Reaktionen auf Griechenland-Einigung:"Einen Kampf, aber nicht den Krieg gewonnen"

Reaktionen auf Griechenland-Einigung: Finanzminister Wolfgang Schäuble: "Seit 2010 werden Zugeständnisse an Griechenland gemacht."

Finanzminister Wolfgang Schäuble: "Seit 2010 werden Zugeständnisse an Griechenland gemacht."

(Foto: AFP)
  • Einigung im Schuldenstreit? Ja. Alles im Lot? Nein. Denn bis Montag muss Athen eine Liste zu Spar- und Reformzielen vorlegen.
  • Griechenlands Regierungschef Alexis Tsipras wertet die Einigung als Triumph für Griechenland.
  • Sowohl Bundesfinanzminister Schäuble als auch sein griechischer Kollege Yanis Varoufakis geben sich nach der Einigung in Brüssel zufrieden.
  • Unionspolitiker mahnen Griechenland, seine Versprechen nun einzulösen.

Finanzminister Varoufakis: "Wir werden Tag und Nacht arbeiten."

Überraschend schnell haben sich Griechenland und die Euro-Partner im Schuldenstreit geeinigt. Aber: Nur wenn Athen bis Montagabend akzeptable Spar- und Reformvorschläge vorlegt, soll das eigentlich Ende Februar auslaufende Hilfsprogramm um weitere vier Monate verlängert werden. Die Reaktionen auf die Einigung von Freitagabend:

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras sprach von einem "bedeutenden Schritt" für Griechenland. Es müsse aber noch vieles getan werden, damit das Land aus der Krise herauskomme und auf eigenen Beinen stehen könne. "Gestern haben wir einen entscheidenden Schritt gemacht. Wir lassen die Sparmaßnahmen, das Rettungsprogramm und die Troika hinter uns", sagte Tsipras am Samstag in einer ersten öffentlichen Reaktion. "Wir haben einen Kampf, aber nicht den Krieg gewonnen", fügte er hinzu.

Tsipras' Finanzminister Yanis Varoufakis begrüßte den Kompromiss und erklärte: Griechenland werde dadurch zum "Ko-Autor der Reformen und seines Schicksals". Wenn die Liste von den "Gläubiger-Institutionen" nicht angenommen werde, "dann sind wir in Schwierigkeiten". Dazu werde es aber nicht kommen: "Wir werden Tag und Nacht arbeiten." Auch nahezu alle griechischen Parteien reagierten positiv auf die Einigung der Regierung unter dem linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras mit den Geldgebern.

Schäuble und Eurogruppen-Chef Dijsselbloem begrüßen die Einigung

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sprach am Freitagabend von einem "wichtigen Schritt". "Wir haben versucht, die Vereinbarungen so zu machen, dass Griechenland damit zurande kommen kann, wir unserer Verantwortung aber auch gerecht werden." Auf die Frage, ob Griechenland Zugeständnisse erhalten habe, sagte er: "Alles, was wir seit 2010 machen, sind Zugeständnisse." Es gehe aber auch nicht darum, Griechenland etwas zuzufügen. Alles, was getan werde, sei in seinem Verständnis im Interesse Griechenlands. Aber, so Schäuble: "Regierung ist ein Rendezvous mit der Realität." Und die Realität sei oft nicht ganz so schön wie die Träume.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sprach ebenfalls von einem "sehr positiven Ergebnis". "Heute Abend gab es den ersten Schritt, um wieder Vertrauen aufzubauen", damit könne die Zusammenarbeit mit Griechenland wieder "auf die Spur gesetzt" werden.

Unionspolitiker betonen Bringschuld von Griechenland

Der Obmann der Unionsfraktion im Haushaltsausschuss des Bundestags, Eckhardt Rehberg (CDU), beurteilte die Grundsatzeinigung Griechenlands mit der Euro-Gruppe hingegen zurückhaltend: "Zweifel sind bei mir nach wie vor da", sagte er unter anderem im Westdeutschen Rundfunk. Nun liege es an der griechischen Regierung, den Vertrauensvorschuss umzusetzen. "Von heute morgen bis Montag muss die griechische Regierung zeigen, wie ernst sie es meint." Zugleich kritisierte er die griechische Regierung unter dem linken Ministerpräsidenten Alexis Tsipras. So sei es etwa "völlig unverständlich, dass die Regierung Tsipras versprochen hat, die relativ geringe Grundsteuer wieder auszusetzen".

Der Unionsobmann im Bundestagsfinanzausschuss, Hans Michelbach, hält die Einigung der Euro-Finanzminister ebenfalls noch nicht für zustimmungsfähig. "Ohne verlässliche Gegenleistungen Athens ist die Einigung nichts wert", erklärte der CSU-Politiker. Europa dürfe sich von Griechenland nicht mit leeren Versprechungen abspeisen lassen. Er halte es nicht für möglich, dass der Bundestag einem Übergangsprogramm noch vor Ende Februar zustimmen könne.

Auch die Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Gerda Hasselfeldt, warnte vor zu viel Optimismus: "Die Reformpläne, die Griechenland am Montag vorlegen will, müssen genau geprüft werden", sagte sie. "Wir lassen uns nicht auf einen faulen Kompromiss ein. Keine Leistung ohne Gegenleistung, dabei bleibt es."

Ifo-Präsident Sinn präferiert Euro-Austritt der Griechen

Kritik kam auch vom Ifo-Präsident Hans-Werner Sinn: "Zusätzliches Geld ist nichts als ein Schmerzmittel für die griechische Krankheit und trägt nicht zur Heilung bei", sagte der Ökonom. "Griechenland wurde durch den Euro zu teuer und muss nun billiger werden, um seine Wettbewerbsfähigkeit zurückzuerlangen. Das geht nur durch den Austritt aus dem Euro und die Abwertung der Drachme." Laut Sinn solle Griechenland Bedingungen für einen geordneten Austritt aus dem Euro-Raum aushandeln.

Die Linken-Politikerin Sarah Wagenknecht erklärte, es sei unglaublich, mit welcher Ignoranz die griechische Regierung bei den Verhandlungen erpresst worden sei. "Es ist gut, dass die Bundesregierung mit ihrer unnachgiebigen Alles-oder-Nichts-Position von den anderen Euroländern ausgebremst wurde."

Griechenland will das Hilfsprogramm bis zum 30. Juni inklusive der Spar- und Reformauflagen erfolgreich abschließen. Ohne eine solche Vereinbarung hätte Griechenland in Kürze eine Staatspleite gedroht. Die Regierung unter Tsipras hatte sich bis zuletzt beharrlich geweigert, im Gegenzug zu Finanzhilfen weiter Spar- und Reformauflagen zu akzeptieren.

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