Zukunft der Autonavigation:Wenn möglich, bitte senden

Lesezeit: 4 min

Navigationssystem Garmin Nüvi in München

Navigationsgeräte für die Windschutzscheibe kommen langsam aus der Mode.

(Foto: Robert Haas)

Das Kästchen pappt an der Frontscheibe und sagt uns, wo es langgeht. Doch Navis zum Nachrüsten kommen langsam aus der Mode. Trotzdem sind deren Hersteller wichtig auf dem Weg zum automatisierten Fahren.

Von Varinia Bernau und Helmut Martin-Jung

"Jetzt links abbiegen", "in 20 Metern rechts abbiegen", "in 30 Metern rechts halten" - Anweisungen eines Navigationsgerätes bei 100 Kilometern pro Stunde und im Sekundentakt auf einer Bundesstraße. Die Angaben sind veraltet, also unbrauchbar - aber auch ungewöhnlich. Denn obwohl es nie schadet, sich vorher die Strecke im Überblick anzusehen: Navigationssoftware ist mit den Jahren immer besser geworden. Von A nach B zu kommen, auch wenn man noch nie in B war, das ist schon länger nicht mehr die Herausforderung. Das Ziel ist größer, viel größer, und es heißt: automatisiertes Fahren.

Das heißt aber auch: "So wenig Fehler wie möglich zu machen", sagt Alain de Taeye. Der Belgier ist Vorstandsmitglied beim niederländischen Navigationskonzern Tomtom. Groß geworden ist die Firma mit Navis für die Windschutzscheibe, doch die kommen langsam aus der Mode. Und es gibt neue Konkurrenz. Mächtige Konkurrenz. Neben Nokias Here ist auch der Internetkonzern Google in diesem Segment sehr aktiv. Nokia und Tomtom wollen mit ihrer langjährigen Erfahrung und Daten von hoher Qualität dagegenhalten.

"Automatisiertes Fahren funktioniert nur mit ständigen Updates"

Vor allem eines muss sich ändern, weiß de Taeye: "Die Art und Weise, wie wir Updates verteilt haben, ist veraltet", sagt er, "wir müssen schneller dabei werden, die Änderungen zum Kunden zu bringen." Denn klar ist: "Automatisiertes Fahren funktioniert nur mit ständigen Updates." De Taeye beschäftigt sich schon seit den 1980er-Jahren mit digitalen Karten, die Firma Tele Atlas, deren Chef er ab 1990 war, wurde 2008 von Tomtom gekauft, seitdem sitzt er im Vorstand.

Die Entwicklung der Navigationsgeräte für den Privatgebrauch hat er mit betrieben. Sie zu bauen, war überhaupt erst möglich, nachdem die USA im Jahr 2000 die künstliche Verschlechterung der GPS-Signale beendet hatten. Seit 2004, als das erste Tomtom-Navi für die Windschutzschutzscheibe herauskam, also erst vor zehn Jahren, hat die Firma 75 Millionen Geräte verkauft. Die Zeit des rasanten Wachstums ist zwar vorbei, aber im Durchschnitt werden täglich immer noch 23 000 der kleinen Kästchen mit Saugfuß verkauft, das sind knapp 8,4 Millionen pro Jahr.

Wo ist der nächste freie Parkplatz? Und hat die Bahn wieder Verspätung?

Besonders die Deutschen lieben Geräte, die nur eines können, das aber einfach und gut. Im Grunde ist es jedoch egal, welches Gerät letztendlich mit den Daten arbeitet - das Schwierige an dem Geschäft ist, digitale Karten zu erstellen und sie mit aktuellen Verkehrsinformationen anzufüttern. Das ist auch der Grund, warum es nur noch wenige Firmen gibt, die es sich leisten können, Straßen zu kartieren und Verkehrsströme zu verfolgen. Während Tomtom auch Geräte für Endverbraucher anbietet, sehen sich die Konkurrenten in erster Linie als Datenlieferanten.

Auch bei Here, dem Kartendienst von Nokia, will man Autohersteller bei der Entwicklung des automatisierten Fahrens unterstützen. Dieser Traum kann aber nur Wirklichkeit werden, wenn es gelingt, den Straßenverkehr mit all seinen Hürden und Hindernissen präzise vorherzusagen. Es geht auch darum, in Echtzeit aufs Smartphone zu spielen, wann ein Zug Verspätung hat und es sich lohnen könnte, auf einen Mietwagen umzusteigen. Es geht darum, dem Pendler rechtzeitig zu signalisieren, wo der nächste freie Parkplatz zu finden ist. Und es geht darum, den Spritverbrauch einer Lkw-Flotte zu senken, etwa indem das Navi auch auf Steigungen und Tempolimits hinweist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema