Schalkes souveräner Sieg bei Hoffenheim:Tränen zum Abschied

Lesezeit: 3 min

Trainer André Breitenreiter verkündet vor dem 4:1 bei der TSG Hoffenheim seinen durch den neuen Manager Christian Heidel erzwungenen Abschied. Am Ende weint dessen Vorgänger Horst Heldt.

Von Philipp Selldorf, Sinsheim/München

Er werde jetzt nach Hause fahren und sich "die Hucke vollsaufen", hat Horst Heldt zum Abschied von sechs Jahren Arbeit auf Schalke verkündet. Die Sympathien der Schalke-Fans waren ihm bei diesem Unterfangen sicher - nichts anderes als Schmerz und Leid und Verzweiflung erwarten sie von einem, der ihren Klub verlassen muss. Am Ende seiner nicht immer nur fröhlichen Jahre in diesem rätselhaften Verein übermannten den scheidenden Sportvorstand Heldt die Gefühle, viel mehr, als er sich das vorher hatte vorstellen können. Die Wehmut werde wohl erst mit der Zeit kommen, hatte er am Donnerstag prophezeit, da sah er noch cool und gelassen dem Schlusstag entgegen. Auf der kleinen Ehrenrunde durch das Stadion in Hoffenheim brach er dann in Tränen aus und war untröstlich.

Heldt war in seiner Trauer nicht allein. Trainer André Breitenreiter leistete ihm auf dem Gang über den Rasen Gesellschaft. Auch er muss seinen Posten in Gelsenkirchen räumen, auch er zeigte sich ziemlich berührt. Der 4:1-Sieg seiner Mannschaft bei der TSG Hoffenheim, der Schalke den fünften Platz in der Abschlusstabelle bescherte und somit die umwegfreie Qualifikation zur Europa League, schuf beim Abschied eine halbwegs versöhnliche Atmosphäre. Breitenreiter trifft die Trennung nicht unerwartet, seit Monaten war darüber spekuliert worden, zuletzt hatten die Berichterstatter keine Fragezeichen mehr gesetzt.

Schalkes Trainer André Breitenreiter muss seinen Job aufgeben, obwohl er das sportliche Saisonziel erreicht hat. Viele Freunde hatte er im Verein nicht. (Foto: Uwe Anspach/dpa)

Breitenreiter hat sportliches Ziel erreicht

Vor zehn Tagen aber war bei ihm noch einmal Hoffnung aufgekommen, dass die ohnehin von ihm verachteten Reporter mal wieder falsch gelegen hätten. Die Gerüchte, sein möglicher Nachfolger Markus Weinzierl ziehe es vor, nach Mönchengladbach zu wechseln, ließen ihn neue Zuversicht schöpfen. Doch im Laufe dieser Woche informierte ihn Heldts Nachfolger Christian Heidel telefonisch über die Scheidung. Und sowas hat es ja auch noch nicht gegeben: Dass ein Manager, der noch für einen anderen Verein tätig ist, schon vor dem Dienstantritt im neuen Klub den dortigen Trainer vor die Tür setzt. Schalke 04 setzt wieder mal spezielle Maßstäbe.

Heidel habe sich "sehr korrekt verhalten", stellte Breitenreiter immerhin fest. Die Neuigkeit hatte der Trainer vor dem Anpfiff der Partie selbst bei Sky verkündet. Auch die Mannschaft war informiert. Es hat ihrem Leistungswillen zumindest nicht geschadet. Klaas-Jan Huntelaar und Eric-Maxim Choupo-Moting, Leroy Sané und ein Eigentor von Fabian Schär sorgten für die Schalker Treffer. Uth hatte kurz vor der Pause das Anschlusstor zum 1:2 erzielt. Just zum Abschied präsentierte die Mannschaft ihrem Trainer einen der wenigen souveränen Siege dieser Saison.

André Breitenreiter muss seinen Job aufgeben, obwohl er das sportliche Saisonziel erreicht hat. Mehr als einen Europacupplatz hatte niemand verlangt. Aber die sportliche Entwicklung unter seiner Regie war unbefriedigend. Die Mannschaft ließ Konstanz und Steigerung vermissen, zudem machte sich Breitenreiter mit seiner selbstbewussten und rigiden Art nicht viele Freunde im Verein. Seine Art der Kommunikation wurde als mittlere Katastrophe erachtet. Man traute ihm nicht zu, dass er sich ändern würde. In der Mannschaft allerdings besaß er ein paar gewichtige Fürsprecher, allen voran Torwart Ralf Fährmann, der sich die Fortsetzung der Zusammenarbeit gewünscht hatte. Nicht zuletzt diese Unterstützung bewahrte Breitenreiter in schwierigen Zeiten - etwa nach dem 0:3 in Ingolstadt - vor einem noch früheren Ende seiner Amtszeit.

Heldt gibt noch zwei Nachwuchskräften Verträge

Den Namen des Nachfolgers konnte Schalke am Samstag nicht nennen. Markus Weinzierl erklärte in Augsburg, er sei nicht in der Position, etwas Definitives zu verkünden. Die Frage der Entschädigung für den FC Augsburg scheint noch nicht geklärt zu sein, dies soll aber wohl in den nächsten Tagen geschehen. Heidel nimmt formell am Sonntag den Dienst auf. Die größte Unannehmlichkeit hat er bereits hinter sich gebracht.

Horst Heldt hat derweil in seinen letzten Tagen noch ein paar zukunftsweisende Aktivitäten auf Schalke entfaltet. Er beglaubigte durch seine Unterschrift als Sportvorstand den ersten Profivertrag des Nachwuchsspielers Joshua Bitter, 19, und veranlasste die Rückkehr des Mittelfeldspieler Robert Leipertz. Dieser hatte zuletzt zwei Jahre beim Zweitligisten FC Heidenheim gespielt und mit jeweils zehn Toren und Torvorlagen wesentlich zu dessen gelungener Saison beigetragen. Schalke holt den 23-Jährigen, der vor zwei Jahren der U-23-Elf der Gelsenkirchener angehörte, durch eine Rückkaufklausel zurück.

© SZ vom 15.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: