Die DFB-Elf in der Einzelkritik:Mal mehr, mal weniger im Urlaub

Bastian Schweinsteiger wird korrekt ausgesprochen, Max Cruise trifft direkt nach seiner Einwechslung, Roman Weidenfeller hechtet überraschend oft und Jonas Hector kann in den Ferien an seiner Po-Stopp-Technik feilen.

Von Christof Kneer

1 / 12

Roman Weidenfeller

Germany - Training & Press Conference

Quelle: Bongarts/Getty Images

Bestritt laut gut informierten Kreisen zwei A-Länderspiele auf einmal: sein erstes Pflichtspiel und sein letztes überhaupt. War vor dem Spiel vom Bundestrainer auf verdächtige Weise gelobt worden, "Roman war ein sehr wichtiger Spieler", sagte Joachim Löw. In der neuen Saison sollen die U21-Torhüter Marc-André ter Stegen und Bernd Leno wichtige Spieler bei Löw werden, während Weidenfellers Wichtigkeit selbst in Dortmund zunehmend in Frage gestellt wird. Warb in der fünften Minute mit einem wunderschönen Flug für sich. Allerdings flog der Ball auch, und zwar vorbei. Erste Hechtparade nach 18 Minuten, aber den Schuss von Priestley hätten auch ter Stegen, Leno, Zieler und vielleicht sogar Andy Köpke gehalten. Payas' Freistoß war etwas schwerer zu halten (22.), und richtig cool war der Reflex gegen Gosling (30.). Der war nämlich völlig frei. Falls es sein letztes Länderspiel gewesen sein sollte, durfte Weidenfeller immerhin viel mehr arbeiten als geplant.

2 / 12

Jérôme Boateng

Deutschland - Gibraltar

Quelle: dpa

War einer von zwei echten Defensivspielern in der Startaufstellung. Der zweite stand hinter ihm und trug ein Torwarttrikot. Wurde in der dritten Minute erstmals gefordert, als er bei einer geradezu konterartigen Szene einem gegnerischen Angreifer namens Adam Priestley den Ball abluchste. Stand bei Goslings monströs großer Ausgleichschance allerdings viel zu weit weg (31.). Litt darunter, dass vor ihm fast nur Offensivspieler standen. Wurde nach der Pause selbst zum Offensivspieler, leitete das 2:0 mit einem langen Ball ein. (Archivbild)

3 / 12

Sebastian Rudy

Germany's Sebastian Rudy tries to control the ball next to Gibraltar's Kyle Casciaro during their Euro 2016 qualifying soccer match at Algarve stadium in Faro, Portugal

Quelle: REUTERS

Spielt in Hoffenheim meistens im Mittelfeld und selten rechter Verteidiger wie normalerweise bei Joachim Löw. Was er nie spielt: rechter Außen-Innenverteidiger in einer Dreierkette - wie an diesem Abend, an dem Löw beschlossen hatte, auf Defensivspieler fast gänzlich zu verzichten. Fremdelte zunächst in der neuen Rolle. Sollte mithelfen, von hinten gepflegt aufzubauen, leistete sich allerdings auch ein paar gepflegte Ballverluste. Nach der Pause besser im Spiel, aber das war keine große Kunst.

4 / 12

Jonas Hector

548742467

Quelle: AFP

Spielt in Köln normalerweise linker Verteidiger. Was er nie spielt: linker Außen-Innenverteidiger in einer Dreierkette - wie an diesem Abend, an dem Löw beschlossen hatte. . . siehe Rudy. Allerdings weist Hector in dieser ungewohnten Rolle deutlich mehr Erfahrung auf als Sebastian Rudy: Hector spielte diese Rolle für einige Minuten schon beim Hinspiel in Nürnberg. Durfte einige Male seriös seine in Köln geschulten Defensivqualitäten einbringen, stand bei Goslings monströs großer Ausgleichschance allerdings ebenfalls viel zu weit weg (31.). Extra-Punkt für die Aktion in der 72. Minute: Da stoppte er einen Pass mit dem Po.

5 / 12

Bastian Schweinsteiger

Gibraltar v Germany - UEFA EURO 2016 Qualifier

Quelle: Alexander Hassenstein/Getty Images

Profitierte von seinem Weltmeisterbonus. Der Stadionsprecher nannte ihn nicht "Schweinzigger" oder "E-swajne-steiger", überhaupt entschied er sich für keine der im Ausland gängigen Varianten. Er sagte tatsächlich, und fast akzentfrei: Schweinsteiger. Hätte dieses Kunststück zwecks Verlesung eines Tores nach zehn Minuten beinahe nochmal vorführen dürfen, aber Schweinsteigers Elfmeter kam ebenso direkt aus dem Urlaub wie der ganze Kerl. Nach der Pause zwar chefmäßiger Ballverteiler, aber von weit, weit hinten, als Libero vor der Abwehr. Prägende Aktionen hat er sich womöglich für die neue Saison aufgehoben.

