Borussia Dortmund:Auf jeden Fall besser als ein 1:1

Lesezeit: 3 min

Die Marco-Reus-Show beim 5:0 gegen Gladbach kaschiert ein wenig, dass Borussia Dortmund auch weiter um seine bis vor kurzem so kugelsichere Defensive ringt. Allerdings könnte der am Ende etwas zu leicht wirkende 5:0-Sieg für eine Stimmungswoge für die Champions-League-Aufgabe gegen Manchester City sorgen.

Freddie Röckenhaus

Dank dem Torschützen: Der Gala-Auftritt von Marco Reus kaschierte ein wenig die Probleme der Verteidigung um Mats Hummels (Foto: dapd)

Es schaute ein bisschen so aus, als würde sich Marco Reus nach dem Abpfiff entschuldigen: mit Umarmungen, der Reihe nach, bei einem Gladbacher nach dem anderen. Das herbe 5:0 - geschmückt durch zwei Treffern des gebürtigen Dortmunders gegen seine früheren Teamkameraden - war die weitaus höchste Niederlage, die Mönchengladbach unter Trainer Lucien Favre bislang einstecken musste. Reus, dessen Einzelaktionen die einst so bombenfeste Abwehr seines alten Klubs buchstäblich im Alleingang ausgehebelt hatte, verordnete sich selbst einen Abend der inneren Freude.

Weder nach seinem Alleingang-Treffer zum 1:0 für Borussia Dortmund, noch nach seinem "Weltklasse-Tor", so Trainer Jürgen Klopp, das das Resultat auf 3:0 schraubte, wollte der doppelte Borusse so recht in Jubel verfallen. Vorgenommen habe er sich das vorher nicht, meinte Reus, "aber es sollte Respekt ausdrücken vor meinen ehemaligen Mitspielern. Ich habe dort drei wunderbare Jahre gehabt, habe viel gelernt, habe mich weiterentwickeln dürfen. Deshalb wäre der große Jubel nicht angemessen gewesen."

Der Respekt vor der anderen Borussia hinderte Reus, der einstmals über zehn Jahre die Jugendmannschaften der Dortmunder durchlaufen hatte, allerdings nicht daran, seine früheren Kameraden zeitweise vorzuführen. Bei seinem ersten Tor, das aus der schwerfälligen Anfangsphase beim BVB als pure Einzelaktion hervorbrach, profitierte Reus zwar auch von drei eklatanten Fehlern der Gladbacher Herrmann, Brouwers und Dominguez. Aber dann schlug er mit unglaublichem Antritt und platziertem Schuss durch die Beine von Torwart Ter Stegen kaltblütig Kapital daraus.

Auch beim 3:0, nach einem Solo seines erklärten Lieblings-Mitspielers Mario Götze, überraschte Reus den Gladbacher Torwart - mit einem regelrechten Kunststoß über Ter Stegen hinweg ins lange Eck. "Damit", ulkte Klopp, "hat niemand gerechnet. Außer Marco selber." Der bestätigte: "Ich habe das im Training oft geübt, und nun hat es das erste Mal im Spiel geklappt. Und natürlich weiß ich auch, wo Marc halt normalerweise steht."

Stimmen zur Bundesliga
:"Es war nicht leicht nach dem Hype"

Armin Veh ist beeindruckt vom erneuten Comeback seiner Mannschaft. Lucien Favre ist von der Defensiv-Leistung seiner Mannschaft geschockt. Jürgen Klopp schwärmt von den "fantastischen Toren" seines Teams, Jupp Heynckes findet in der Pause deutliche Worte und Thorsten Fink feiert seinen Torhüter.

zur Bundesliga

Während Reus' früherer Trainer Favre von einer "Klatsche" sprach und seiner Mannschaft attestierte, "manchmal wie Junioren" gespielt zu haben, durfte der zuletzt kritisierte Meister Dortmund mit dem hohen Sieg Selbstbewusstsein tanken für das am Mittwoch bevorstehende Champions-League-Spiel beim englischen Meister Manchester City.

