DFB-Team im Umbruch:Weltmeister nicht mehr geschützt

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"Ich bin Weltmeister geworden, das kann mir keiner mehr nehmen": Lukas Podolski. (Foto: AP)
  • Bundestrainer Joachim Löw deutet nach dem 7:0 gegen Gibraltar einen personellen Umbruch für die kommende Saison an.
  • Lob für Herrmann, Rüdiger und Hector und Aussichten für U21-Spieler.
  • Für einige etablierte Kräfte wie Lukas Podolski wird es eng.
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Von Maik Rosner, Faro

Freudig haben sie hinterher alle gesprochen, jedenfalls, als es um das Thema Urlaub ging. Direkt hineinschlüpfen oder wieder zurückwechseln in die Badeshorts können allerdings die wenigsten Nationalspieler nach dem EM-Qualifikationsspiel in Faro gegen Gibraltar. Nach dem 7:0 (1:0) gegen den Fußball-Zwerg am Samstagabend steht für große Teile der deutschen Reisegesellschaft noch ein Anschlusskick an diesem Sonntagnachmittag in Stuttgart an, ein von Sami Khedira arrangiertes Benefizspiel, für das neben Kollegen wie Jérôme Boateng und Lukas Podolski auch Bundestrainer Joachim Löw und Teammanager Oliver Bierhoff als Feldspieler eingeplant sind.

Khedira könne nun "mal für einen Tag mein Trainer sein. Wie lange ich durchhalte auf dem großen Feld, weiß ich auch nicht so richtig", hat Löw gewitzelt, "vielleicht erlöst er mich nach 45 Minuten."

Danach wird sich der 55-Jährige für ein paar Wochen eher dem entspannten Zeitvertreib widmen und den Fußball zurückstellen, einmal abgesehen von der U21-EM in Tschechien, zu der er seinem Assistenten Thomas Schneider im weiteren Turnierverlauf nachreisen wird, um ein paar Spieler zu beobachten, die dann auf dem Weg zur EM der Großen 2016 in Frankreich in der A-Nationalelf eine Rolle spielen könnten. Ende Juli, so hat es Löw angekündigt, werde er sich mit seinem Stab zusammensetzen und abschließend beraten, "wo wir die Schwerpunkte setzen wollen im letzten Jahr vor der EM, personell, fußballerisch, technisch, inhaltlich", wie er sagte. Zum Lernziel erhoben hat er dabei die Spieleröffnung, das Umschaltspiel und das Spiel im letzten Drittel samt Abschluss zu verbessern.

Das anfangs sehr schleppend und erst in der zweiten Halbzeit standesgemäße 7:0 (1:0) gegen Gibraltar wird bis dahin ebenso längst vergessen sein wie die Nagelfeileinlage Löws auf der Bank während des zweiten Durchgangs. Das war ja eine durchaus spannende Szene gewesen, nachdem es in der ersten Halbzeit neben erstaunlich vielen Chancen für die halbprofessionellen Kicker vom Affenfelsen nur André Schürrles 1:0 (28.) zu bestaunen gegeben hatte. "Was wir an Chancen ausgelassen haben, war an der Grenze zur Arroganz", befand Löw durchaus verärgert.

Erst in der besseren zweiten Halbzeit geriet die Partie durch die weiteren Tore von Max Kruse (47./81.), Ilkay Gündogan (51.), Karim Bellarabi (57.) und erneut Schürrle (65./71.) zu jenem deutlichen Saisonabschluss, den sich Löw über die gesamte Spieldauer gewünscht hatte. "Wir haben nicht die Souveränität gehabt wie die Jahre zuvor", bilanzierte der Bundestrainer übergeordnet das Post-WM-Jahr, "aber ich bin überzeugt, dass die Mannschaft nach der Pause in die Spur kommt." Nach dem Urlaub also.

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:"An der Grenze zur Arroganz"

Bundestrainer Joachim Löw wird in der Pause etwas lauter, Bastian Schweinsteiger ist nach seinem Fehlschuss selbstkritisch. Und Gibraltars Trainer hadert mit der Chancenverwertung.

Welche Gruppe er im Herbst für die entscheidenden EM-Qualifkationsauftritte gegen Polen sowie in Schottland und Irland zusammenstellen wird, ist eine der spannenden Fragen, die Löw mit in den Urlaub genommen hat. Angedeutet hat er bereits, dass es zu Veränderungen kommt. Das gilt bei den Torhütern hinter der Nummer eins Manuel Neuer ebenso wie für die Feldspieler in seiner Belegschaft. Neuers diesmal eingeladene Vertreter Roman Weidenfeller und Ron-Robert Zieler können sich genauso wenig sicher sein, weiterhin berufen zu werden, wie beispielsweise Lukas Podolski, der sich nach seinem Abstecher zu Inter Mailand nach Lage der Dinge nun wieder auf seine wenig vergnügliche Rolle als Bankangestellter des FC Arsenal einstellen muss. Und da Löw seine jungen Spieler auffallend lobte, muss er seine Treue zu verdienten Nationalkickern beinahe zwangsläufig überdenken.

"Patrick Herrmann war in der ersten Halbzeit gegen die USA sehr gut, Antonio Rüdiger in seinem ersten Spiel als Innenverteidiger auch. In beiden Spielen absolut zufrieden war ich mit Jonas Hector. Er spielt sachlich, einfach, ohne Fehler und macht es taktisch sehr gut", sagte Löw. Jedes Lob für die noch recht neuen Kräfte verengt auch den Platz im Kader für langjährige Mitglieder der Nationalelf. Aktuell habe man aber "nicht den Druck, endgültige Entscheidungen zu treffen. Das passiert erst vor der EM. Klar ist aber die Zielsetzung, dass wir einige junge Spieler heranführen wollen", erklärte Löw.

Dass der Bundestrainer an eine ähnliche Situation vor fünf, sechs Jahren erinnert hat, war zumindest ein Hinweis darauf, wie er sich den moderaten Umbau seiner Auswahl nun vorstellt. "2009 hat die U21 eine starke EM gespielt und bei der WM 2010 waren dann sechs Spieler aus diesem Team dabei. Das zeigt, dass wir in der Lage sind, junge Spieler einzubauen", sagte Löw.

Übers Knie gebrochen werden soll dabei natürlich nichts, man sehe das "mittelfristig, wir haben einige Spieler, die 30 und darüber sind", sagte Löw. Doch neben den von ihm bereits genannten U21-Torhütern Marc-André ter Stegen, Bernd Leno und Timo Horn dürfen sich auch einige Feldspieler Hoffnungen machen, künftig für die A-Nationelf berufen zu werden, wie beispielsweise Kevin Volland. Der spielt bei 1899 Hoffenheim seit Jahren auf einem beachtlich konstanten Niveau auf der linken Offensivseite. Und vor allem steht er regelmäßig in der Startelf.

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Damit unterscheidet sich in gleich mehreren Punkten durchaus markant von Podolski. Und der 30-Jährige weiß durchaus, dass es eng werden könnte für ihn. "Dass es nicht optimal war, ist ja bekannt", hat Podolski sein Jahr nach der WM auf seine Weise bilanziert, dabei aber auch auf einen Vorsprung gegenüber den jungen Spielern verwiesen: "Ich bin Weltmeister geworden, das kann mir keiner mehr nehmen." Seinen Kaderplatz künftig allerdings schon.

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