Premier League:England staunt über "N'Goalo"

Lesezeit: 3 min

N'Golo Kanté gegen Paul Pogba - klarer Punktsieg für den Mann in Blau. (Foto: AFP)
  • N'Golo Kanté beweist bei Chelseas 1:0 gegen ManUnited im FA Cup seine Qualität.
  • Der schüchterne Franzose hat viel weniger gekostet als Paul Pogba - er spielt aber seit Monaten deutlich besser.
  • Selbst Mourinhos Wuchtfußball kann ihn nicht bremsen.

Von Sven Haist, London

Es war heimelig geworden im Stadion an der Stamford Bridge - und Gary Cahill konnte sich eine gewisse Süffisanz nicht verkneifen. Freundlich wies er seinen Gesprächspartner darauf hin, dass er seinen Mitspieler N'Golo Kanté doch erst vor ein paar Tagen ausgiebig gelobt hatte. In seiner Funktion als Kapitän gehört Cahill derzeit zu den gefragten Gesprächspartnern beim FC Chelsea. Das stellt er gerne zur Schau und so ließ der Stellvertreter des altersmüden John Terry Nachsicht walten. Cahill weiß ja, dass die Reporter von Kanté selbst selten etwas zu hören bekommen.

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Also referierte Cahill am Montagabend doch noch mal über die Vorzüge seines Kollegen: "N'Golo ist fantastisch und so wichtig für unsere Defensive." Mit leicht gesenktem Blick hörte Kanté, 25, sich die honorigen Worte seines Kollegen an - als ginge es gar nicht um ihn. Der 35 Millionen Euro teure Neuzugang von Leicester City, dem jeglicher Kult um seine Person fremd ist, kann mit dem schrillen englischen Fußballzirkus wenig anfangen. Dabei hatte er sich das Lob verdient nach diesen drei Ballberührungen der Extraklasse. Einen Querpass nahm Kanté in zentraler Position auf, legte sich den Ball kurz vor, um ihn aus 25 Metern ins untere Toreck zu befördern (51.).

Der Siegtreffer beim 1:0 im FA-Cup über Titelverteidiger ManUnited brachte Kanté ein Küsschen auf die Stirn ein - und Chelsea den Einzug ins Halbfinale. In sechs Wochen treffen die Blues in Wembley auf den Londoner Rivalen Tottenham Hotspur, das Parallelspiel bestreiten der FC Arsenal und Manchester City. Die beiden Ansetzungen versprechen mehr Aufregung, als die Premier League derzeit bieten kann. Mit zehn Punkten Vorsprung thront Chelsea an der Tabellenspitze über der Konkurrenz, was Trainer Antonio Conte die Chance auf zwei Trophäen in seiner Debütsaison auf der Insel bietet. Das gelang zuletzt Contes italienischem Landsmann Carlo Ancelotti in der Spielzeit 2009/10.

Die neue Stabilität Chelseas hat viel mit Kanté zu tun, der kaum dabei erwischt wird, einen Stellungsfehler zu begehen oder einen Zweikampf zu verlieren. Seine kleine Statur verschafft ihm einen tiefen Schwerpunkt, dazu kommt seine Stabilität im Oberkörper. Am Mittelkreis prallte Kanté bei einem Konter mit Marcus Rashford zusammen, die Balance verlor der junge Engländer. Solche Balleroberungen sind es, die Kanté bekannt gemacht haben. Innerhalb von anderthalb Jahren hat er sich zum vermeintlich bedeutsamsten Profi der Premier League entwickelt. Und zum Schreck von United. Seine einzigen beiden Saisontore erzielte er in den Duellen gegen die Red Devils. Die Sun titelte am nächsten Tag: "N'Goalo".

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Kantés Distanzschuss hebelte die Strategie von José Mourinho aus. Der wollte bei seiner Rückkehr zum alten Arbeitgeber einen Stillstand auf dem Platz erwirken. Deshalb agierte Mourinho in der Defensive mit einer Sechserkette, davor wies er Paul Pogba und Ander Herrera im zentralen Mittelfeld an, ihre Gegenspieler in Manndeckung zu nehmen. Schön anzusehen war das nicht, aber die Maßnahme brachte Chelsea aus dem Rhythmus.

Parallel dazu bekämpften sich die beiden Trainer am Seitenrand. Mourinho versuchte seinen Widersacher zu einer unüberlegten Handlung hinzureißen. Einmal schoss er absichtlich einen Ball auf den wild gestikulierenden Conte, der sich benahm, als wäre er im eigenen Wohnzimmer. Aufgeheizt wurde die Atmosphäre zusätzlich von der Tribüne aus, weil es sich die Chelsea-Fans nicht nehmen ließen, ihren ehemaligen Trainer mit Beschimpfungen zu überschütten. Die Bridge hat Mourinho dessen Giftpfeile nicht verziehen, die er über die Saison hinweg nach London aussendete. "Die können mich rufen, wie sie wollen", sagte Mourinho: "Bis zu dem Moment, wo ein Trainer vier Meistertitel mit Chelsea gewinnt, bin ich die Nummer eins."

Die Nummer eins auf dem Spielfeld war neben Kanté Chelseas Feingeist Eden Hazard. Weit kam Hazard allerdings nicht, weil die Gäste ihn sofort foulten. "Anfangs war es unmöglich für ihn Fußball zu spielen", klagte Conte, "weil er so viele Tritte abbekommen hat. Eine Taktik, den Gegner zu treten, ist für mich kein Fußball." Zur Hilfe kam Chelsea der Schiedsrichter Michael Oliver, der Herrera im Übereifer wegen wiederholten Foulspiels an Hazard des Feldes verwies (35.). Noch im Fallen schaute Hazard auf die Reaktion des Unparteiischen. "Bis dahin habe ich ein Spiel gesehen, bei dem ich das Gefühl hatte, dass ich es gewinnen werde", sagte Mourinho.

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In Unterzahl sowie in Abwesenheit von Zlatan Ibrahimovic, Wayne Rooney und Anthony Martial (erzielten 20 von 39 Ligatoren) fehlte ManUnited letztlich die offensive Kraft, um die Verlängerung zu erreichen. Lediglich 28 Prozent Ballbesitz konnte der englische Rekordmeister verzeichnen - der schlechteste Wert in dieser Saison.

Die Red Devils waren auf eine Einzelaktion von Pogba angewiesen, dem teuersten Profi auf dem Platz. Und der entschied tatsächlich die Partie: für Chelsea. Bei Kantés Treffer griff er zu spät ins Geschehen ein. Seines Fehlers bewusst hielt er sich die Hände vors Gesicht. Die meisten Zuschauer an der Bridge grölten: "was für eine Geldverschwendung".

Für die Rekordsumme von 105 Millionen Euro wechselte Pogba im Sommer nach Manchester. Das ist etwa dreimal so viel Geld wie Chelsea für Kanté bezahlte. Und trotzdem ist Pogba momentan mindestens nur halb so wertvoll für sein Team.

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