"Die letzten Ergebnisse", meinte Klopp, "waren zwar keine Katastrophen, sie wurden aber zum Teil so beschrieben." Man habe gemerkt, dass die relativ vielen Gegentore seine Mannschaft nicht unbeeindruckt gelassen hätten. Klopp selbst hatte jene sechs Gegentore in nur zwei Bundesliga-Partien (in Hamburg und Frankfurt) für nicht akzeptabel gehalten.

Eine neue, defensivere Aufstellung, beispielsweise mit den in der Startaufstellung erwarteten Sven Bender und Kevin Großkreutz, brachte Klopp trotzdem nicht. Dennoch wirkte, zumindest gegen die in den ersten Bundesliga-Runden trudelnden Gladbacher, die Balance aus Offensive und Defensive harmonischer.

"Das war ein erster Schritt", beurteilte Reus die solidere Defensivleistung. Er selbst gehört zu denen, die im schnellen Umschalten aufs defensive Fach noch erhebliche Probleme offenbaren. Könnte Reus nicht derart außergewöhnliche Offensiv-Talente in die Waagschale werfen, er hätte im System Klopp wenig Chancen auf einen Stammplatz.

Die Fußballgötter
:Klopps Freunde

Nach seinen erneuten Ausrastern an der Linie zeigt sich Dortmunds Trainer Jürgen Klopp plötzlich von seiner sanften Seite.

Guido Schröter

Deshalb lobt Klopp Reus zugleich als Weltklasse-Fußballer, beschreibt aber auch diplomatisch die Riesenschritte, mit denen er sich ans BVB-Defensivdenken anpasse. Gegen die Fehler-Kapriolen seiner früheren Gladbacher nahm sich das bisweilen nachlässige Defensivverhalten von Reus ohnehin harmlos aus. "Nach dem 3:0 haben wir ganz vergessen, zu verteidigen", klagte Lucien Favre: "Wir müssen jetzt arbeiten, arbeiten, arbeiten."

Angesichts des Resultats wirkte es fast skurril, dass Dortmund sogar ohne seinen Torjäger Robert Lewandowski antrat, dem Klopp vor dem Spiel in Manchester eine kreative Pause verordnete. Dem Vertreter des Polen, Julian Schieber, gelang wenig. Aber Jakub "Kuba" Blaszczykowski legte zweimal für Neven Subotic und Ilkay Gündogan auf. Gündogan revanchierte sich vor dem 5:0 bei Kuba für dessen Vorlage.

Um den manchmal etwas verloren wirkenden Schieber herum wuselte es - vor allem in der zweiten Halbzeit - in Dortmunds Mittelfeld schon wieder so, wie in der vergangenen Meister-Saison. Bei Dortmund könnte der am Ende etwas zu leicht wirkende 5:0-Sieg für eine Stimmungswoge für die Champions-League-Aufgabe sorgen. "Das", fand Reus, "ist auf jeden Fall besser, als wenn wir 1:1 gespielt hätten."

Stimmen zur Bundesliga
:"Es war nicht leicht nach dem Hype"

Armin Veh ist beeindruckt vom erneuten Comeback seiner Mannschaft. Lucien Favre ist von der Defensiv-Leistung seiner Mannschaft geschockt. Jürgen Klopp schwärmt von den "fantastischen Toren" seines Teams, Jupp Heynckes findet in der Pause deutliche Worte und Thorsten Fink feiert seinen Torhüter.

zur Bundesliga

Die Marco-Reus-Show kaschierte aber auch ein wenig, dass Gladbach auch nach 90 Minuten mehr Zweikämpfe gewonnen hatte als der BVB und zwei- oder dreimal hätte in Führung gehen können. Möglich, dass das nur die Nachwirkungen der zuvor so vielen Gegentore waren.

Wahrscheinlicher ist aber, dass Dortmund auch weiter um seine bis vor kurzem so kugelsichere Defensive ringt. Beim englischen Meister darf man beim BVB deshalb noch mehr Bekenntnis zur Verteidigung erwarten. Mit Perisic und Leitner hatte Klopp gegen die Gladbacher bereits zwei seiner Künstler aus dem Verkehr gezogen.

© SZ vom 24.09.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: