin schritt ein und verhinderte das Verbrennen. Die Tat hatte bundesweit und über die Grenzen Deutschlands hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt, nachdem der Angeklagte ein Video der Tat auf einem sozialen Netzwerk verbreitet hatte.

Vor Gericht sagte er, dass er mit der Tat und dem Video auf dem Portal Aufmerksamkeit erregen wollte. "Ich wollte nur berühmt werden." Der junge Mann beteuerte, dass er sich keine Gedanken darüber gemacht habe, dass sein Handeln verboten sei. Die Tat habe auch keinen politischen Hintergrund gehabt.

Jugendrichter Fabian Espenschied nahm ihm das allerdings nicht ganz ab und sah schon eine antisemitische Motivation. "Man klettert nicht einfach so auf Fahnenmasten." Es sei nirgends auf der Welt normal, Flaggen anderer Staaten herunterzureißen. "Moralisch ist das auf unterster Stufe", betonte der Richter. Die Staatsanwältin hatte zuvor erklärt, dass die Tat viele Menschen über die Grenzen Augsburgs hinaus verunsichert habe. Das veröffentlichte Video schüre Hass gegen Israel sowie allgemein auf Jüdinnen und Juden. "Es ist ein Angriff auf unsere Werte", sagte sie.

Bereits im Januar war ein Helfer des 18-Jährigen, der das Video aufgenommen hatte, zu einer ähnlichen Strafe verurteilt worden. Wenige Tage nach der damaligen Tat war erneut eine Israel-Flagge vor dem Rathaus heruntergerissen worden. In diesem Fall sind die beiden Täter bis heute unbekannt.

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Im vergangenen Oktober ist die Israel-Flagge vom Mast vor dem Augsburger Rathaus geholt und geschändet worden. Da der mutmaßliche Haupttäter nicht auffindbar ist, kann nur seinem der Beihilfe bezichtigten Freund der Prozess gemacht werden. Dabei findet der Richter deutliche Worte.

Von Florian Fuchs

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