Wirtschaft kompakt:Gläubiger warten auf 43 Milliarden Euro

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Die Zahl der Insolvenzen ist drastisch gestiegen, die Höhe der offenen Forderungen explodiert. Außerdem: Die EU macht der Bahn Gewinne streitig und Verivox hat einen neuen Investor.

Deutlich mehr Insolvenzen

Verwaiste Gaststätte in Unna: Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland ist deutlich gestiegen. (Foto: Symbolfoto: dpa)

Die Zahl der Insolvenzen in Deutschland ist im September kräftig gestiegen. Im Vergleich zum Vorjahr mussten 2900 Unternehmen Insolvenz anmelden - 17,4 Prozent mehr als im September 2008.

Die Verbraucherinsolvenzen lagen um 7,4 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Insgesamt wurden, zusammen mit den Insolvenzen von anderen privaten Schuldnern und Nachlässen, etwas mehr als 14.400 Insolvenzen registriert - zehn Prozent mehr als im September 2008.

Die offenen Forderungen der Gläubiger sind nach Angaben der Gerichte drastisch angestiegen: Von 2,8 Milliarden Euro im Vorjahresmonat auf 42,6 Milliarden Euro im September 2009. Dieser ungewöhnlich starke Anstieg der Forderungen sei auf die Insolvenzen einiger wirtschaftlich bedeutender Unternehmen zurückzuführen, erklärten die Statistiker.

Von Januar bis September 2009 kletterte die Zahl der Insolvenzen von Unternehmen auf knapp 25.000 - 11,2 Prozent mehr als im Vorjahreszeitrum. Bei den Verbrauchern wurden knapp 75.000 Insolvenzen gezählt (1,5 Prozent mehr).

Insgesamt zählten die Gerichte in diesem Zeitraum etwa 121.400 Insolvenzen. Das waren 3,8 Prozent mehr als in den Monaten Januar bis September 2008. Für das Gesamtjahr 2009 rechnen die Statistiker insgesamt mit rund 160.000 Insolvenzen, rund 5.000 mehr als im Vorjahr.

Medienbericht: EU macht Bahn Gewinne streitig

Die EU-Kommission macht der Deutschen Bahn offenbar die hohen Gewinne im Regionalverkehr streitig. Die Financial Times Deutschland zitiert aus einem Papier der Kommission, wonach der Konzern der öffentlichen Hand die "überschüssigen Ausgleichszahlungen" zurückerstatten soll. Dabei gehe es um die Beihilfeprüfung eines Vertrags zwischen der Bahn-Tochter DB Regio und den Ländern Berlin und Brandenburg.

Weder die Kommission noch die Bahn wollten sich dem Bericht zufolge zu dem Verfahren äußern. Aus Kreisen der EU-Behörde sei jedoch zu vernehmen, dass die Gewinne von DB Regio aus jenen Verträgen beschnitten werden sollten, die ohne vorherige Ausschreibung von den Bundesländern vergeben würden. Die EU-Kommission sei nach der Beschwerde eines privaten Bahn-Konkurrenten tätig geworden.

In Berlin-Brandenburg gehe es um einen zehn Jahre laufenden Auftrag mit einem pauschalen Volumen von etwa 2,8 Milliarden Euro. Der Verband der DB-Konkurrenten Mofair schätze, dass Berlin und Brandenburg 300 Millionen Euro zu viel an die Bahn gezahlt haben. Beim zuständigen Verkehrsverbund VBB werde von mindestens 100 Millionen Euro ausgegangen. Die Entscheidung der EU im Beihilfeverfahren werde Anfang 2010 erwartet.

Neuer Investor für Verivox

Das Verbraucherportal Verivox hat einen neuen Investor: Oakley Capital hat 51 Prozent der Anteile des Unternehmens übernommen, teilte Verivox in Heidelberg mit. Die restlichen Anteile halten die beiden Geschäftsführer und Firmengründer Andrew Goodwin und Alexander Preston.

