Bayern-Gegner FC Arsenal:Klopp deckt Arsenals Schlamassel auf

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Jürgen Klopp (im Vordergrund) stürzte Arsenal mit Trainer Wenger noch tiefer in die Sinnkrise. (Foto: Phil Noble/Reuters)
  • Bei Bayern-Gegner Arsenal läuft gar nichts mehr - gegen Jürgen Klopps Liverpool verlieren die Londoner 1:3.
  • Trainer Wenger erstaunt mit eigenwilligen Entscheidungen.
  • England befürchtet ein weiteres Desaster gegen die Bayern.

Von Raphael Honigstein, London

Der Ball war noch tief in Liverpools Hälfte, als das Publikum an der Anfield Road nervös aufschrie. Die Fans der Reds hofften - nein: sie spürten - dass sich in den nächsten Sekunden die Partie entscheiden würde; sie wussten, wie es normalerweise ausgeht, wenn drei Liverpooler auf eine unsortierte Arsenal-Abwehr loslaufen, die an der Mittellinie gestrandet war wie eine verwirrte Wal-Herde.

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Adam Lallanas feiner Außenristpass auf den eingewechselten Divock Origi benötigte zwar noch ein bisschen Mithilfe des Schiedsrichter-Assistenten, der ein hauchzartes Abseits übersah, doch das Angriffs-Momentum war nicht mehr aufzuhalten. Der Belgier Origi stürmte mit dem immer lauter werdenden Lärm im Rücken auf dem Flügel davon; der richtige Ball in die Mitte, der trockene Abschluss von Georginio Wijnaldum (3:1, 92.) folgten schlicht fußballerischer Logik auf dem schnellsten Weg zum tausendfach erwarteten Glück.

"Es war eines unserer besten Spiele bisher", freut sich Klopp

Der fulminante Schlusspunkt eines beschwingten Samstagabends an der Mersey war weit mehr als drei Punkte wert - Jürgen Klopps Team hat nach dem Sieg im Top-Duell wieder eine Gegenwart (Saisonziel: Champions-League-Qualifikation) und muss sich noch nicht mit der Aussicht auf eine bessere Zukunft trösten.

Unter der Woche, in den düsteren, schwierigen Tagen nach der katastrophalen 1:3-Niederlage gegen Leicester City, hatte der Liverpooler Trainer wie viele seiner Vorgänger bereits verdächtig viel von einer Generalüberholung des dünnen Kaders im Sommer gesprochen ("Wir müssen uns verbessern, das ist klar"). Aber die wilde Frühlings-Fahrt auf der "Premier-League-Achterbahn" (Klopp) darf nun doch noch ein paar Runden weitergehen. Liverpool hat gegen einen Konkurrenten überzeugend einen Platz unter den ersten Vier zurück erobert.

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"Es war eines unserer besten Spiele bisher", freute sich Klopp, der in den kommenden neun Spielen ein recht ungewöhnliches Problem lösen muss: Liverpool hat fast nur noch leichte Gegner im Rest-Programm. Kein Spitzenteam hat im direkten Vergleich mit den anderen fünf großen Vereinen (Chelsea, Tottenham, Manchester City, Manchester United, Arsenal) besser abgeschnitten (fünf Siege, vier Remis, keine Niederlage), von den Elite-Klubs hatte aber auch niemand so viele Schwierigkeiten gegen Opponenten von alltäglichem Format, die tiefer verteidigen. "Mir ist bewusst, dass uns viele vorrechnen werden, wie viele Punkte wir liegen gelassen haben, aber man sollte sich im Leben auf die positive Dinge konzentrieren", sagte Klopp: "Wir stecken noch in der Entwicklung, Schwankungen sind normal."

So konstant wie Arsenal unter Arsène Wenger möchte man ja gar nicht sein. Die Gunners offenbarten - wie so oft gegen bessere Gegner - in der ersten Hälfte das ganze Ausmaß ihrer taktischen Hilflosigkeit. Wie schon beim 1:5 im Hinspiel des Champions-League-Achtelfinales gegen den FC Bayern standen die Londoner - ohne den grippekranken Mesut Özil - meist ratlos im Grünen herum, ein Konzept zur Ballrückeroberung war nicht zu erkennen. Liverpool hatte in der Offensive viel Zeit, das 2:0 zur Pause (Roberto Firmino, 9.; Sadio Mané, 40.) schmeichelte den Gästen.

Alle fragten sich: Warum nur blieb Alexis Sanchez draußen?

Erst als Wenger nach dem Seitenwechsel den aus unerklärlichen Gründen zunächst nicht berücksichtigen Top-Stürmer Alexis Sanchez einwechselte, kam ein wenig Energie und Selbstbewusstsein in Arsenals Spiel. Mehr als der Anschlusstreffer von Danny Welbeck (57.) sprang allerdings heraus. Wenger erklärte später pikiert, er sei "erfahren und klar genug", die Auswirkung dieser mysteriösen Personalentscheidung selbst zu bewerten.

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Schlüssig erläutern konnte der 67-Jährige allerdings nicht, warum er ausgerechnet Arsenals überragenden Einzelspieler auf der Ersatzbank gelassen hatte - jenen Mann, der seit Wochen im Stile eines Teilnehmers beim Stärksten-Mann-der-Welt-Wettbewerb den Karren ganz alleine durch die Straßen zieht. "Wir wollten heute direkter spielen und mit Olivier Giroud und Welbeck Leute bringen, die gut in der Luft beziehungsweise schnell spielen", so Wenger. Diese Überlegung erwies sich in mehrfacher Hinsicht als Fehlkalkulation.

Die Niederlage bestätigte das Wenger-Team als Schlusslicht in der Mini-Liga der Big-Six-Teams der Premier League (ein Sieg aus sieben direkten Duellen) und bringt die Champions-League-Qualifikation in Gefahr. Selbst die treuesten Wenger-Loyalisten verlieren allmählich den Glauben. Vor dem Besuch der Bayern am Dienstag tun sich in Nord-London wahre Abgründe auf.

© SZ vom 06.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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