Regionalliga:Party im Regionalexpress

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Der Münchner Nico Karger (Mitte) bejubelt sein Tor zum 2:0 mit Sascha Mölders (rechts im Bild). (Foto: dpa)

Dem TSV 1860 München gelingt zum Auftakt der Regionalliga Bayern ein ungefährdeter 4:1-Erfolg. Der Absteiger beweist beim FC Memmingen seine Favoritenrolle.

Von Markus Schäflein

Wer noch nicht so recht begriffen hatte, wo sich der TSV 1860 München nun befindet, wurde vor der Auftaktpartie in Memmingen von den Schönegger Almmusikanten, der "Betriebskapelle der Schönegger Käse-Alm", mit dröhnender Blasmusik daran erinnert: in der Fußball-Regionalliga Bayern. Die Anhänger lassen sich davon keineswegs schocken, sie schrieben "Mein Verein für alle Zeit" auf ein großes Spruchband, reisten zahlreich an und machten sich den eigentlich von den Bayernfans aus den Achtzigern bekannten Gesang zu eigen, wonach "in der Bayernliga die Giesinger Bauern mit der S-Bahn aufs Land" fahren. In diesem Fall war es der Regionalexpress 57444. Wer eine Karte für die Partie im nur 5000 Zuschauer fassenden Memminger Stadion ergattert hatte, konnte sich glücklich schätzen. Am Ende feierten die Löwen einen 4:1 (1:0)-Sieg zum Start und untermauerten ihre Favoritenrolle.

"Diese Qualität hat in der Regionalliga nichts verloren", stellte Memmingens Trainer Stefan Anderl fest und meinte nicht seine eigene Elf, während 1860-Coach Daniel Bierofka mahnte: "Wir müssen sachlich und auf dem Teppich bleiben." Es gebe "einige Sachen noch zu verbessern".

Die Memminger kamen selbst kaum zur Torgefahr

Bierofka hatte all jene Akteure aufs Feld geschickt, die in der neuen Liga als Stars durchgehen: die letztjährigen Zweitligaprofis Jan Mauersberger, Nico Karger, Felix Weber und Sascha Mölders, den Rückkehrer Timo Gebhart, aber auch für Regionalliga-Verhältnisse überragende Zugänge wie Innenverteidiger Daniel Wein vom Drittligisten Wehen oder Flügelstürmer Benjamin Kindsvater, in der vergangenen Saison bei Wacker Burghausen einer der herausragenden Akteure dieser Spielklasse. Den ersten Treffer in der neuen Spielklasse erzielte aber ein anderer: Linksverteidiger Christian Köppel setzte einen Heber über den schlecht postierten FCM-Torhüter Martin Gruber hinweg ins Netz zur 1:0-Führung der Löwen (11.).

Die Memminger, die ihren besten Torjäger Stefan Schimmer an Unterhaching verloren haben, kamen selbst kaum zu Torgefahr und mussten den spielerisch überlegenen Münchnern Kampf und Willen dagegensetzen. 1860-Torwart Marco Hiller musste in der 20. Minute erstmals eingreifen, bei einem Kopfball von Tim Buchmann. Dass die Memminger bei ihren Eckstößen ohrenbetäubendes Gewummer einspielen, erwies sich bei ihrem ersten Versuch nach einer halben Stunde als viel Lärm um nichts, aber auch von den Löwen waren mittlerweile keine nennenswerten Offensivaktionen mehr zu sehen. Kurz vor der Halbzeit sorgte Stürmer Mölders noch einmal für Aufsehen, als er sich über die rechte Seite durchsetzte und nach innen passte - Karger scheiterte aber an Gruber (40.). Kurz vor der Halbzeitpause sah dann noch Weber die gelbe Karte, weil er bei einem Einwurf der Memminger einen zweiten Ball aufs Feld brachte.

Die Uhr auf der Anzeigetafel: "wieder mal ausgefallen"

Die zweite Hälfte begann wie die erste - mit einem schnellen und sehenswerten Treffer für die Sechziger. Karger traf mit einem Drehschuss von der Strafraumgrenze ins linke obere Toreck - 0:2 (50.). So deutlich wie seine Fans auf den Rängen dominierte der TSV 1860 nun auch auf dem Platz. Da die Partie entschieden zu sein schien, stimmten die Anhänger den Gassenhauer "Scheiß auf den Scheich" an, mit Grüßen an Investor Hasan Ismaik, der möglicherweise in Jordanien die Sport1- Übertragung im Internet verfolgte.

Plötzlich kam Memmingen in der Mitte der zweiten Hälfte doch noch zu einer Drangphase, aber erst lenkte Hiller einen Schuss von Fülla über die Querlatte, dann klärte Kindsvater gegen Nikolic auf der Linie, und schließlich flog ein Freistoß von Hayse knapp am linken Pfosten vorbei. Den nächsten Treffer erzielte aber wieder der TSV - diesmal durfte sich Rückkehrer Gebhart feiern lassen (72.).

Die Partie war endgültig entschieden, so dass es auch keine Rolle spielte, dass die Uhr auf der Anzeigetafel "wieder mal ausgefallen" war, wie der Stadionsprecher mitteilte. Zu daher zunächst unbekannter Uhrzeit trafen Fabian Krogler noch zum Ehrentreffer der Memminger (85.) und der eingewechselte Nicholas Helmbrecht zum 4:1 der Löwen (91.), dann war Schluss.

Trotz drohenden Geisterspiels großer Andrang bei 1860 zu erwarten

Auf die 1860-Heimspiele im Stadion an der Grünwalder Straße (12 500 Plätze) dürfte der Andrang nach dem Auftaktsieg noch größer werden. Rund ums Eröffnungsspiel sorgten die offenkundig von Angebot und Nachfrage geprägten Preise für die Partien in Giesing für Gesprächsstoff. Eine Haupttribünen-Dauerkarte kostet 375 Euro und mithin fast doppelt so viel wie beim Auftaktgegner Memmingen; der Stehplatz kostet 199 Euro und damit 59 Euro mehr als beim FC Bayern München in der Arena.

Dabei ist das drohende Geisterspiel aufgrund der Ausschreitungen in der Relegation gegen Regensburg schon berücksichtigt. "Aufgrund einer zu erwartenden Spielstrafe kann der TSV 1860 München aktuell nur 17 Heimspiele mit der Dauerkarte anbieten", teilte der Verein mit. Vielleicht tritt beim ersten Heimspiel gegen Burghausen am Freitag dafür auch eine Blaskapelle auf - Bayern-Präsident Uli Hoeneß hatte zum Arena-Auszug ja eine versprochen.

© SZ vom 14.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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