Eigentlich hat die CSU derzeit Anlass zu einer gewissen Gelassenheit. In den Umfragen kommt sie auf 48 Prozent, sie liegt damit deutlich vor den Herausforderern SPD, Grünen und Freien Wählern, die zusammen nur mit 38 Prozent gehandelt werden.
Eigentlich sind auch die Zeiten vorbei, in denen die bayerische Staatspartei direkt und unverbrämt auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk einwirkte. Eigentlich. Aber der vergangene Sonntag war der Tag, an dem man sich in der Parteizentrale offenbar dachte: Versuchen kann man's ja noch mal.
Es war der Tag, an dem die bayerische SPD den Münchner Oberbürgermeister Christian Ude zu ihrem Spitzenkandidaten für die Landtagswahl im September 2013 wählte. Es war das Wochenende, das bis dahin eher der CSU gehört hatte. Alle Medien berichteten groß von ihrem Parteitag am Freitag und Samstag; in der ARD und im ZDF gab es zudem am späten Samstagabend jene jeweils viertelstündigen Sondersendungen, die Usus sind zwischen Sendern und Parteien.
Aber diese Dominanz in den Medien reichte der CSU anscheinend nicht. Ein Monopol wäre besser. Und so rief Parteisprecher Hans Michael Strepp nach übereinstimmenden Schilderungen aus dem Sender am Sonntagnachmittag in der Heute-Redaktion des ZDF den diensthabenden Redakteur an.
Sein Verlangen sei gewesen: Die Sendung um 19 Uhr möge bitte nicht über den Landesparteitag der SPD berichten. Die Tagesschau der ARD tue dies auch nicht. Berichte das ZDF dennoch, werde dies "Diskussionen nach sich ziehen".
Offiziell versucht das ZDF, die Sache herunterzuspielen. "Es gab zwar einen Anruf", sagt Jörg Berendsmeier, der Sprecher des Senders, auf SZ-Anfrage, "aber der blieb wirkungslos." Hinter vorgehaltener Hand jedoch bringen mehrere Gesprächspartner zum Ausdruck, wie baff sie ob des Ansinnens waren.
Von einem "Versuch der politischen Einflussnahme" ist die Rede, und davon, dass so etwas schon lange nicht mehr vorgekommen sei, "nicht einmal im Bundestagswahlkampf 2009". Allerdings hatten CDU und CSU kurz danach im Verwaltungsrat bewirkt, dass Chefredakteur Nikolaus Brender das Haus verlassen musste - angeblich wegen schwacher Quoten der ZDF-Nachrichtensendungen, tatsächlich aber wohl, weil Brender wenig Talent besaß, den Parteien zu Diensten zu sein.
CSU-Sprecher Strepp wollte am Dienstag nicht telefonisch und im Detail auf die Vorwürfe eingehen. In einer Mail nach mehrmaliger SZ-Anfrage schrieb er nur, die Darstellung entspreche "nicht den Tatsachen, und ich widerspreche ihr entschieden".
Wie die Tatsachen nach seiner Darstellung denn seien, sagte Strepp nicht. Stattdessen fügte er einen Brief an, den er dem stellvertretenden ZDF-Chefredakteur Elmar Theveßen geschickt hatte. Darin bestätigte Strepp zwar sein Telefonat mit dem diensthabenden Redakteur, bestritt aber den Versuch der Einflussnahme: "Die Berichterstattung des ZDF ist bekanntermaßen von einer Unabhängigkeit geprägt, bei der sich bereits jeder Gedanke an eine Beeinflussbarkeit verbietet."
Hat ja auch nicht geklappt. Die Heute-Nachrichten und das Heute-Journal berichteten in Filmbeiträgen vom SPD-Parteitag. Und die ARD-Tagesschau übrigens auch.