FC Bayern siegt in Hoffenheim:Gefangen in den B-Spielen

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Mario Gomez: Startelf, Treffer - und bald wieder Ersatzbank. (Foto: Bongarts/Getty Images)

Trotz ihrer entscheidenden Tore bei den 1:0-Siegen gegen Dortmund und in Hoffenheim dürfte sich für Arjen Robben und Mario Gomez wenig ändern. Trainer Jupp Heynckes lässt zwar fleißig rotieren, doch in den wichtigen Spielen dürfen sie nur auflaufen, wenn andere verletzt und gesperrt sind.

Von Maik Rosner, Sinsheim

Mario Gomez ging nicht, er trottete vielmehr, als er ausgewechselt wurde und sein Konkurrent Mario Mandzukic seine Position übernahm. Jedenfalls gab sein Bewegungablauf und seine Körperhaltung zu erkennen, dass er gerade nicht als glücklichster Profi des FC Bayern München gilt. Als Gomez später das Stadion verließ, da klangen auch seine Worte, als würden sie trotten.

"Es kommen ja noch ein paar Spiele und Tore - hoffe ich", sagte er und bewegte sich dabei langsam dem Ausgang der Rhein-Neckar-Arena entgegen. Und so, wie seine Worte leiser wurden mit jedem Schritt, den er sich von seinen Zuhörern entfernte, so schien sich auch jene Hoffnung zu verflüchtigen, die er eigentlich zum Ausdruck bringen wollte. Wie ein Echo, das irgendwann nicht mehr nachhallt.

Es ist derzeit offenbar nicht besonders leicht, Mario Gomez zu sein. Jedenfalls gilt das für den Angreifer Mario Gomez, der beim FC Bayern gerade ein Dasein als Profi für die eher unwichtigen Spiele fristet. Gewiss, er hat am Sonntag beim 1:0 (1:0)-Auswärtssieg der Münchner beim Tabellenvorletzten TSG 1899 Hoffenheim das entscheidende Tor erzielt (38.). Und doch ahnt der Profi, dass ihm sein sechstes Erfolgserlebnis der laufenden Bundesligasaison nicht dabei helfen wird, in seine alte Rolle als erste Kraft im Angriff zurückzukehren. Ob es mehr als ein Tor gewesen sei, wurde er gefragt.

"Ein Tor - und abgehakt", antwortete Gomez knapp und darum bemüht, den geringsten Anflug eines schnippischen Untertons zu vermeiden. Der Vorsprung des Tabellenführers aus München beträgt 17 Punkte, der Meistertitel ist so gut wie sicher. Da darf auch schon mal der Ersatztorwart Tom Starke sein Ligadebüt für die Bayern geben. Das sagt auch viel über Gomez' Situation.

Eine Forderung kommt ihm aber nicht über die Lippen. Die Position vor ihm, das weiß Gomez, hat Mandzukic ziemlich unverrückbar inne. Der Kroate darf in jenen Spielen von Beginn an auflaufen, die als besonders wichtig erachtet werden. Er ist dann auch wegen seiner Qualität als nimmermüder Störenfried in vorderster Reihe gefragt. Mandzukic läuft mehr, ist häufiger am Ball und ist in den Zweikämpfen erfolgreicher, vor allem in den defensiven, wie jüngst im Pokal-Viertelfinale gegen Borussia Dortmund oder in der Champions League gegen Arsenal aus London. Gomez hat zuletzt gegen Werder Bremen und nun in Hoffenheim von Beginn an gespielt.

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Bayerns Mittelfeldorganisator entdeckt seine Freistoßqualitäten und trifft erst die Latte, dann den Pfosten. Mario Gomez geizt mit seinen Ballkontakten, nur Franck Ribéry verzichtet auf die allseits beliebten Tiernummern. Die Bayern beim 1:0 gegen Hoffenheim in der Einzelkritik.

Aus dem Stadion von Maik Rosner

Trainer Jupp Heynckes betont immer wieder, dass er keine Stammformation habe, keine A-Elf also und folglich auch keine B-Elf. Aber es ist trotz der Rotation unverkennbar, dass Gomez in den bedeutenden Spielen Mandzukic den Vortritt lassen muss. Mandzukic ist der Mann für die A-Spiele, Gomez für die mit dem B davor. Daran ändert auch das Sternchen hinter seinem 133. Ligatreffer vom Sonntag nichts.

