Cold Case in Aschaffenburg:Mordprozess könnte sich in die Länge ziehen

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  • Der Prozess gegen einen 57-Jährigen, dem vorgeworfen wird, vor 40 Jahren eine 15-Jährige getötet zu haben, könnte sich stark in die Länge ziehen.
  • Am siebten Verhandlungstag hat das Gericht dem Antrag der Verteidigung stattgegeben, den Chefermittler der Kriminalpolizei erneut zu vernehmen.
  • Christiane J. war im Jahr 1979 im Park des Aschaffenburger Schlosses ermordet worden.

Von Olaf Przybilla, Aschaffenburg

Außergewöhnlich ist der nicht-öffentliche Prozess in Aschaffenburg, der nach 40 Jahren den Mord an der 15 Jahre alten Christiane J. aufklären soll, ohnehin. Jetzt aber könnte er sich zudem immens in Länge ziehen. Am siebten Verhandlungstag hat das Gericht dem Antrag der Verteidigung stattgegeben, den Chefermittler der Kriminalpolizei erneut zu vernehmen. Damit ist zumindest nicht ausgeschlossen, dass in diesem Fall neue und aufwendige Ermittlungen durchgeführt werden müssen.

Hintergrund für die wiederholte Vorladung des Chefermittlers ist nach Angaben von Gerichtssprecher Ingo Krist die Tatsache, dass an dem Kantholz, mit dem im Jahr 1979 unterhalb des Aschaffenburger Schlosses auf die 15-Jährige eingeschlagen wurde, nach der Tat DNA-Material gefunden worden war. Eine genetische Spur, die auch 40 Jahre danach noch niemandem zugeordnet werden konnte.

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Am Landgericht Aschaffenburg muss sich ein 57-Jähriger wegen Mordes verantworten, vor der Jugendkammer. Vor 40 Jahren soll er die 15-jährige Christiane J. getötet haben.

Von Olaf Przybilla

Vor einer Woche hatte in diesem Indizien-Prozess, in dem sich ein 57-Jähriger wegen Mordverdachts verantworten muss, ein Profiler ausgesagt. Aufgabe von Profilern ist es, anhand des historischen Aktenmaterials neue Ermittlungsansätze zu finden oder kriminalistische Hypothesen aufzustellen.

Der Profiler erläuterte, dass man sich zunächst mit den in den Akten genannten Personen auseinandergesetzt hatte - in diesem Aschaffenburger "cold case" ist das eine enorme Anzahl: Insgesamt 734 Personen hatten die Ermittler in den Monaten nach der Tat 1979 auf dem Schirm. Mithilfe von Arbeitshypothesen und diversen Indizien dampften die Fallanalytiker diese Menge anschließend auf einen Kreis von 49 Personen ein, die zumindest theoretisch für die Tat am Aschaffenburger Schloss in Frage gekommen wären.

23 davon waren aufgrund einer Tat mit sexuellem Hintergrund in diese Verdächtigen-Liste aufgenommen worden. Der Anwalt des Angeklagten will nun von dem Chefermittler in einer der kommenden Sitzungen wissen, inwieweit die DNA der nun von den Profilern benannten grundsätzlich Verdächtigen mit der DNA auf dem Kantholz abgeglichen worden ist. Sollte dies nicht geschehen sein, will der Anwalt erreichen, dass nachermittelt werden muss - immerhin habe die Staatsanwaltschaft die Pflicht, allen be- und entlastenden Umständen nachzugehen.

Sollte so ein Nachermittlungsauftrag dann tatsächlich ergehen, würde das Urteil in diesem Mordprozess wohl in weite Ferne rücken. Möglicherweise müssten dann zunächst Dutzende DNA-Spuren abgeglichen werden.

Wie schwierig die Tat vom 18. Dezember 1979 zu rekonstruieren sein wird, deutete sich auch am Mittwoch an. Da wurden im Gerichtssaal historische Aussagen verlesen von Zeugen, die entweder nicht mehr auffindbar, inzwischen gestorben oder krankheitsbedingt zur Aussage nicht in der Lage sind.

Eingeführt wurde auch eine Aussage des ehemaligen Parkaufsehers am Aschaffenburger Schloss: Dieser hatte auf seinem Kontrollgang im Schlossgarten zunächst eine Handtasche, ein paar Schritte weiter Frauenkleidung und Schuhe gefunden. Er sei einer Schleifspur gefolgt und habe unten - in der Nähe des Mains - die Leiche gesehen. Daraufhin habe er die Polizei verständigt.

© SZ vom 30.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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