6 / 12

Ilkay Gündoğan

EM-Qualifikation Gibraltar - Deutschland

Quelle: Arne Dedert/dpa

Diesmal nicht als Doppelsechser aufgeboten, sondern eher als Doppelacht oder Doppelzehn, neben und hinter Özil. Löw war der Meinung, dass ein Sechser (Schweinsteiger) ebenso reicht wie ein Verteidiger (Boateng) und ein Torwart. Verzettelte sich in der ersten Hälfte wie Neben- und Vordermann Özil gerne in Klein-Klein-Aktionen, die ästhetisch wertvoll waren, aber irgendwann am dritten oder vierten Gegenspieler endeten. Zeigte ein paar Schüsse, die eher Schüsslein waren. Vernachlässigte dabei seine defensiven Aufgaben, die ihn offenbar ebenso überraschten wie den Bundestrainer. Schütze des 3:0, bei dem er sich vorher planvoll anschießen ließ. Durfte nach 67 Minuten in die Ferien, in denen er sich einen Verein suchen muss.

7 / 12

Patrick Herrmann

Gibraltar v Germany - UEFA EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Der Gladbacher Neuling blieb aus zwei Gründen in Team: weil er beim Debüt gegen die USA überzeugt hatte - und weil Löw gegen Gibraltar alle jene Spieler aufstellte, die am Ende einer langen Saison noch Tempo und Dynamik versprechen. Tauschte nach 20 Minuten mit Bellarabi hoch dynamisch die Seiten, hatte dort aber genauso viele Gegenspieler gegen sich. Kam auf beiden Seiten selten durch, hätte aber mit einem Großchancen-Doppelpack kurz vor der Pause (44., 45.) ein Halbzeitergebnis herausholen können, das theoretisch standesgemäß gewesen wäre - praktisch aber zu diesem Zeitpunkt schmeichelhaft. Räumte später das Feld für Podolski, kann die Pause gut gebrauchen: Herrmann muss mit Gladbach nächste Saison Champions League spielen.

8 / 12

Mesut Özil

Gibraltar v Germany - UEFA EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Sein Fuß sollte jene Lücken aufspüren, die es gar nicht gibt. Sein Fuß spielte dann auch viele Bälle, aber die Lücken fand er zumindest anfangs gar nicht. Hatte ab und zu mal die richtige Idee, die Ausführung derselben geriet allerdings oft zu fahrig - gerade so, als sei es Mitte Juni, und die Spieler kämen für diesen Kick kurz mal aus dem Urlaub zurück. Vergab in der 44. Minute eine echte Özil-Chance: Er schob statt zu schießen, was Joachim Löw vor lauter Ärger fast in die Kabine trieb. Er lief schon ein paar Schritte, kehrte aber doch rechtzeitig zurück. Özil hatte dann in der 47. Minute eine hübsche Idee, die sogar klappte: Gab die Vorlage zum 2:0. Auch das 4:0 und 6:0 legte er gegen allmählich ermüdende Gegner vor.

9 / 12

André Schürrle

548742467

Quelle: Francisco Leong/AFP

Weil beide Flügel schon besetzt waren (siehe auch unter: Tempo und Dynamik am Ende einer langen Saison) brachte Löw ihn als zweiten Stürmer. Machte seiner Rückennummer "9" sogar ein bisschen Ehre, indem ihm der Führungstreffer gelang. In der ungefährlichsten ersten Hälfte torgefährlichster Deutscher. Und nach der Pause sowieso.

10 / 12

Mario Götze

Gibraltar v Germany - UEFA EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Hatte als Mittelstürmer meistens so vier, fünf Gegenspieler gegen sich. Entzog sich der Vier-, Fünffachbewachung durch Ausweichmanöver ins Mittelfeld, was nicht sehr kollegial war, weil dann Schürrle die vier, fünf Gegenspieler abbekam - ausgerechnet jener Mann, dessen Vorlage er sein Siegtor im WM-Finale zu verdanken hat. Musste nach 35 Minuten angeschlagen vom Platz.

11 / 12

Karim Bellarabi

Gibraltar v Germany - UEFA EURO 2016 Qualifier

Quelle: Bongarts/Getty Images

Für ihn galt, was für Herrmann galt: Von ihm versprach sich Löw am Ende einer langen Saison noch Tempo und Dynamik. Wurde wie Herrmann oft gesucht, aber wie der Kollege vom anderen Flügel zog er zu oft nach innen, wo schon etwa 50 Weiße und mindestens 100 Rote standen. Seine Läufe brachten in der ersten Hälfte noch am meisten Gefahr, sein Spiel sah am wenigsten nach Urlaub aus. Blieb präsent und motiviert und durfte deshalb vor dem Urlaub verdientermaßen noch das 4:0 schießen.

12 / 12

Max Kruse, Lukas Podolski und Sami Khedira

Max Kruse

Quelle: AP

Kam früh für Götze, wurde vom Stadionsprecher als "Mäx Cruise" begrüßt. Sehr cooler Name, der allerdings in der 46. Minute nicht verlesen wurde, weil der Besitzer des Namens frei vor dem Tor drüber schoss. Aber dann, in der 47. Minute: das 2:0 durch Mäx Cruise. Gab auch die Vorlage zum 3:0, aber Vorlagen werden leider nicht verlesen. Das 7:0 erzielte Mäx Cruise sogar volley.

Lukas Podolski kam für Herrmann und heißt laut Stadionsprecher "Lukas Podolski". Weltmeister- und Karrierebonus. Bestritt sein 800. oder 900. Länderspiel. Sami Khedira kam für Gündogan, wurde ebenfalls korrekt ausgesprochen. So spielte er auch.

© sz.de
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: