Autos der Extraklasse:Zeigen, was man hat und wer man sein will

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Wolfgang Dürheimer, Markenvorstand von Bentley und Bugatti, mit dem Bentley Mulsanne Speed (vorne), Bentley Flying Spur und Bentley GTC Speed. (Foto: Andrew Winning/Reuters)

Eigener Chauffeur, extra einfliegende Mechaniker und Kaufpreise bis zu zehn Millionen Euro pro Auto: Womit man heutzutage auf der Straße auffallen kann.

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Was genau ist Luxus in Bezug auf das Automobil? Wie sichtbar darf er sein, der Maßstab für Image und Prestige? Welche Premium-Eigenschaften zahlen auch in die Marke ein? Wie steht es mit der sozialen Akzeptanz? Sind traditionelle Wert wie Größe, Komfort, Ausstattung und Leistung überhaupt noch relevant? Viele Fragen, viele Antworten, viel Stoff für Diskussionen. Setzt moderner Luxus bei der Bewertung der Gegenpole Besitzen und Benutzen neue Akzente?

Ja und nein. Besitzen personifiziert die Trophäen-Denke, die Sammel-Leidenschaft, die Lust an der Selbstdarstellung, die Freude am Fahren in seiner exklusivsten Form. Benutzen bedeutet Verfügbarkeit auf allerhöchstem Niveau. Also Autos "on demand" - jederzeit in den passenden Wagen für die Jahreszeit und den jeweiligen Anlass einsteigen zu können. Das Cabriolet für den Strandausflug und die schwarze Limousine für den Opernball. Zum Beispiel in Form einer Concierge-Funktion, einer auf elitäre Bedürfnisse zugeschnittenen App, dem automobilen Rundumservice bis in die entferntesten Winkel des Globus. Luxus ist, selbst Wünsche erfüllen zu können, die noch eine vage Ahnung sind.

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Rolls-Royce hat diesen Elite-Service schon früh perfektioniert. Wir erinnern uns an die Flying Doctors, die wertvolle Stücke nach einem Nachtflug am Ort reparierten. Dazu passend betreibt die Marke in Goodwood eine spezielle Schulung für Cheffahrer, die kaum eine Marotte der oft heiklen Kundschaft unberücksichtigt lässt. Nicht außergewöhnlich genug? Bugatti-Kunden werden auf Wunsch von einem Mechaniker begleitet, der mit der Herrschaft von einem Concours d'Elegance zum nächsten jettet.

Die Firma weiß auch, wo sich jedes verkaufte Auto aktuell befindet, wie oft und wie schnell es gefahren wurde und was dabei möglicherweise kaputtgegangen ist. Das klingt nach Big Brother, ist aber nur ein weiterer Beweis dafür, dass Geld auch in der Welt des ultimativen Luxus durch nichts zu toppen ist - außer durch noch mehr Geld. Es gibt Bugatti-Eigner, auf die in jedem Anwesen ein absolut identischer Chiron wartet (Stückpreis 2,3 Millionen Euro). Doch es geht noch extremer. Zum Beispiel in Form von Einzelanfertigungen wie dem Voiture Noire (knapp elf Millionen Euro teuer), dessen Komplettierung der Auftraggeber Ferdinand Piëch nicht mehr erleben durfte. Oder eine aus dem Nichts hochgezogene Sportwagenfirma wie die Scuderia Glickenhaus, deren Namensgeber sich an seiner Ferrari-Kollektion satt gefahren hatte und eine neue Herausforderung suchte.

Welchen Rolls-Royce hätten Sie denn gern? Hier die aktuelle Modellpalette - wer sich nicht entscheiden kann, nimmt sie einfach alle. (Foto: Rolls-Royce)

Weil Luxus sich erst im Auge des Betrachters als solcher manifestiert, ist der materielle Wert oft sekundär. Ein profaner Golf, im Werk in einer ganz besonderen RAL-Farbe lackiert und mit Sonderleder bezogen, fällt nicht nur im Golf-Rudel auf wie ein bunter Hund. Aber ist auffallen nicht kontraproduktiv? Oldtimer können grotesk überzeichnet sein und trotzdem mehr Likes als Lady Gaga sammeln. Ein violetter Porsche turbo ruft dagegen unweigerlich die Geschmackspolizei auf den Plan.

Wo genau verläuft die Grenze zwischen stilvoll und prollig? Die Frage stellt sich nicht nur bei Halbwelt-Größen, sondern auch bei Fußball-Stars immer wieder. Neben den obligatorischen Dienstwagen der Sponsoren fahren die Kicker gerne besonders sportlich. Arsenal-Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang beispielsweise bewegt alles, was auffällt: Ferrari LaFerrari, Lamborghini Huracán Performante Spyder, Lambo Urus oder Aventador Roadster - wahlweise in Chromgold oder Regenbogenfarben. Man muss schon ein großer Fan sein, um die Selbstinszenierung auf Instagram zu goutieren.

Andererseits kann bereits ein dunkler Rolls-Royce-SUV mit dem schmucken Namen Cullinan auf manche wie ein aufgebrezeltes London Black Cab für dekadente Sehr-viel-besser-Verdiener wirken. Ein Bespoke Dawn Cabrio in uni-hellblau mit dunkelblauem Leder und Verdeck ist dagegen einfach nur schön. Beim Einparken sieht man in viele anerkennende Gesichter. Rolls-Royce hat spät reagiert und erst beim neuen Cloud umgeschaltet von ostentativ auf schlicht, aber erlesen als aktualisiertes Synonym für Luxus pur.

Luxus kann man sehen, riechen, fühlen, erleben, und das im Wandel der Zeit. Denn Leder mit Patina, ein ausgebleichtes Cabrio-Dach aus Stoff und Echtholz aus den Siebzigerjahren duften ganz anders als der tagesaktuelle Cocktail aus Trockensumpfschmierung, heißem Carbon und klebrig gefahrenen Breitreifen. Luxus ist im Idealfall weder Gleiten noch Hetzen, sondern von beidem etwas: der Phantom ist wahlweise abgedunkeltes Separee mit privatem Stellplatz im Nobelviertel der Stadt oder extrovertierter Kontoauszug mit ausreichend Nullen; ein Bugatti kann im Glaslift von der Garage ins Wohnzimmer des Eigners befördert werden oder auf dem Salzsee eines befreundeten Milliardärs mal eben die 450 km/h-Marke knacken.

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