Das Sternchen besagt, dass Gomez Giovane Élber eingeholt hat, dafür aber statt 260 nur 227 Spiele benötigt hat. Der Brasilianer war einst ebenfalls vom VfB Stuttgart zum FC Bayern übergelaufen und dort zum Publikumsliebling aufgestiegen. Unter anderem hielt er lange den Rekord als erfolgreichster ausländischer Torschütze der Liga.

Élber stand eigentlich nie im Verdacht, in eine ähnliche Rolle hineinzurutschen wie nun Gomez. Erst als die Bayern Roy Makaay von Deportivo La Coruña kurz vor Beginn der Saison 2003/2004 für knapp 20 Millionen Euro verpflichteten, schlug Élber so schnell wie fluchtartig die Gegenrichtung ein und wechselte zu Olympique Lyon. Er war damals allerdings auch schon 31 Jahre alt und wusste offenbar, was die Zeit geschlagen hat. Gomez ist erst 27 Jahre alt.

Sein Vertrag bei den Münchnern läuft noch bis 2016, und sein Berater Uli Ferber hat einem Wechsel im Sommer schon eine Absage erteilt. Doch auch bei Gomez spürt man, dass er der Lage bei den Bayern misstraut. Von den Verantwortlichen in München hatte er sich zuletzt ein klares Bekenntnis gewünscht, im Zuge der Spekulationen und dünnen Verlautbarungen zum umworbenden Dortmunder Angreifer Robert Lewandowski. Das aber war ausgeblieben.

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Dortmunds Trainer Jürgen Klopp entschuldigt sich bei den Bayern für seine Kopier-Vorwürfe, Schalkes Julian Draxler macht in Wolfsburg ein Riesenspiel und setzt sich hohe Ziele und Manuel Neuer lernt in Hoffenheim ein völlig neues Gefühl kennen. Armin Veh hat ganz andere Probleme: Er fühlt sich zu alt.

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Am Sonntag gab Heynckes zwischen den Zeilen zu erkennen, dass sich an der Situation des deutschen Nationalstürmers vorerst kaum etwas ändern dürfte. "Er hat jetzt sechs Saisontore und ganz wenig gespielt. Es ist natürlich auch nicht so ganz einfach nach Mittwoch, was so ein Highlightspiel war, in die Mannschaft zu kommen und zu glänzen", sagte Heynckes, "aber Mario ist ein Mann, der nicht nur Torgefahr ausstrahlt, sondern immer für ein Tor gut ist, für ein entscheidendes Tor."

Heynckes hat recht lange nach Worten gesucht und eine Pause mit einem ausgedehnten Äh gefüllt, als er über Gomez und dessen Situation sprach. Heraus kam das erkennbare Bemühen, seinen Angreifer nicht zu entmutigen - verbunden mit einer unausgesprochenen, aber unmissverständlichen Botschaft. "Er war sehr lange verletzt, wie auch Arjen Robben", sagte Heynckes, "deswegen denke ich nicht, dass die Spieler schlechter sind."

Robben, am vergangenen Mittwoch im Pokalviertelfinale gegen Dortmund noch als Ersatz für den gesperrten Franck Ribéry und als umjubelter Torschütze zum 1:0-Erfolg in Erscheinung getreten, fehlte in Hoffenheim wegen einer Oberschenkelverhärtung, wie es hieß. Auch er ist auf seiner rechten Außenbahn hinter Thomas Müller derzeit eher ein Mann für die B-Spiele, wenn nicht gerade jemand in einem A-Spiel verletzt oder gesperrt fehlt. Immerhin darf sich Robben als erster Ergänzungspieler fühlen.

Heynckes hat dann noch weiter gesprochen über seine prominenten Profis mit dem derzeit eher unschönen Dasein. Wenn er ihnen Spielpraxis einräume, sei das keine Belohnung für ihre Geduld, "sondern ich sehe, wie sie trainieren", sagte Heynckes. Alle Beteiligten ahnen, dass sie das Thema bis zum Saisonende begleiten wird.

Es gibt jetzt einige B-Spiele, doch am Ende wollen die Akteure bei den prägenden Partien in Pokal und Champions League dabei sein. Offensichtlich sind nicht die Bundesliga-Stadien sondern die Trainingsplätze die Orte, um sich für Spielzeit zu empfehlen. Das wissen nun spätestens seit Heynckes' Aussagen vom Sonntag alle.

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