GM: Europa-Chef:Übergangslösung wird zur Dauereinrichtung

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Die Suche ist beendet, der neue "Mr. Opel" gefunden. Sein Name ist der Belegschaft vertraut - denn der neue GM-Europachef ist ein alter Bekannter.

Der Sanierer bleibt an Bord. Nick Reilly, von General Motors (GM) als Übergangschef nach Europa geschickt, wird auch weiterhin die Geschicke von Opel führen, teilte das Unternehmen mit. Damit dürfte auch die Suche nach einem externen Opel-Chef eingestellt sein. Reillys bisherige Aufgabe als Konzernvorstand für das internationale Geschäft übernehme der GM-Manager Tim Lee. Noch vor wenigen Wochen hatte der ehemalige Konzernchef Fritz Henderson angekündigt, der Konzern suche einen neuen "Mr. Opel".

Nick Reilly, als Übergangslösung geholt, bleibt Europachef von General Motors. (Foto: Foto: AP)

Nun also doch Reilly. Der als Sanierer bekannte Manager wird also weiterhin das Ruder der europäischen GM-Tochter in der Hand halten. Am Freitag trat Reilly in Rüsselsheim auf. Dort informierte er die Belegschaft über die Sparpläne.

Und Reilly kam mit guten Nachrichten in die hessische Opel-Stadt. Denn GM hat offenbar beschlossen, nun doch keine Arbeitsplätze im Entwicklungszentrum abzubauen. Dies habe Reilly den Mitarbeitern mitgeteilt, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz. Damit sei der US-Konzern von seinen ursprünglichen Plänen abgerückt, 548 Ingenieursstellen abzubauen.

Dennoch ist klar: Die deutschen Mitarbeiter von Opel sollen die Hauptlast des Sparbeitrags der Arbeitnehmer von 265 Millionen Euro im Jahr tragen. So stellt sich das GM zumindest vor.

Im Video: Nach einer heftigen Auseinandersetzung über die Zukunft von Opel schlagen General Motors und die Beschäftigten des Autobauers einen versöhnlicheren Kurs ein.

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Einem Bericht des Handelsblatts zufolge wollen die Amerikaner der deutschen Belegschaft insgesamt 177 Millionen Euro an Einsparungen aufbürden. Dies soll unter anderem durch den Wegfall von übertariflichen Leistungen erfolgen. Die Belegschaft hatte diese Einsparmöglichkeiten bereits selbst angeregt - allerdings nur unter der Bedingung, dass Opel an den österreichisch-kanadischen Zulieferer Magna verkauft wird. Franz sagte, die Belegschaft wolle auch für GM einen Sparbeitrag leisten.

Vertrieb weltweit

Nun erwartet der Betriebsrat von Reilly konkrete Angaben über die Pläne von GM zu den europäischen Werken und Arbeitsplätzen. Außerdem soll Reilly das GM-Konzept für ein eigenständiges Unternehmen Opel/Vauxhall vorlegen, wie aus der Einladung des Betriebsrates hervorgeht.

Dabei wollen die Opelaner auch beschließen, welche Garantien sie von GM beispielsweise für einen Lohnverzicht verlangen. Reilly will den Opel-Sanierungsplan offiziell Mitte Dezember präsentieren.

Ein Zuckerl bekamen die Opelaner jedoch schon am Freitag. Reilly sicherte den Beschäftigten in Rüsselsheim auch zu, dass die Europa-Tochter ihre Fahrzeuge künftig weltweit vertreiben darf, sagte Franz. "Nick Reilly hat den Beschäftigten heute eine sehr wichtige Botschaft gegeben: Dass es keine Restriktionen gibt für Opel, auf den globalen Märkten präsent zu sein." Auch damit kommt der GM einer seit Jahren bestehenden Forderung des Opel-Betriebsrates nach. Bisher verwehrte GM Opel den Zugang zu wichtigen Märkten unter anderem in Asien und Nordamerika. Damit sollte der Konkurrenzkampf unter den GM-Konzernmarken verhindert werden.

Ein Grobkonzept für die Zukunft von Opel hatte GM der Bundesregierung bereits diese Woche vorgelegt. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) erwartet aber noch mehr Details, bevor er Staatshilfen erwägen will.

In Brüssel trifft er sich unter anderen mit Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes und Industriekommissar Günter Verheugen. Mit der Absprache auf EU-Ebene soll sichergestellt werden, dass es kein gegenseitiges Überbieten der europäischen Regierungen mit Finanzbeihilfen für den Autobauer zur Rettung eigener Standorte und zu Lasten der Werke in anderen EU-Ländern gibt.

Antwerpen droht das Aus

Laut dem vorläufigen GM-Sanierungskonzept für Opel will GM mit Opel in Europa in drei Jahren wieder Gewinne einfahren. Dabei sollen weniger Stellen gestrichen werden als noch in der vergangenen Woche von Reilly angekündigt.

Für das Jahr 2012 rechnet der Mutterkonzern mit einem Vorsteuergewinn der europäischen Tochter Opel/Vauxhall von rund einer Milliarde Dollar (etwa 661 Millionen Euro). 2009 und 2010 erwartet GM in Europa aber noch tiefrote Zahlen mit einem operativen Gesamtverlust von über sechs Milliarden Dollar. Nach rund 1,2 Millionen Autos im laufenden Jahr sollen Opel und Vauxhall 2012 den Absatz auf rund 1,53 Millionen Fahrzeuge steigern, 2014 auf 1,68 Millionen.

GM möchte dem Konzept zufolge 8313 der 48.000 Stellen bei Opel und Vauxhall in Europa streichen. Vergangene Woche hatte Reilly noch von rund 9000 Stellenstreichungen gesprochen. Im Stammwerk Rüsselsheim stehen gut 2300 Stellen auf der Kippe. Das Werk Bochum muss um 1799 Stellen bangen und Eisenach und Kaiserslautern um jeweils etwa 300 Jobs in der Produktion.

Zusammen wären das 4700 statt der von Reilly als Maximum angekündigten 5400 Stellenstreichungen. Dennoch würde Deutschland die Hauptlast der Sanierung tragen, allerdings droht dem Werk im belgischen Antwerpen das Aus. Insgesamt beschäftigt Opel in seinen vier deutschen Werken 24.300 Menschen.

© sueddeutsche.de/dpa/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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