Elektroauto Tango T600:Feuriger Asphalt-Tanz

Lesezeit: 3 Min.

Das Elektroauto Tango sieht aus wie ein Krankenfahrstuhl, doch der sündhaft teure Winzling leistet Unglaubliches - wenn man ihn sich leisten mag.

Sebastian Viehmann

Man stelle sich folgendes Bild vor: Ein Leichtathlet steht auf dem Startblock zum 100-Meter-Lauf, neben ihm eine alte Dame mit ihrem Rollator. Der Startschuss fällt, der Athlet sprintet davon - doch wie vom Blitz getroffen rast die alte Dame an ihm vorbei und gewinnt das Rennen.

Tango T600: Das Wägelchen ist so schmal, dass zwei Tangos nebeneinander auf einer Fahrspur unterkommen. Auf den ständig verstopften Freeways der amerikanischen Metropolen ist man mit dem Tango so beweglich wie mit einem Motorrad. (Foto: Foto: Pressinform)

So ungefähr ergeht es Sportwagenfahrern, wenn sie vom Tango T600 überholt werden. Auf den ersten Blick sieht das nur 99 Zentimeter breite, 2,5 Meter lange und 1,5 Meter hohe Vehikel von Commuter Cars aus Washington nämlich aus wie ein modernes Golfwägelchen. Es würde sich perfekt in die vielen elektrischen "Neighbourhood Vehicles" einreihen, mit denen in den USA manche Leute in gemütlichem Tempo zum Einkaufen zuckeln.

Doch der Tango hat es faustdick hinter den Reifen. Das Fahrzeug mit der Karosserie aus Karbonfaser und Kevlar und dem massiven Überrollkäfig aus Stahl wird von 600 Kilowatt starken Elektromotoren angetrieben. Das entspricht mehr als 800 PS. Der Tango beschleunigt mühelos in weniger als vier Sekunden auf 0 auf 100 km/h.

"Er könnte noch schneller sein, doch dann gäbe es einfach Traktionsprobleme", sagt Rick Woodbury, Chef von Commuter Cars. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 135 Meilen pro Stunde, umgerechnet 217 km/h. Es seien auch schon Tests mit 270 km/h absolviert worden, berichtet Rick Woodbury stolz. Der zurückhaltende Mann mit dem schütteren grauen Haar freut sich darüber, dass sein Tango ein echter "Street Sleeper" ist - ein Fahrzeug also, dem man sein enormes Potenzial von außen nicht ansieht.

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:Feuriger Asphalt-Tanz

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Pilot und Passagier sitzen im Tango wie in einem Segelflugzeug hintereinander. Der Einstieg in den Elektro-Winzling ist etwas beschwerlich. Die Tür schwingt zwar weit auf, doch bevor man hinter das lederne Momo-Lenkrad gleitet, muss man zuerst den Sitz weit nach vorn schieben, damit der Mitfahrer auch hinein kommt.

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Man schnallt den Vierpunkt-Gurt um, dreht den Startschlüssel herum und schaltet einen kleinen Knopf am Lenkrad auf Vorwärts-Position. Die lautlosen E-Motoren an den Hinterrädern lassen einen vergessen, dass mehr als 1000 Newtonmeter Drehmoment parat stehen.

Für die kurze Testfahrt im Rahmen der Detroit Motor Show hat Rick Woodbury die Kraft des Fahrzeugs zwar elektronisch etwas nach unten geschraubt, doch der Anzug des T600 ist immer noch beachtlich. Gas und Bremse aber sind ungewohnt schwergängig, und der Tango überrascht mit einem großen Wendekreis.

Das Vehikel fährt sich etwa so wie ein Autoscooter auf der Kirmes - mit einem Tempo allerdings, wie man sich das als Kind auf dem Rummel immer gewünscht hätte. Die Angst, das hochbeinige Gefährt würde in schnellen Kurven sofort kippen, ist unbegründet: Der Zwergen-Stromer bringt mit seinem Leergewicht von 1,5 Tonnen mehr auf die Waage als ein Golf.

"Der größte Teil des Gewichtes ist natürlich im Unterboden angesiedelt. Die Batterien und zusätzlicher Ballast sorgen für den niedrigen Schwerpunkt", sagt Rick Woodbury. Der Tango erreiche die gleichen Querbeschleunigungen wie ein Porsche 911.

Doch weshalb diese Kombination aus Underdog-Optik und Mega-Leistung? Firmenchef Woodbury hat eine einfach Erklärung: "Der Tango ist teuer, sehr teuer. Also muss er auch sehr, sehr schnell sein." Wer einen T600 haben möchte, muss mindestens 120.000 Dollar berappen.

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Der Ami-Renner mag damit zwar der schnellste und teuerste Stadtflitzer der Welt sein, doch der Alltagsnutzen im urbanen Dschungel bleibt ihm durchaus erhalten. Das Wägelchen ist so schmal, dass zwei Tangos nebeneinander auf einer Fahrspur unterkommen. Auf den ständig verstopften Freeways der amerikanischen Metropolen ist man mit dem Tango so beweglich wie mit einem Motorrad und kann jede noch so kleine Lücke ausnutzen.

Mit voller Batterieladung kommt der T600 laut Herstellerangaben knapp 100 Kilometer weit. An Bord sind serienmäßig Bleibatterien, Lithium-Ionen-Akkus gibt es gegen Aufpreis. Mit den moderneren Kraftspeichern soll die Reichweite auf rund 250 Kilometer steigen. An einer normalen Haushaltssteckdose dauert der Ladezyklus mehrere Stunden, mit einem externen 200-Ampere-Ladegerät sollen die Akkus schon nach zehn Minuten Ladezeit 80 Prozent ihrer Kapazität erreichen. Für höhere Reichweiten haben sich die Amerikaner etwas Besonderes ausgedacht: Da der T600 optional über eine Anhängerkupplung verfügt, kann man einen externen Stromgenerator ankoppeln, der die Batterien während der Fahrt auflädt.

Schon allein der Preis wird dafür sorgen, dass der T600 ein seltener Vertreter auf den Straßen bleibt. "Bislang haben wir elf Fahrzeuge verkauft. Im Jahr 2010 dürften es zehn bis 20 werden", sagt Rick Woodbury. Die Fahrzeuge werden nur auf Bestellung in der Manufaktur in Spokane im US-Bundesstaat Washington gebaut. Die Amerikaner setzen darauf, dass sich ihr Fahrzeug zum Lifestyle-Kultobjekt für die Reichen und Schönen entwickelt: Immerhin haben sie schon Tangos an den Frauenschwarm George Clooney sowie den Google-Gründer Sergey Brin verkauft.

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