In Deutschland gibt es aktuell 45 Wasserstoff-Tankstellen, die rund um die Uhr dienstbereit sind. 2018 sollen 18 weitere dazukommen. Wenn man die halb-öffentlichen Zapfsäulen - zum Beispiel bei Versorgern wie Linde - dazuzählt, sind es etwa 80. Das reicht bei entsprechender Routenwahl, um nicht mitten in der Republik liegen zu bleiben, aber es reicht noch nicht für eine flächendeckende Versorgung.
Warum also eine neue Null-Emissions-Baustelle aufmachen, wenn schon die Ladeinfrastruktur für E-Autos den Ambitionen von Politik und Industrie hinterherhinkt? "Ganz einfach," antwortet Suo Hoon Kim, der bei Hyundai die Brennstoffzellenentwicklung betreut: "Weil wir allein mit regenerativ erzeugtem Wasserstoff den CO₂-Ausstoß halbieren können."
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Der erste, 2013 vorgestellte Wasserstoff-Stromer von Hyundai war ein Derivat des ix35, von dem in Handarbeit keine 700 Stück entstanden. "In Deutschland kennen wir jeden Kunden persönlich," heißt es bei Hyundai. Das dürfte sich bald ändern, denn beim Nexo spricht Kim von ein paar tausend Exemplaren pro Jahr. Speziell für dieses und ein weiteres Modell wurde eine neue, nach unten und oben skalierbare Architektur entwickelt, deren Bodengruppe samt Hinterwagen als extrem steifes Aufnahmebecken für zwei bis fünf Karbontanks ausgelegt ist. Im Nexo sind drei in Reihe geschaltete H₂-Speicher mit einem Fassungsvermögen von 6,3 Kilo verbaut. Nach dem neuen WLTP-Zyklus beträgt die Reichweite rund 600 Kilometer.
Die Suche nach einer Zapfsäule mag langwierig sein, doch der Ladevorgang an sich ist nach spätestens fünf Minuten beendet. Randvoll bekommt man die Tanks aber nur mit 700 bar Druck - ältere Zapfstellen, die noch auf 350 bar ausgelegt sind, halbieren die Füllung und damit die Reichweite. Mit etwa 60 Cent pro 100 Kilometer sind die Kraftstoffkosten erfreulich niedrig - zumindest in der Heimat Korea, wo Wasserstoff kräftig subventioniert wird. Auch der Kaufpreis ist keine unüberbrückbare Hürde. Der deutsche Importeur rechnet mit 60 000 Euro, davon gehen noch 4000 Euro an Förderprämie ab, die sich Staat und Hersteller teilen. Um potenziellen Kunden die Angst vor der wenig erprobten Technologie zu nehmen, hat der Hersteller die Garantie auf zehn Jahre oder 100 000 Kilometer verdoppelt.
Geräumig wie eine Limousine der oberen Mittelklasse
"Ganz ehrlich - vor ein paar Jahren hätte ich mich nicht getraut, Brennstoffzellen-Fahrzeuge in großen Stückzahlen zu fertigen", sagt Kim. "Wir hatten einfach noch zu wenig Erfahrung mit der Dichtheit und Alterung der Membran, der Lebensdauer des Filters, dem Startverhalten bei niedrigen Temperaturen und der Crash-Sicherheit. Inzwischen ist das System jedoch für mindestens 5000 Betriebsstunden gut, die seltenen Erden werden fast komplett recycelt, der Wirkungsgrad liegt über 60 Prozent, die Zelle fährt selbst bei minus 30 Grad in zehn Sekunden hoch, und im Falle eines Unfalls dauert es keine vier Sekunden, bis die Spannung von 440 auf für Ersthelfer unkritische 40 Volt absinkt."
Der Nexo ist mehr Crossover als SUV. Der Fünfsitzer sieht schlanker aus, als es seine 1,8 Tonnen Leergewicht vermuten lassen. Er kann 839 Liter Gepäck mitschleppen, ist geräumig wie eine Limousine der oberen Mittelklasse und lockt mit einer überkompletten Verwöhn-Ausstattung. Das Cockpit mixt die neue bunte Digitalwelt mit einem von 36 Drucktasten übersäten analogen Bedienblock in der Mittelkonsole, der von weiteren Knöpfen, Hebeln und Drehreglern flankiert wird. Modernes Infotainment sieht anders aus.
Über Paddel hinter dem Multifunktionslenkrad lässt sich die Energierückgewinnung in drei Stufen verstellen. In den beiden großen Displays kann man dem Kraftfluss bei der Arbeit zusehen, die Wirkung des Eco-Programms an der Restreichweite-Anzeige ablesen oder streamen, surfen und touchen. Ein klarer Zugewinn sind die Totwinkelkameras, die ihre Bilder während des Spurwechsels in den Hauptmonitor einspiegeln.
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Der Nexo hat sich ganz dem Prinzip der Entschleunigung verschrieben. Mit 120 kW und 395 Nm ist der E-Motor weder besonders leistungsstark noch überdurchschnittlich durchzugskräftig. Nur wenn es wirklich sein muss, summt und brummt der Wagen in 9,7 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h und erreicht - gefühlt erst Minuten später - seine Höchstgeschwindigkeit von 179 km/h. Schaltrucke sind dem Wagen ebenso fremd wie mangelnde Laufruhe. Weil es circa eine Sekunde dauern würde, bis die im Standby-Modus träge Zelle nach einem Kickdownbefehl voll auf Zack ist, kompensiert ein E-Booster geräuschlos jede Beschleunigungsdelle.
Auf Knopfdruck teilautomatisiert unterwegs
Die Lenkung arbeitet direkt, vermittelt aber nur ein Mindestmaß an Fahrbahnkontakt und verhärtet überdies beim schnellen Spurwechsel, der ein leichtes Aufschaukeln der Karosserie zur Folge haben kann. Die Bremse verzögert zuverlässig, auf die meisten Querfugen reagiert der Hyundai kurz angebunden.
Erste Prototypen fahren bereits vollautonom gemäß Level 4, sollen aber erst 2021 in Serie gehen. Schon der aktuelle Nexo ist auf Knopfdruck teilautomatisiert unterwegs, doch das überzeugt nur bedingt. Denn zum einen muss die Hand spätestens nach zehn Sekunden zurück ans Lenkrad oder das System schaltet sich ab, und zum anderen erfolgen Lenkeingriffe so spät und ruckartig, dass nachfolgende Autofahrer den vermeintlichen Sekundenschläfer per Lichthupe wachrütteln wollen. Überzeugt hat dagegen der auf engstem Raum einsatzfähige Parkautomat.
Für Kim sind diese Assistenzsysteme freilich nur Beiwerk eines Antriebskonzepts, das im Windschatten der Elektromobilität seinen Weg machen werde. Wasserstoff lasse sich wunderbar speichern und mache im Prinzip aus einem Brennstoffzellen-Auto bei Bedarf in ein kleines Teilzeit-Kraftwerk, schwärmt er. "Der Einbauraum der Zelle entspricht nahezu exakt dem Verbrenner."