Alternative Antriebe auf dem Pariser Autosalon:Autobauer verdrängen die Tüftler

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Marketingdeutsch statt Erfindergeist: Die alternativen Antriebe werden ausgebremst. Nicht mehr kreative Start-Ups geben die Richtung auf den Auto-Messen vor, sondern die etablierten Autohersteller - und die treiben die Entwicklung nicht entscheidend voran.

Wolfgang Gomoll

Pariser Autosalon 2012
:Neue Modelle auf dem Auto-Laufsteg

Studien und Serienmodelle, Sondereditionen und Strom-Sportwagen: Von Alfa Romeo bis Volvo zeigen die Autohersteller seit heute in Paris ihre kommenden Modelle. Bezahlbare Elektrofahrzeuge sucht man bei den großen Autobauern allerdings vergeblich.

Der Pavillon 2.1 auf dem Pariser Autosalon ist für alternative Antriebe reserviert. Doch beim Betreten der Halle folgt die Ernüchterung. In dem Areal herrscht Stille. Ein paar Ingenieurs-Studenten in mehr oder weniger gut sitzenden Anzügen stehen um ihre Elektroautos herum um und diskutieren. Wo früher noch LED-Shows liefen und Musik dröhnte, werden jetzt Matchbox-Autos präsentiert. Immerhin, es gibt eine E-GoKartbahn. Allerdings ist auf der kein Fahrzeug zu sehen.

Mercedes SLS E-Cell: Erste Ausfahrt
:Rasen mit S-Bahn-Sound

Der Smart Elektro war nur der Anfang. 2013 bringt Mercedes seinen Supersportwagen SLS als E-Cell in einer Kleinserie - mit rund 200 Kilometern Reichweite und S-Bahn-Sound.

In Bildern.

In Halle 1 hingegen drängen sich die Menschen um den Mercedes-Stand. Konzernchef Dieter Zetsche präsentiert die neuesten Errungenschaften mit routiniertem Enthusiasmus. Blitzlichtgewitter, als ein Mercedes SLS AMG Coupé Electric Drive auf die Bühne rollt. Der Elektro-Rennwagen aus Stuttgart-Untertürkheim beeindruckt mit 552 Kilowatt (750 PS) und einem Drehmoment von 1000 Newtonmetern. Das ist in der Tat spektakulär. Allerdings werden bei einem Preis von 416.000 Euro nur wenige Privilegierte dieses Fahrzeug kaufen können. Daimler spricht von einer neuen Zeitrechnung, von einem "elektrisierenden Automobil". Aber für wen?

Es herrscht PR-Routine

Statt Erfindergeist und Aufbruchsstimmung haben Marketingdeutsch und industrielle PR-Routine die alternativen Antriebe vereinnahmt. Der E-Hype ist abgekühlt, die großen Autobauer haben sich des Themas angenommen. Doch die zeigen keinen Willen, den Verbrennungsmotor schnell hinter sich zu lassen. Stattdessen wollen sie Hybridlösungen manifestieren.

Toyota erwartet keine großen Absätze mehr vom rein elektrischen EQ und forciert den Plug-in-Hybrid. Ein Hybrid-Antrieb mit einem neuen 2,5-Liter-Benzin-Motor soll bald Premiere feiern. Bei 200 PS soll der Antriebstrang nur 100 g CO2 pro Kilometer emittieren. Der neue IS und die nächste Generation GS werden wohl die ersten Modelle mit dem neuen Hybrid-Antrieb sein.

Brennstoffzelle
:Das Bordkraftwerk muss warten

Der Rummel um Elektroautos stellt den Brennstoffzellen-Antrieb derzeit ziemlich in den Schatten. Zumindest in Europa. Doch in den Entwicklungsabteilungen verschiedener Hersteller ist man sicher, dass das kleine Bordkraftwerk der bessere Antrieb ist. Mittels schmucker Testfahrzeuge wollen einige Konzerne derzeit vor allem die politischen Entscheider überzeugen.

Auch VW-Chef-Martin Winterkorn gibt dem Plug-in-Hybrid die größten Marktchancen und kündigt eine solche Version des neuen Golfs an. Fiat besinnt sich auf seine Erdgas-Kompetenz und stattet den neuen Panda damit aus, ebenso wie Mercedes-Benz die neue B-Klasse und Honda verbaut in seinen Sportwagen CR-Z einen stärkeren Hybrid-Antrieb, der jetzt 137 PS hat.

Auch an die Brennstoffzellen-Technologie wird weiterentwickelt. Hyundai kündigt an, noch 2012 mit der Produktion des Brennstoffzellen-Mobils IX35 FCEV zu beginnen. Auch Toyota sieht in dieser Variante nach wie vor die Zukunft und will 2014 ein serienreifes Brennstoffzellen-Auto auf den Markt bringen. Das sind Pläne, von denen die engagierten Tüftler im Pavillion 2.1 im Moment nur träumen können. Der Weg zur E-Mobilität ist noch lang.

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