Bundesliga:Mats Hummels - der Spieler, den es eigentlich gar nicht geben darf

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Mats Hummels: Dortmunder Fußballspieler aus München. (Foto: dpa)

BVB oder FC Bayern? Er ahnt, dass seine Entscheidung den Fußball im Land verändern könnte.

Von Christof Kneer

Mats Hummels sah natürlich wieder umwerfend aus. Zum dunklen Anzug trug er eine Frisur, der es gelang, zu gleichen Teilen festlich und verwegen auszusehen. Hummels ist von Beruf Fußballprofi, aber an diesem Abend in Berlin wirkte das wie ein groteskes Versehen. Im November 2014 flanierte Hummels dermaßen versiert über den roten Teppich auf dem Potsdamer Platz, dass man ihn ganz dringend für einen Filmstar halten musste.

Hummels hielt da und dort an, er schrieb Autogramme oder ließ Selfies mit überwiegend weiblichen Handtelefonbesitzern über sich ergehen. Dann endlich hatte er den Eingang des prächtigen Kinobaus erreicht, in dem gleich die Premiere des WM-Films "Die Mannschaft" zur Aufführung kommen würde.

Hummels zögerte allerdings, sich per Rolltreppe in den ersten Stock chauffieren zu lassen, er drehte sich um und wartete, bis seine Begleitung endlich nachkam. Seine Freundin Cathy Fischer musste in ihrer nicht zu unterschätzenden Eigenschaft als Modekolumnistin und Videoblog-Betreiberin mehr Autogramme schreiben als ihr Fußballstar.

Es besteht keinerlei Zweifel daran, dass die Familie Hummels für die große Bühne taugt. Auch im Fußballtrikot strahlt Hummels, 27, ja eine Erhabenheit aus, die man nicht lernen kann. In seinen guten Momenten hat der Abwehrspieler etwas von Franz Beckenbauer, er spielt würdevolle Pässe, für die er sich nicht mal schmutzig machen muss. So gesehen ist der smarte Hummels ein sehr münchnerischer Fußballspieler, er ist eine Art Monaco Mats, und dennoch löst es in der Branche gerade erhebliche Aufregung aus, dass Hummels offenbar mit dem Gedanken spielt, zum FC Bayern überzulaufen. Er spielt ja seit Jahren beim Gegenteil des FC Bayern, bei Borussia Dortmund.

Es stehe eine schwere Entscheidung an, deshalb finde er gerade nur schwer in den Schlaf, hat Mats Hummels soeben in jener professionellen Mischung aus Kalkül und Pathos gestanden, die großen Transfers oft vorausgeht.

Das Interesse des FC Bayern an diesem Spieler ist inzwischen ebenso verbürgt wie das Interesse des Spielers am FC Bayern, aber noch ist nicht entschieden, ob Hummels nach Mario Götze und Robert Lewandowski tatsächlich Dortmunds dritter Deserteur binnen weniger Jahre wird. Eines aber ist jetzt schon sicher: dass Hummels' Wechsel eine noch größere Dimension besäße.

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In den letzten Wochen war Arturo Vidal der Spieler für die entscheidenden Momente. Doch dann flog der Bremer heran. Es folgten Schwalbe und Fragen.

Hummels ist der Spieler, den es eigentlich gar nicht geben darf. Man kann ideologisch entweder Münchner oder Dortmunder sein, beides geht nicht. Hummels ist beides. Er hat beim FC Bayern in der Nachwuchsabteilung gespielt, er ist in München aufgewachsen, und noch heute zieht es ihn gerne mal weg von seinem Haus am Dortmunder Phoenixsee heim zur Familie nach München. Gleichzeitig ist Hummels aber seit Jahren das emotionale Machtzentrum im Spiel des schärfsten Bayern-Gegners; in Dortmund haben sie ihn offiziell eingemeindet und vielleicht sogar vergessen, dass er 2008 nur zum BVB kam, weil sie in Bayerns Profi-Elf keine Verwendung für den jungen Burschen hatten.

Hummels muss sich jetzt entscheiden. Will er weiter das Gesicht des BVB sein und ab und zu mal die Stadt ärgern, in der seine Familie wohnt? Oder will er lieber gleich in diese Stadt, in der man neben einem Spielervertrag auch einen Garantieschein für tausend Titel unterzeichnet?

Hummels ahnt, dass er nicht nur eine persönliche Entscheidung zu treffen hat, sondern eine, die den Fußball im Land verändern könnte. Natürlich finden die Bayern diesen Hummels gut, aber sie sehen nach alter Tradition des Hauses auch den Kollateralnutzen, der in dieser Personalie steckt. Sie würden einem Gegner, der gerade wieder zum ernsthaften Rivalen heranwächst, mit durchaus diebischem Vergnügen seinen besten Mann entwenden.

In vier Wochen begegnen sich Dortmund und der FC Bayern im Pokalfinale. Mats Hummels, so viel steht fest, wird dann auf jeden Fall noch einmal für Dortmund auflaufen.

© SZ vom 23.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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