Bayern gewinnt in Zürich:Im Schongang in die Gruppenphase

Lesezeit: 3 min

Ungefährdet und ohne größere Anstrengung erreicht der FC Bayern die Hauptrunde der Champions League. Ein frühes Tor zum 1:0 beschert den Münchnern in Zürich letztlich einen entspannten Abend - und die Aussicht auf sportliche Großtaten in Europa. Einzig die Verletzungen des nicht eingesetzten Arjen Robben und von Mario Gomez bereiten ein wenig Sorgen.

Moritz Kielbassa, Zürich

Der FC Bayern sah sich im Champions-League-Playoff am Dienstag in Zürich nur auf der Durchreise, das Selbstverständnis des deutschen Rekordmeisters ist ein Stammplatz unter den "Top Ten" in Europa. Ein Ausscheiden beim Außenseiter FC Zürich erschien zwar so wahrscheinlich wie ein nationales Schließfach-Verbot in der Schweiz, dennoch hatte Uli Hoeneß diese Möglichkeit tags zuvor, bei einem Charity-Golfturnier in Davos, als "Katastrophe" bezeichnet.

Bastian Schweinsteiger hätte in dieser Szene sogar noch das 2:0 erzielen können, doch am Ende blieb es in Zürich beim 1:0 für die Bayern.  (Foto: Bongarts/Getty Images)

Der Präsident, beim Hinspiel (2:0) noch sehr nervös in den Katakomben gesichtet, erlebte dann aber, wie erwartet, einen entspannten Hochsommer-Abend im Letzigrundstadion. Durch ein sicheres, unspektakuläres 1:0 (1:0) erwarben die Bayern die Eintrittskarte für die Hauptrunde der Champions League, deren Herbstgruppen am Donnerstag ausgelost werden. Sorgen müssen sich die Münchner eventuell um ihren Torschützen Mario Gomez. Er wurde zur Pause ausgewechselt, erste inoffizielle Diagnose: Oberschenkelverhärtung.

"Eine reine Vorsichtsmaßnahme", sagte Jupp Heynckes später, "ich bin sicher, dass er am Samstag in Kaiserslautern spielt." Zuversichtlich sei er auch bei Arjen Robben, der wegen Schwierigkeiten am Rücken und am Schambein nur auf der Bank saß, "nur für den Notfall" - der bekanntlich nicht eintrat.

Mindestens 20 Millionen Euro ist das Vorrücken für das Konto des FC Bayern wert, durch Startgelder, Prämien, Tickets und Einnahmen aus dem so genannten Marktpool der Uefa. Doch vor allem aus Image- und psychologischen Gründen hatte Hoeneß gewarnt: "Solche Spiele können eine ganze Saison verändern" - sofern man sich als Favorit blamiert. Es war ein Muss, dies zu vermeiden.

Für den weiteren Verlauf des europäischen Königs-Wettbewerbs vertreten die Bayern nun allerdings einen eher genügsamen Standpunkt. Das Heim-Endspiel 2012 in München, immer wieder als Ziel aller Sehnsüchte genannt, hält Hoeneß ebenso wie Vorstandschef Rummenigge für keine seriöse Vorgabe: "Wenn man Barcelona oder Real Madrid sieht, können wir derzeit nicht behaupten, dass wir die Champions League gewinnen", sagte er vor dem Spiel Schweizer Reportern.

In der "bestmöglichen Aufstellung", die Trainer Jupp Heynckes versprochen hatte, fehlte Flügelstürmer Arjen Robben, er saß wegen seiner Rückenprobleme auf der Bank, wohl für den Notfall. Toni Kroos rückte dafür wieder ins offensive Mittelfeld, Thomas Müller schloss rechts die Robben-Lücke. Im Zentrum löste Luiz Gustavo, wie abgesprochen, wieder Timoschtschuk ab. Eine Überraschung hingegen in der Abwehr: Rafinha wurde rechts von Mehrzweckverteidiger Jerome Boateng ersetzt, so blieb der am Wochenende in die Startelf rotierte Daniel van Buyten in der Kettenmitte.

