Deutschlands 82:89 gegen Italien:Schon die zweite herzzerreißende Niederlage

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Große Enttäuschung: Dirk Nowitzki verliert mit der deutschen Mannschaft gegen Italien erst nach Verlängerung (Foto: AFP)
  • Die deutsche Mannschaft verliert bei der EM gegen Italien nach Verlängerung und muss nun um das Achtelfinale bangen.
  • Bester Werfer ist Dennis Schröder, der allerdings abermals sehr eigensinnig agiert.
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Von Joachim Mölter, Berlin

Dirk Nowitzki ließ den Kopf hängen, als er am Mittwochabend aus der Arena am Berliner Ostbahnhof schlich; Dennis Schröder humpelte geknickt hinterher. Die Führungsfiguren der deutschen Basketballer demonstrierten, wie niederschmetternd das 82:89 (76:76, 42:42) gegen Italien gewesen war, der dritte Rückschlag im vierten Spiel der EM-Vorrunde und die zweite herzzerreißende Niederlage. Am Sonntag hatten sie durch einen Korb 0,9 Sekunden vor Schluss gegen Serbien verloren (66:68); nun unterlagen sie erst in letzter Minute der Verlängerung. Die junge Auswahl des Deutschen Basketball Bundes (DBB) wird in diesen EM-Tagen schwer geprüft. Und der letzte Härtetest kommt erst noch: gegen Spanien am Donnerstag (17.45 Uhr/ARD). Für das angestrebte EM-Ziel, die Finalrunde in Lille/Frankreich, war die Partie gegen Italien ja nicht entscheidend; dafür ist ein Sieg über den Olympia-Zweiten Spanien zwingend erforderlich. "Das ist wie ein siebtes Playoff-Spiel", sagte Nowitzki, der im Laufe seiner NBA-Karriere bei den Dallas Mavericks Erfahrung in solchen Partien gesammelt hat: "Du musst gewinnen oder du bist raus." Am Mittwoch war es eher darum gegangen, das Fernsehpublikum nicht noch einmal so zu verschrecken wie tags zuvor beim 75:80 gegen die Türkei. Da war die Spannung nach einem leblosen Start bereits nach dem ersten Viertel raus (11:31), die letzte Hoffnung spätestens nach dem dritten dahin (43:60) - und die Einschaltquote entsprechend niedrig. Nur 1,05 Millionen Zuschauer sahen sich das Debakel an, eine Quote von 5,7 Prozent. Nur bei der Wissenschaftssendung "Das Waisenhaus für wilde Tiere" hatte die ARD an diesem Tag eine geringere Quote. Für die Wiedergutmachung hatte Bundestrainer Chris Fleming gegen Italien seine Startformation umgestellt: Der zuvor kaum eingesetzte Karsten Tadda rückte positionsgetreu für Shooting Guard Anton Gavel in die erste Fünf, der Flügelspieler Robin Benzing für den Center Tibor Pleiß; dadurch war Nowitzki mit seinen 2,13 Meter der größte Deutsche auf dem Parkett. Die Absicht dahinter war klar: Nowitzki sollte von der Abwehrarbeit gegen den Power Forward Danilo Gallinari befreit werden, Italiens besten Werfer, und sich stattdessen um Center Andrea Bargnani kümmern. Und der flinke Tadda sollte Mario Bellini nicht ins Spiel kommen lassen, den zweitbesten Werfer der Azzurri. Die hatten mit Tadda offenbar überhaupt nicht gerechnet, denn der durfte am Anfang zweimal ungehindert zum Korb ziehen und punkten. Auch sonst zahlte sich Flemings Umstellung aus. Das Team um die in der nordamerikanischen Profiliga NBA beschäftigten Gallinari (Denver), Belinelli (Sacramento) und Bargnani (Brooklyn), das am Dienstag beim 105:98 gegen Spanien noch mit einer lehrbuchartigen Wurf-Gala überrascht hatte, tat sich vor 13050 Zuschauern schwer, seinen Rhythmus zu finden. So verschafften sich die deutschen Basketballer einen Vorsprung (15:7/6. Minute) und verteidigten ihn bis zur Pause mit einer Intensität, die man gern auch gegen die Türken gesehen hätte. Erst mit der Halbzeitsirene glichen die Italiener zum 42:42 aus. Die zweite Hälfte begann also wieder bei Null, mit der selben Formation und gleichem Verlauf: Die Deutschen legten vor (54:45/25.) und zehrten davon. Weil die Flügelmänner Nowitzki, Benzing und Alex King aber früh mit vier Fouls belastet waren und sich bei der Abwehr von Gallinari (25 Punkte) und Bargnani (17) zurückhielten, reichte es aber nicht bis zum Ende. Als Belinelli (17) in Schwung kam, geriet die Führung ins Wackeln (63:63/33.), sie kippte (68:69/35.), sie pendelte hin und her, bis sie beim 76:76 zum Stillstand kam. Es ging in die Verlängerung. Die Deutschen haderten nachher mit einigen Schiedsrichter-Entscheidungen in der Schlussphase, aber auch mit sich selbst. So vergab Schröder erst einen Freiwurf und dann einen Korbleger, was Fleming zu vorsichtiger Kritik veranlasste: "Wenn er seine beiden Freiwürfe trifft, ist das Spiel erledigt." Und: "Als Team brauchen wir in der Schlussphase mehr Ballbewegung." - für die ist Schröder als Spielgestalter zuständig. Der konterte: "Wir hätten nicht foulen sollen, als wir mit drei Punkten vorne lagen. Doch der Trainer wollte es so." Der 21 Jahre alte Schröder war mit 29 Punkten zwar der statistisch beste Mann, er leistete sich aber auch die meisten Ballverluste (sechs) und traf bisweilen die falschen Entscheidungen. So hätte er die starken Tibor Pleiß (zehn Punkte) und Paul Zipser (elf Punkte, acht Rebounds) häufiger in Szene setzen können und den Altmeister Nowitzki auch.

Mit seinem ersten Korb an diesem Abend, zum 29:22 (14.), war der 37-Jährige am Griechen Nikos Galis vorbeigezogen auf Platz zwei der ewigen EM-Korbjägerliste; mit den 14 Zählern, die er insgesamt erzielte, stockte er sein Konto auf 1042 auf. Zudem war er mit zehn Rebounds bester Ballfänger der Partie. Über solche individuellen Resultate freut sich der Würzburger aber nur, wenn auch das Mannschaftsergebnis stimmt.

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© SZ vom 10.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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