Nach Einigung mit Euro-Gruppe:So geht es mit Griechenland weiter

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Ein Passant spaziert durch den Säulengang des griechischen Parlaments. (Foto: REUTERS)
  • Nichts ist endgültig sicher nach der Einigung zwischen Griechenland und der Euro-Gruppe von Freitagabend. In den kommenden Monaten stehen mehrere heikle Termine an.
  • Ministerpräsident Alexis Tsipras hat nur wenige Wochen Zeit für Reformen, die seine Vorgänger in vielen Monaten nicht angegangen sind.

Von Jannis Brühl

Nach dem Deal ist vor dem Deal. Die Einigung zwischen Griechenland und der Euro-Gruppe von Freitagnacht ist nur der erste Schritt im Ringen um eine Lösung für die Krise des Landes. Erst einmal haben beide Seiten ihr Gesicht gewahrt, zumindest einigermaßen, wobei der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble wohl zufriedener nach Hause fahren wird als der Grieche Yanis Varoufakis. Dessen Chef, Ministerpräsident Alexis Tsipras, sagte am Samstag: "Wir haben einen Kampf gewonnen, aber nicht den Krieg."

Was genau die neue griechische Regierung im Land verändern will, und ob das den Geldgebern gefällt und sie das dort dringend benötigte Kapital nach Athen fließen lassen, wird sich in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten entscheiden. Griechenland ist an diesem Samstag sicher im Euro - aber das kann in drei Tagen schon wieder anders aussehen.

Die wichtigsten Termine:

Am Montagabend muss Griechenland eine Liste mit seinen Reformvorschlägen vorlegen. Über das Wochenende werden die Hardliner in der Links-Rechts-Koalition von Premierminister Alexis Tsipras versuchen, Druck auf den Regierungschef auszuüben, den Kreditgebern von Euro-Gruppe, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) nicht allzu weit entgegen zu kommen, etwa bei Privatisierungen oder Ausgabenkürzungen. Immerhin hat Griechenland sich etwas mehr Spielraum bei den Staatsfinanzen erkämpft: Der primäre Haushaltsüberschuss (ohne Zinszahlungen mitzurechnen) darf wegen der schlechten ökonomischen Lage niedriger ausfallen als ursprünglich vorgegeben. Die Regierung hat auch zugesagt, Reformen ihrer Vorgänger nicht rückgängig zu machen

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Bis Dienstag prüft die Troika aus EU-Kommission, EZB und IWF - die wegen ihres schlechten Rufs in Griechenland nicht mehr öffentlich so genannt wird - die Liste der griechischen Regierung. Dann wird sich zeigen, wie viel Spielraum sich die neue griechische Regierung tatsächlich erkämpft hat. Kritiker aus CDU und CSU wettern schon vorab, man solle der griechischen Regierung bloß nicht zu viel Spielraum zugestehen. Ralph Brinkhaus (CDU), Fraktionsvize der Union sagte: "Der Drops ist noch nicht gelutscht. Das Paket muss insgesamt stimmen." Die Union fordert von Griechenland unter anderem, Staatsausgaben niedrig zu halten und Steuerprivilegien für Reeder abzuschaffen.

Nachdem die Troika die Liste abgenickt hat, werden die Finanzminister der 19 Euro-Länder telefonisch darüber beraten. Sind sie einverstanden, wird die Prozedur der Verlängerung begonnen.

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Bis 28. Februar müssen einige nationale Parlamente der Einigung zustimmen, darunter der Bundestag. Dann wird das Rettungsprogramm formal verlängert, die nächste Tranche aus dem EFSF-Fonds und die Gewinne der EZB aus ihrem Ankaufprogramm von Staatsanleihen können an Griechenland ausgezahlt werden. Bevor jedoch nur ein Euro fließt, müssen die Reformvorgaben erfüllt sein. Schäuble muss in den nächsten Tagen vor allem den zahlungsunwilligen Flügel seiner Partei überzeugen, der für knallharte Auflagen für Griechenland plädiert. Dabei könnte er etwa argumentieren, er habe fast elf Milliarden Euro dem Zugriff des griechischen Staates entzogen. Dieses Geld war zur Rekapitalisierung von Banken gedacht, wurde aber nicht genutzt. Es wird, so steht es in der Erklärung von Freitagabend, vom griechischen Bankenrettungsfonds an den europäischen Rettungsfonds EFSF überwiesen. So soll sichergestellt werden, dass Athen das Geld ausschließlich zur Stabilisierung seiner Banken nutzt.

Am 9. März tagen die Finanzminister der Euro-Gruppe in Brüssel. Sicher wird es dort weitere wichtige Gespräche mit dem griechischen Minister Yanis Varoufakis geben.

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Ende April wird es besonders heikel. Dann soll die Troika ihre abschließende Prüfung im Rahmen des zweiten Rettungsprogramms vornehmen. Sie wird beurteilen, ob Athen die in der Liste versprochenen Reformen auch wirklich umgesetzt hat und das Programm mit den letzten Zahlungen abgeschlossen werden kann. Es wird eine große Herausforderung für die Regierung Tsipras: Eigentlich sollte der fünfte Bericht schon im April vergangenen Jahres vorliegen, doch die konservative Regierung von Andonis Samaras zeigte wenig Engagement, mit der Troika zusammenzuarbeiten. Nun muss Tsipras viele Reformen in wenigen Wochen zu Ende bringen.

Ende Juni läuft das Hilfsprogramm, das nun verlängert werden soll, endgültig aus. Bis dahin wolle Tsipras einen "eigenen Entwicklungsplan" ausgearbeitet haben, sagte er in seiner Ansprache am Samstag. Sollte Griechenland dennoch ein weiteres, drittes Hilfspaket brauchen, müsste es bis dahin ausgehandelt werden. Unter anderem, weil im Juli und August zwei Rückzahlungen an die EZB anstehen - in Höhe von insgesamt mehr als sechs Milliarden Euro. Im Sommer könnte das Gezerre um ein Riesenpaket wieder losgehen, wie schon 2010 und 2012. Nur dieses Mal mit einer Regierung, die ihren Wählern versprochen hat, keinerlei Zugeständnisse zu machen.

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