Bayern in der Einzelkritik
:Rammböcke und Spritsparer

Manuel Neuer darf endlich sein Hemdchen dreckig machen, Daniel Van Buyten schickt seinen Doppelgänger auf den Platz, Mario Gomez gibt den Spielverderber für alle Schweizer. Und Philipp Lahm? Der denkt nur an die Verkaufszahlen seines neuen Buchs. Die Bayern beim 1:0 in Zürich in der Einzelkritik.

Carsten Eberts, Zürich

Kapitän Philipp Lahm hatte den Kollegen wegen des 2:0-Polsters aus der Vorwoche einen glasklaren Arbeitsauftrag erteilt: "Schnell ein Tor machen, dann ist Ruhe!" Kaum hatten einige unbelehrbare Bayern-Fans durch Bengalo-Feuer ihre Kurve eingenebelt, schon war Lahms Wunsch erfüllt: Nach einem ersten Züricher Warnschuss von Chermiti (5.Minute/knapp vorbei) schloss Mario Gomez, im Hinspiel noch ein Chancenvergeuder, einen schnellen Angriff zum 0:1 (7.) ab - und ja, es war Ruhe! Seine Dürreperiode zu Saisonbeginn hatte Gomez bereits vorigen Samstag beendet, die Aufregung hatte er eh nicht verstanden: "Nach zwei, drei Spielen wurde ja fast so getan, als ob ich nie mehr das Tor treffe."

Bayern in der Einzelkritik
:Rammböcke und Spritsparer

Manuel Neuer darf endlich sein Hemdchen dreckig machen, Daniel Van Buyten schickt seinen Doppelgänger auf den Platz, Mario Gomez gibt den Spielverderber für alle Schweizer. Und Philipp Lahm? Der denkt nur an die Verkaufszahlen seines neuen Buchs. Die Bayern beim 1:0 in Zürich in der Einzelkritik.

Carsten Eberts, Zürich

Diesmal setzte er den Ball trocken vorbei an FCZ-Torwart Leoni, die schöne Vorarbeit verrichteten Kroos - und Müller, der Zürichs Linksverteidiger Ricardo Rodriguez im Rücken entwischte. Den 19-Jährigen mit der Zopffrisur hat der FC Bayern offenbar als Perspektivspieler in der Beobachtung, ebenso wie den jungen Xherdan Shaqiri vom FC Basel. Nach einer scharfen Freistoßflanke von Rodriguez wurde es dann auch mal brenzlig für Manuel Neuer (23.), der sein zahnpastaweißes Torwarttrikot gegen ein textmarkergrünes gewechselt hatte.

Aber vier Tore, die Zürich nun benötigte? Diese Gefahr bestand nicht für die defensiv unter Heynckes klar stabilisierten Bayern, die weiterhin nur ein Pflichtspiel-Gegentor zu beklagen haben (0:1 in der Liga gegen Mönchengladbach).

Souverän, ökonomisch und Kräfte schonend verwalteten sie ihre Führung, auch das entspricht durchaus der neuen Trainer-Lehre. Offensiv sorgte erst eine Doppelchance für Gomez (Schuss und Kopfball), unmittelbar vor der Halbzeitpause, wieder für etwas Sehenswertes.

Für Gomez offenbar eine Szene mit Folgen, er griff sich hinten an den Oberschenkel. Ob nach Ivica Olic nun ein zweiter Mittelstürmer auszufallen droht? Zur zweiten Halbzeit ersetzte ihn Nils Petersen, die Neuerwerbung vom Zweitligisten Cottbus. Nach einem kurzen Regenguss hatte Petersen drei recht gute Möglichkeiten für sein erstes Tor im Europapokal. Auch der bemühte Franck Ribéry hatte noch das 2:0 auf dem Fuß, dann war Feierabend und Sportdirektor Christian Nerlinger konnte zufrieden resümieren: "Natürlich fällt uns allen ein großer Stein vom Herzen. Man hat den Druck gespürt, der auf dem Verein lag." Heynckes fügte hinzu: "Man weiß nie, wie solche Spiele ausgehen. Ich denke, dass wir souverän weitergekommen sind." Dann verabschiedeten sich die Münchner in die feuchte Zürcher Nacht - schließlich war die Katastrophe erfolgreich vermieden worden.

© SZ vom 24.08.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: