Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg:Der große Blonde im kleinen Schwarzen

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Nico Hülkenberg: bereit für die kommende Saison. (Foto: dpa)

Wenn in einer Woche die neue Formel-1-Saison beginnt, zählen die üblichen Verdächtigen zu den Favoriten. Ein Team und ein Fahrer stechen jedoch heraus, zunächst einmal optisch - womöglich aber auch wegen der Leistung: Nico Hülkenberg und der Rennstall Sauber.

Von Jürgen Schmieder

Wenn sich die Formel-1-Fahrer vor den Rennen zu einem gemeinsamen Foto aufstellen, dann sieht das mitunter recht ulkig aus - vor allem dann, wenn Nico Hülkenberg dabei ist. Da steht dann Sebastian Vettel (1,76 Meter) neben Lewis Hamilton (1,74) und Fernando Alonso (1,71). Irgendwo dazwischen ragt Hülkenberg mit seinen 1,84 Metern heraus. Dabei ist es nicht so, dass er wirklich auffallen würde.

Wenn man so will, dann verlief Hülkenbergs Karriere in der Formel 1 bislang ähnlich: Er war keiner, der bei allen Rennen beachtet wurde, um Siege fuhr oder gar um die Weltmeisterschaft - doch es war durchaus zu erkennen gewesen, dass dieser junge Mann zu besonderen Leistungen fähig ist: In seiner ersten Saison 2010 wurde er im Williams in Ungarn gleich Sechster und erreichte in Brasilien gar die Pole Position.

Nach einer Pause 2011 schaffte er es in der vergangenen Saison im unterlegenen Force-India-Auto elf Mal in die Top Ten, in Brasilien führte er lange Zeit und lieferte sich im Regen ein spannendes Duell mit Lewis Hamilton. Und in der kommenden Saison? Da fährt Hülkenberg für Sauber und gilt durchaus als Kandidat für Siege - wenn er denn ins Auto passt.

"Das ist schon eine Herausforderung, ihn ins Auto zu bekommen", sagt Chefdesigner Matt Horris. Die Mechaniker mussten Löcher in die Karbonhaut des Cockpits sägen, dazu muss Hülkenberg spezielle Schuhe tragen. Mit dem auf ihn zugeschnittenen Auto soll er nun bestenfalls Rennen gewinnen. Seine Teamchefin Monisha Kaltenbern sagt: "In ihm sehen wir die Stärke, das Potenzial zu nutzen, das unser Auto hoffentlich hat."

Der Dienstwagen von Hülkenberg gilt als das innovativste Auto dieser Saison, auffällig sind dabei die schmalen Seitenkästen. Dadurch wird einerseits der Luftwiderstand verringert, andererseits wird die Luft effizient zu Diffusor und Heckflügel geführt. "Es ist ein sehr aggressives Design, wie eine Ansage: Sauber pusht, die wollen was erreichen", sagt Hülkenberg, "auf jeden Fall ist es ein Eyecatcher, jedem fällt auf: Der Wagen ist irgendwie anders."

Die schmalen Seitenkästen gelten als nicht kopierbar, sollte sich also die Ankündigung von Horris ("Sie werden schon bald sehen, was wir uns dabei gedacht haben") bewahrheiten, dann könnte das Sauber-Team tatsächlich vorne mitfahren. Hülkenberg warnt indes: "Es gibt nicht mehr das eine Element, das ein Auto gewinnen oder scheitern lässt." Die Testergebnisse seien positiv gewesen, doch "erst in Melbourne werden wir sehen, wo wir wirklich stehen".

Könnte Hülkenberg also tatsächlich bereits in dieser Saison in den Kampf um die Weltmeisterschaft eingreifen? "Red Bull wird wieder das Team sein, das es zu schlagen gilt", sagt Konkurrent Nico Rosberg. In diesem Auto fährt Sebastian Vettel, der selbst nur diese Prognose abgeben möchte: "Alles spricht dafür, dass es wieder eng wird."

Nico Hülkenberg: schnell bei Testfahrten. (Foto: AFP)

Dadurch, dass sich die technischen Vorgaben kaum geändert haben, gelten die prägenden Teams aus der Vorsaison als favorisiert - und damit auch die Fahrer, die in diesen Autos sitzen: Ferrari-Pilot Fernando Alonso, McLaren-Fahrer Jenson Button, Kimi Räikkönen im Lotus, das Mercedes-Duo Nico Rosberg und Lewis Hamilton sowie Mark Webber im zweiten Red Bull.

Auch deshalb gibt es bereits eine Woche vor dem Saisonstart markige Worte. Red-Bull-Teamchef Christian Horner etwa sagt: "Die beiden Pokale für Fahrer und Konstrukteur machen sich ganz gut in unserem Trophäenschrank. Wir würden sie gerne behalten." Fernando Alonso kontert: "Mit dem Auto kann ich um die WM fahren. Jetzt müssen wir diese Chance nur noch packen."

Nico Hülkenberg dagegen gibt sich bescheiden: "Der ganz große Erfolg wäre natürlich ein Sieg, ein Podiumsplatz. Das wäre ein Traum von mir." Er ist ein als Fahrer, der nicht nur auf der Rennstrecke zu glänzen weiß, sondern der - wie einst Michael Schumacher - über großes technisches Verständnis verfügt und Entwicklungen selbst vorantreibt.

Zu seiner eigenen Entwicklung will er dagegen wenig sagen - vor allem nicht dazu, dass er bereits jetzt mit Ferrari in Verbindung gebracht wird. "Natürlich bekomme ich die Spekulationen mit", sagt Hülkenberg, "das ist ja auch eine Form der Anerkennung, aber die ganzen Vermutungen da draußen lassen mich völlig unberührt." Er will sich auf die aktuelle Saison konzentrieren "und dabei erst einmal auf Melbourne."

Das Auto scheint schnell zu sein, Nico Hülkenberg passt hinein - nun muss er sich nur noch etwas für das Fahrerfoto überlegen.

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