Champions League:"With the red card, the game was over"

Lesezeit: 3 min

  • Der FC Bayern besiegt den FC Arsenal 5:1 und erreicht das Viertelfinale der Champions League.
  • Zufrieden ist nach dem dennoch schwierigen Rückspiel aber kaum jemand im Kader der Münchner.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Champions League.

Von Thomas Hummel, London

Arturo Vidal kam bestens gelaunt aus dem Bauch der Arsenal-Arena. Sein Irokesenschnitt stand kerzengerade, darunter grinste er breit. "Wir sind sehr glücklich", erzählte er, "wir hoffen, dass wir die Champions League gewinnen." Dazu brauche die Mannschaft ein bisschen Glück, aber in diesem Jahr sei sie sehr konzentriert und motiviert in diesem Wettbewerb. In den vergangenen Jahren unter Pep Guardiola habe man auch gut gespielt, aber hatte Pech im Halbfinale. "Wir hoffen, dass wir diesmal mehr Glück haben."

Das waren doch mal handfeste Worte. So ganz andere wie die Floskel-Dauerschleife des "nur auf das nächste Spiel schauen", "Schritt für Schritt", "der nächste Gegner ist der schwerste". Oder wie Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge erläuterte: "Wir tun gut daran, ganz ruhig zu bleiben und mit einem Schuss Demut die Dinge anzugehen." Ruhe? Demut? Sind nicht die Stärken von Arturo Vidal.

Vielleicht wagte sich der Chilene in London deshalb vor, weil er Interviews auf Spanisch gibt und meist nur mit spanischen oder südamerikanischen Beobachtern spricht. Wird schon keiner mitbekommen in München, wo von seinen großen Plänen offiziell niemand etwas wissen will. Doch was sollte ein Spieler auch erzählen, nachdem er mit seiner Mannschaft einen Vertreter der angeblich so superstarken englischen Premier League im Achtelfinale gerade zum zweiten Mal mit 5:1 verhauen hat? Hinspiel 5:1 plus Rückspiel 5:1 - macht insgesamt 10:2. Derart war der FC Arsenal in seiner langen Europapokal-Geschichte noch nie gedemütigt worden.

"So eine erste Halbzeit darf man nicht spielen"

Und doch wollten die meisten Münchner so gar keinen glücklichen Eindruck machen. Thomas Müller schon gar nicht, denn er hatte auf der Bank zusehen müssen, wie sich die Kollegen vergnügten, und verschwand als Erster im Bus. Und die anderen? Klar, wieder 5:1, das war schon ein Ding. Dennoch hatte das, was der FC Bayern in London gezeigt hatte, bis zur 55. Minute so gar nicht nach einem kommenden Champions-League-Sieger ausgesehen. Der durch Misserfolge und innere Unruhen schwer angeschlagene FC Arsenal war überraschend die klar bessere Mannschaft gewesen und hätte durchaus mehr als nur das eine Tor durch Theo Walcott (20.) erzielen können. Einigen in der Münchner Delegation gefiel das gar nicht.

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Von Thomas Hummel, London

"Es ist gutgegangen" bewertete Rummenigge das Spiel, wobei er sich ein "gerade noch" immerhin verkniff. Verteidiger Mats Hummels sah eine träge und pomadige Darbietung, ein "nicht so gutes Spiel". Arjen Robben wollte gar eine "Lernstunde" gesehen haben, "weil so eine erste Halbzeit darf man nicht spielen".

Es ist vielleicht der größte anzunehmende Luxus einer Fußballmannschaft, wenn sie den Gegner im Achtelfinale der Champions League mit 5:1 Toren aus dessen Stadion schießt, und danach kommen die Spieler (alle außer Vidal) aus der Kabine und kritisieren sich selbst. Tatsächlich hatten sich die Bayern auf dem Feld lange eine leicht gummihafte Körperspannung geleistet. Xabi Alonso, Vidal, Franck Ribéry - einige wirkten schlapp und müde. Als hätten sie lieber eine schöne Stadtrundfahrt in den berühmten roten Doppeldecker-Bussen absolviert, als sich hier abrackern zu müssen.

Doch dann kam die eine entscheidende Szene, die alles änderte. Als Robert Lewandowski plötzlich mit dem Ball alleine durch den englischen Strafraum lief und Arsenal-Verteidiger Laurent Koscielny ihn von der Seite zu Fall brachte, war der Abend gelaufen. Rot für Koscielny (nach dessen verletzungsbedingter Auswechslung in München bereits aller Widerstand der Londoner zusammengebrochen war), Elfmeter für Bayern und das 1:1 durch Lewandowski. War zuvor noch eine leise Hoffnung bei den Engländern auf ein Fußballwunder zu spüren gewesen, war mit diesem einem Pfiff des Schiedsrichters alle Kraft aus den Körpern gewichen. Oder wie Hummels den englischen Berichterstattern erklärte: "With the red card, the game was over."

Leider war das Spiel für den FC Arsenal in Wahrheit noch nicht aus. Ohne ernst zu nehmenden Widerstand bestraften die Münchner ihren Gegner mit weiteren vier Treffern. Arjen Robben (68.), Douglas Costa (78.) und zweimal Vidal (80./85.) erfreuten sich am lustigen Toreschießen. Wenn die gesammelte Offensivkraft des FC Bayern mal ins Laufen kommt, sind schon so einige Gegner in den vergangenen Jahren untergegangen. Diesmal hat es eben wieder den FC Arsenal erwischt.

Bei den Münchnern macht sich derzeit sehr positiv bemerkbar, dass mit Jérôme Boateng nur ein Profi verletzt fehlt. Und auch der Nationalverteidiger kommt demnächst zurück. So gibt der Kader so viel Qualität her wie seit Jahren nicht mehr, wenn es im März und April um die großen Pokale geht. Robbens Muskeln halten bislang, Frank Ribérys Knochen sind heil, Thiagos Knie gesund. Da inzwischen Trainer Carlo Ancelotti seiner Mannschaft offenbar die richtigen Worte mitgibt, ist der FC Bayern mit diesem Kader ein heißer Kandidat auf alle Titel.

Das weiß im Klub sicher nicht nur Arturo Vidal. Er ist halt der Einzige, der es glasklar ausspricht. Wenn auch auf Spanisch.

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