Bundesliga:Heidel ist kaum da und schon überall beim FC Schalke

FSV Mainz 05 - Hertha BSC

So verabschiedete sich Manager Christian Heidel bei den Fans in Mainz - in Schalke beginnt er seine Arbeit offiziell an diesem Dienstag.

(Foto: Torsten Silz/dpa)
  • Der neue Schalker Sportchef Christian Heidel beginnt seine Arbeit mit zwei markanten Personalien: Naldo kommt aus Wolfsburg, Trainer Breitenreiter muss gehen.
  • Folgt heute zu seinem Dienstbeginn mit Markus Weinzierl sein dritter Coup?

Von Philipp Selldorf, Gelsenkirchen

Kaum ein paar Stunden, nachdem die Zuständigkeit für die sportlichen Angelegenheiten von Horst Heldt an Christian Heidel übertragen wurde, meldete der FC Schalke 04 an Pfingstsonntag bereits den ersten Geschäftsabschluss des neuen Mannes. Der Verein gab bekannt, dass der Verteidiger Naldo, 33, zur neuen Saison ablösefrei nach Gelsenkirchen kommen werde. Bei vielen Einheimischen setzte sofort Wundergläubigkeit ein. Die Meisten waren sich zwar klar darüber, dass Heidel nicht morgens zum Telefon gegriffen und Naldo im Schnellverfahren zum Umzug ins Ruhrgebiet überredet hatte. Aber sie waren gern bereit, es zu glauben.

Ein Coup ist es allemal, den Heidel zum Einstand mit Naldo gelandet hat. Aufgrund einer Vertragsklausel endete das Arbeitsverhältnis des Brasilianers mit dem VfL Wolfsburg zum Saisonende, weil sich der Klub nicht für einen internationalen Wettbewerb hatte qualifizieren können. "Als wir gehört hatten, dass Naldo verfügbar ist, haben wir uns sofort um ihn bemüht", erklärte Heidel in der Mitteilung des Klubs.

Offenbar profitiert Schalke von Heidels verzweigten Branchenkontakten; Naldo wird von einer großen Berateragentur vertreten, die mehrere ehemalige Mainzer Profis (etwa Johannes Geis, Adam Szalai) zu ihren Kunden zählt. Die Schalker Offerte zog der Abwehrspieler dem Wolfsburger Angebot zur Vertragsverlängerung vor.

Schalke profitiert von Heidels Branchenkontakten

Künftig ersetzt der 33-Jährige seinen um knapp zehn Jahre jüngeren und mit 1,95 Metern um drei Zentimeter kleineren Verteidigerkollegen Joel Matip, der - ebenfalls ablösefrei - zum FC Liverpool wechselt. Das lässt den Wechsel wie maßgeschneidert aussehen. Es sei "enorm wichtig, einen so erfahrenen Spieler" für die junge Schalker Mannschaft gewonnen zu haben, betonte Heidel. Naldo war vor vier Jahren aus Bremen nach Wolfsburg gewechselt, der Transfer - von Felix Magath initiiert - drohte damals wegen Knieproblemen des Spielers zu scheitern. Insgesamt bestritt er dann aber 163 Pflichtspiele für den VfL, 40 in der just beendeten Saison.

Beim abschließenden 4:1 in Hoffenheim, der Schalke den fünften Platz und die umwegfreie Qualifikation für die Europa-League bescherte, hatte Matip noch mal eines dieser eigentümlich grazilen Soli gestartet, die er zuletzt zu einem Merkmal seiner Spielweise entwickelt hat. Dem Alleingang durchs Mittelfeld folgte ein Steilpass auf Eric Maxim Choupo-Moting, der das 2:0 erzielte.

Aber nicht Matip stand am Samstag beim plötzlich wieder wundersam versöhnlichen Abschiednehmen im Mittelpunkt, für das größte Aufsehen sorgten stattdessen Horst Heldt und André Breitenreiter, die von der Fankurve gefeiert und in rührselige Stimmung versetzt wurden. Cheftrainer Breitenreiter hatte vor dem Spiel im Sky-Interview bekannt gemacht, dass ihn Heidel während der Woche am Telefon über die Beurlaubung auf Schalke unterrichtet habe.

Bei Weinzierl geht's auch ums Geld

Formell betrachtet hatte somit der Manager von Mainz 05 den Trainer von Schalke 04 vor die Tür gesetzt - aber diese aus der speziellen Situation resultierende Skurrilität hat Breitenreiter nicht weiter thematisiert. Der Coach bescheinigte dem neuen Manager, "Wort gehalten" und sich "sehr korrekt verhalten" zu haben. Letztlich hätten "Gründe" zum Ende seines Engagements geführt, erklärte er. Der Abschluss auf dem fünften Tabellenplatz gehört nicht zu diesen Gründen. Wohl aber die Auseinandersetzung mit seiner fachlichen Arbeit und seinem persönlichen Auftreten.

Heidel will Weinzierl nicht belasten

Dass Markus Weinzierl die Nachfolge von Breitenreiter antreten soll, ist nicht nur ein seit Wochen und Monaten kursierendes Gerücht. Das ist eine Tatsache. An diesem langen Wochenende gaben die Verantwortlichen des FC Augsburg aber unverändert wenig Bereitschaft zu erkennen, sich diesem Wunsch fügen zu wollen. Zwar wissen Manager Stefan Reuter und Präsident Klaus Hoffmann seit dem Winter, dass Weinzierl trotz des bis 2019 laufenden Vertrages die Arbeit beim FCA im Sommer beenden möchte, doch es fällt ihnen offenkundig schwer, sich damit abzufinden.

Dass der Trainer und der Verein bei der Vertragsverlängerung vor einem Jahr eine mündliche Vereinbarung zur Möglichkeit eines vorzeitigen Ausstiegs getroffen hatten, ändert wenig an der emotionalen Abneigung der Augsburger, Weinzierl freizugeben.

Die Verhandlungen über die Höhe der Entschädigung, die Schalke zu leisten hat, ziehen sich daher in die Länge, zumal es Christian Heidel vermeiden möchte, dass der neue Coach durch die Zahlung einer Rekordablösesumme psychologisch belastet wird. Immer noch scheint es Brauch zu sein im deutschen Fußball, dass der Wechsel eines noch namenlosen Nachwuchsspielers sechs Millionen Euro kosten, die Aufwendung für einen Trainer aber allenfalls kleine Münze wert sein darf.

Weinzierl äußerte sich am Wochenende nicht in eigener Sache, der Fall wird jetzt von den Vertretern der beiden Parteien behandelt. Heidel dürfte um Beschleunigung bemüht sein. Am Dienstag bezieht er sein Büro mit Panoramablick auf die Schalker Trainingsplätze, das Heldt am Sonntag geräumt hat. Am Mittwochmittag stellt ihn der Verein in Gelsenkirchen vor.

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