Die private Beteiligungsgesellschaft Oakley Capital hat dabei 49 Prozent der Anteile vom irische Zeitungsverlag Independent News & Media (INM) übernommen, der unter anderem die Zeitungen Independent und Independent on Sunday herausgibt. Der Verlag verkauft seine Anteile, um sich zu konsolidieren und erhielt Medienberichten zufolge 18,3 Millionen Euro. Weitere zwei Prozent übernahm Oakley Capital von Goodwin und Preston selbst. Über die Gesamtsumme zum Verkauf der 51 Prozent sei Stillschweigen vereinbart worden, sagte eine Sprecherin von Verivox. Ihren Angaben zufolge hat der Investorenwechsel keine Auswirkungen auf die Belegschaft.

Derzeit beschäftigt Verivox den Angaben zufolge etwa 200 Mitarbeiter. 2008 hatte das Unternehmen seinen Umsatz auf rund 30 Millionen Euro erhöht.

Zeitarbeits-Tarife Christlicher Gewerkschaften ungültig

Die Zeitarbeits-Branche muss sich auf Nachforderungen von Arbeitnehmern wegen ungültiger Tarifverträge einstellen. Das Landesarbeitsgericht Berlin entschied am Montag, die Tarifgemeinschaft Christlicher Gewerkschaften für Zeitarbeit und Personalserviceagenturen (CGZP) sei nicht tariffähig.

Leiharbeitnehmer könnten deshalb von ihren Arbeitgebern einen Ausgleich für Löhne verlangen, die von der CGZP ausgehandelt wurden und unter den Branchenstandards lägen, erklärte ein Gerichtssprecher. Dies gelte auch rückwirkend. Allerdings stehe der CGZP noch der Weg vor das Bundesarbeitsgericht offen. Erst wenn die Tarifgemeinschaft darauf verzichte, werde das Urteil rechtskräftig. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte das Urteil. Die IG Metall teilte mit, nun sei mit einer Vielzahl von Klagen zu rechnen.

Das Landesarbeitsgericht hatte der CGZP, die nach eigenen Angaben 280.000 Mitglieder hat, die Tariffähigkeit aus formalen Gründen abgesprochen. Demnach hatte die Tarifgemeinschaft zu viele Zuständigkeiten für sich beansprucht. Das Arbeitsgericht Berlin als Vorinstanz hatte der CGZP auch bescheinigt, sie sei nicht in der Lage, einen Arbeitskampf zu führen.

Araber beteiligen sich an deutschem U-Boot-Bau

Der arabische Schiffbauer Abu Dhabi Mar will beim Kieler U-Boot-Hersteller Howaldtswerke-Deutsche Werft (HDW) einsteigen. Das berichtet das Handelsblatt. Im Gespräch sei eine Beteiligung von 24,9 Prozent an dem zu Thyssen-Krupp gehörenden Unternehmen. Ein Sprecher von Abu Dhabi Mar bestätigte demnach ein Interesse seines Unternehmens. Thyssen-Krupp äußerte sich nicht dazu.

Unternehmenskreisen zufolge sei Thyssen-Krupp offen für die Avancen der Araber. Das Unternehmen wolle aber zunächst abwarten, wie die Zusammenarbeit bei den Überwasserschiffen anlaufe. Mitte Oktober hatte Thyssen-Krupp den Verkauf von Teilen der Hamburger Traditionswerft Blohm+Voss an den Werftenkonzern aus dem Emirat Abu Dhabi angekündigt. Neben diesem zivilen Geschäft vereinbarten die Konzerne eine enge Zusammenarbeit bei Fregatten und Korvetten.

Anders als bei den Überwasserschiffen wolle Thyssen-Krupp bei den U-Booten die alleinige Führung behalten, um Bedenken der Bundesregierung zu entkräften. Da HDW ein Rüstungsunternehmen ist, könnte Berlin den Einstieg eines ausländischen Investors aus Gründen der nationalen Sicherheit untersagen.

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