Atomkatastrophe in Japan: Evakuierungszone:Verstrahlte Heimat

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Vielleicht können die Evakuierten nie wieder nach Hause: Die Sperrzone um das AKW Fukushima bleibt womöglich unbewohnbar. Für Umsiedlung oder Produktionsausfälle in der Landwirtschaft will die Regierung Tepco zahlen lassen.

Paul-Anton Krüger

Die Anwohner der Sperrzone im Umkreis von 20 Kilometern um das havarierte Atomkraftwerk Fukushima-1 können möglicherweise nie wieder in ihre Häuser zurückkehren. Der Sprecher des japanischen Kabinetts, Yukio Edano, sagte am Freitag in Tokio, die Evakuierung des Sperrgebiets sei langfristig angelegt. Er hatte dies schon früher angedeutet, als er ankündigte, die Regierung werde sich bemühen, den Bewohnern zu einem geeigneten Zeitpunkt zeitweilig Zugang zu ihren Häusern zu gewähren.

Zugleich machte die Regierung deutlich, dass die Betreiberfirma Tepco gemäß der Gesetze für alle Folgeschäden der Reaktorkatastrophe haften soll, also sowohl für Produktionsausfälle etwa in der Landwirtschaft als auch für die Umsiedlung der Anwohner Entschädigungen zahlen muss. Edano lehnte es ab, ein Gesetz anzuwenden, das es erlaubt, die Haftung für Schäden infolge von Naturkatastrophen zu begrenzen.

Edano bestätigte aber, dass die Regierung erwägt, sich an der wirtschaftlich schwer angeschlagenen Betreiberfirma zu beteiligen. Das sei "eine der Optionen" sagte er. Eine Verstaatlichung lehnt die Regierung aber ab. Tepco hat sich bei Banken bislang umgerechnet 16,7 Milliarden Euro geliehen, um Schäden an seinen Kraftwerken zu beheben, Firmenchef Tsunehisa Katsumata hat aber eingeräumt, dass dies bei weitem nicht reichen wird, um die Folgen der Katastrophe zu bezahlen.

Die japanische Atomaufsicht Nisa beschuldigte zwar den Betreiber Tepco, bei Proben aus dem Grundwasser unter Block 1 erneut falsch gemessen zu haben. Die Angabe, dass das Wasser stark verseucht ist, stimmt laut der Behörde jedoch. Auch steht in den Blöcken 1 bis 3 in Wartungsschächten, die das Reaktorgebäude und die Turbinenhalle verbinden, weiter stark verstrahltes Wasser.

Die hohe radioaktive Belastung sowie die Zusammensetzung der radioaktiven Zerfallsprodukte deuten darauf hin, dass das Wasser mit beschädigten Brennstäben in Kontakt gewesen ist. Es könnte demnach entweder direkt aus dem Reaktordruckgefäß stammen und über den Sicherheitsbehälter nach außen gelangt sein oder durch defekte Leitungen und Ventile ausgetreten sein. Es könnte aber auch aus den Abklingbecken stammen, in denen verbrauchte Brennstäbe lagern. Sie hatten sich überhitzt und waren mit Feuerwehr-Spritzen und Betonpumpen von außen gekühlt worden.

Das Problem liegt darin, dass Aggregate, die zur Kühlung der Reaktoren gebraucht werden, in den unteren Etagen der Turbinenhalle liegen und offenbar derzeit überflutet sind. Daher muss das verstrahlte Wasser erst abgepumpt und die Bereiche dekontaminiert werden, bevor die Kühlsysteme wieder in Gang gesetzt werden können. Derzeit werden die drei havarierten Reaktorblöcke behelfsmäßig mit externen Pumpen gekühlt. Die japanische Regierung räumte ein, dass es Monate dauern könnte, bis die Reaktoren einen stabilen Zustand erreicht haben, in dem eine Kernschmelze ausgeschlossen werden kann und auch nicht mehr die Gefahr besteht, dass noch weitaus größere Mengen Radioaktivität in die Umwelt gelangen.

© SZ vom 02.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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