Wirtschaft kompakt:Von der Leyen: In 15 Jahren fehlen Millionen Arbeitskräfte

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Arbeitsministerin von der Leyen will den Zuzug von Fachkräften fördern - trotz Widerstands in der Koalition. Sonst würden in 15 Jahren fünf Millionen Arbeitskräfte fehlen.

In Deutschland werden nach den Worten von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ohne qualifizierte Zuwanderung in 15 Jahren fünf Millionen Arbeitskräfte fehlen. Sie werde daher den Zuzug gut ausgebildeter Fachkräfte weiter fördern, sagte sie am Wochenende. Aus der Wirtschaft kam erneut Kritik am Beschluss des Koalitionsausschusses, das Thema erst im Mai 2011 wieder anzugehen. Von der Leyen sagte der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Als zuständige Arbeitsministerin werde ich nicht tatenlos zusehen, wenn in einzelnen Berufen der Mangel an Fachkräften so groß wird, dass weitere Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen." Es sei nicht möglich, die Lücke nur mit Anstrengungen im Inland zu schließen. Es gehe darum, Arbeitslose in Jobs zu bringen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie die Arbeitsmöglichkeiten für Ältere zu verbessern, sagte von der Leyen. "Trotzdem werden wir auf qualifizierte Zuwanderung nicht verzichten können, ob wir wollen oder nicht", betonte die Ministerin.

Ursula von der Leyen: "Als zuständige Arbeitsministerin werde ich nicht tatenlos zusehen, wenn in einzelnen Berufen der Mangel an Fachkräften so groß wird, dass weitere Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen." (Foto: dapd)

Am Donnerstag hatte der Koalitionsausschuss nach Widerstand aus der Unionsfraktion und der CSU das Thema Zuwanderung auf Mai vertagt. Nach Angaben von der Leyens erstellt ihr Ministerium mit der Bundesagentur für Arbeit einen Job-Monitor, der zuverlässig voraussagen könne, in welcher Branche und welcher Region absehbar Fachkräfte knapp würden. Außerdem erarbeite ihr Haus eine Positivliste mit Berufen, in denen der Mangel heute schon eklatant und definitiv nicht mehr mit inländischen Kräften zu bewältigen ist. Das gelte zum Beispiel für Ärzte, aber auch für Elektro-, Maschinen- und Fahrzeugbauingenieure.

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, Hans-Peter Friedrich, kritisierte am Samstag in Berlin, von der Leyen blende aus, "dass der europäische Arbeitsmarkt mittlerweile mehrere hundert Millionen Arbeitskräfte umfasst - von Sevilla bis Stockholm". Ab Mai 2011 kämen noch einmal 30 Millionen Osteuropäer dazu. "Es wäre wichtig und schön, wenn das Arbeitsministerium diesen europäischen Aspekt des Arbeitsmarktes berücksichtigen würde", so Friedrich. Führende Wirtschaftsvertreter reagierten enttäuscht auf den Koalitionsbeschluss zu Zuwanderung und Fachkräftemangel. "Das Thema zu verschieben ist kein gutes Signal. Ich hätte mir von der Koalition mehr Mut zur Entscheidung und ein klares Zeichen für eine Willkommenskultur gewünscht", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Hans Heinrich Driftmann, der Rheinischen Post vom Samstag. "Ich fordere die Koalition auf, umgehend die Zuwanderung von Fachkräften zu erleichtern", sagte auch Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt der Zeitung. FDP-Generalsekretär Christian Lindner sagte der Passauer Neuen Presse vom Samstag mit Blick auf den demografischen Wandel: "Wir brauchen als Reaktion künftig die gesteuerte Zuwanderung von Fachkräften, um unseren Wohlstand und unser wirtschaftliches Potenzial weiter sichern zu können. Bildung im Inland wird nicht reichen." Allerdings müsse die Union intern erst noch eine einheitliche Linie finden. "Vor allem die CSU erweckt den Eindruck, man könnte viele Langzeitarbeitslose zu Spitzeningenieuren qualifizieren. Das ist eine Lebenslüge", sagte Lindner.

Der Sportartikelkonzern adidas will sein Personal im kommenden Jahr deutlich aufstocken. "Wir gehen davon aus, dass sich die Mitarbeiterzahl weltweit um circa vier bis sechs Prozent erhöhen wird", sagte eine Unternehmenssprecherin der Zeitung Euro am Sonntag. Gemessen an der jüngsten Beschäftigtenzahl von 42.659 Mitarbeitern zum 30. September entspräche dies rund 1.700 bis 2.560 neuen Stellen. Man benötige zusätzliche Mitarbeiter, um die geplante Expansion zu bewältigen, hieß es. Alleine in der Zentrale in Herzogenaurach wolle man 100 neue Stellen quer über alle Funktionen schaffen, vom Einkauf über Finanzen, IT, Personal bis zum Marketing, sagte die Sprecherin. Zudem brauche man Personal für den geplanten Ausbau des eigenen Filialnetzes. Adidas hat sich für die kommenden Jahre ehrgeizige Wachstumsziele gesetzt. Bis 2015 will Vorstandschef Herbert Hainer den Umsatz um die Hälfte auf 17 Milliarden Euro steigern und an Weltmarktführer Nike vorbeiziehen. Um den Absatz anzukurbeln, will der Konzern auch sein Ladennetz zügig ausbauen. Vor allem in Schwellenländern, in denen es bislang nur wenige Sporthändler gibt, sieht der zweitgrößte Sportartikel-Anbieter der Welt großes Potenzial. Derzeit betreibt der Konzern weltweit rund 2.260 eigene Läden. Alleine in China sollen in kommenden fünf Jahren insgesamt 2.500 neue Länden hinzukommen, kündigte Hainer vor wenigen Tagen an. Zudem will adidas sein Filialnetz in Märkten wie Russland oder Brasilien enger knüpfen.

In China schnellt die Inflation HOCH: Mit 5,1 Prozent erreichte die Teuerungsrate in den zwölf Monaten bis November ein Tempo wie seit mehr als zwei Jahren nicht mehr. Im Jahr bis Oktober lag sie noch bei 4,4 Prozent. Auch die Industrieproduktion erhöhte sich im November deutlicher als erwartet, wie die Nationale Statistikbehörde am Samstag mitteilte. Demnach legte der Ausstoß um 13,3 Prozent nach 13,1 Prozent im Oktober zu. Volkswirte waren in einer Umfrage von einer leichten Abschwächung auf 13,0 Prozent ausgegangen. Die Inflation prognostizierten sie mit 4,7 Prozent. Die Regierung der Volksrepublik hat in den vergangenen Wochen wiederholt versucht, die heiß laufende Wirtschaft vorsichtig abzukühlen. Bis zum Jahresende wird nun eine weitere Zinserhöhung erwartet, um den Preisauftrieb zu dämpfen. Den Zahlen zufolge verteuerten sich Lebensmittel allein im November um 2,0 Prozent. Die Führung in Peking hat Preiskontrollen angekündigt, um diese Entwicklung zu stoppen.

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