Skifahren in Vail:Pulver, Pulver, Pulver!

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Auf den Spuren der Pioniere: Vor knapp 50 Jahren entdeckten zwei Berg- und Skibegeisterte das riesige Schneeareal in den Rocky Mountains. Heute ist es das größte und für viele das beste Skigebiet Nordamerikas.

Sabine Reuter

"Es war der 19. März 1957" erinnert sich Pete Seibert, "eine Stunde bevor es Tag wurde". Mit seinem Kumpel Earl Eaton, dem während eines Sommerjobs am Highway 6 westlich vom Vail Pass ein namenloser Berg mit einer gewaltigen bewaldeten Nordflanke aufgefallen war, startete er eine Erkundungstour.

(Foto: Grafik: Thiessat)

"Es war die Zeit als jeder "Ski-Bump", jeder Schneepflugfahrer, jeder Skipatrol-Mann in Colorado fest daran glaubte, dass er seinen Job aufgeben, etwas Geld sammeln und ein Skigebiet eröffnen könnte, das ihn reich und berühmt macht, würde er nur den richtigen Berg mit dem richtigen Gelände und den richtigen Windverhältnissen finden." So beginnt der "Triumpf eines Traums", der Titel, den Pete Seibert für seine Memoiren gewählt hat, in denen er die Geschichte Vails schildert.

Die beiden Männer packten sich ihre 215 Zentimeter langen Ski mit den Lederriemen einer Trapper-Bindung auf den Rücken und hievten sich mit Stöcken durch den tiefen Schnee.

Sie hatten sich als begeisterte "skibumps" in Aspen kennen gelernt und es in den Fünfzigern zum Stationsmanager und Pistenkontrolleur im bescheidenen Skigebiet am Loveland Pass nahe Denver gebracht. Seit zehn Jahren waren sie auf der Suche nach dem perfekten Skiberg gewesen. Nun standen sie kurz davor.

Denn was Pete und Earl vom Tal aus nicht sehen konnten, waren die endlosen, baumlosen Schneehänge auf der Rückseite des Bergs, auf die sie nach sieben Stunden mühsamen Aufstiegs blickten.

Die weite Landschaft, die sanften Hänge der nicht endenden wollenden Hügelkette der Sawatch Range und die majestätische Silhouette of Mount of the Holy Cross - ein Traum. Die Männer schauten sich an und waren sich sicher: "Das ist es!" In Gedanken fingen sie bereits damals an, "das schönste Skigebiet der Welt zu konstruieren".

Die Anfänge waren bescheiden: Am 15. Dezember 1962 startete Vail den Liftbetrieb mit einer Gondel- und zwei Sesselbahnen sowie 500 Betten. Ein Tagesticket kostete damals fünf Dollar.

Inzwischen hat das Gebiet riesige Ausmaße angenommen. Nachdem Vail die Skistationen Beaver Creek, Breckenridge und Keystone eingemeindet hat und jetzt zu viert unter "Vail Resorts" firmiert, gehören insgesamt 600 Kilometer präparierte Abfahrten mit Namen zum Einzugsbereich - die Pisten im freien Gelände nicht mitgerechnet! 128 Abfahrten wurden allein in die Frontseite des 3500 Meter hohen Hausbergs Vail Mountain gelegt.

Auf seiner Rückseite warten sieben riesige Schneeschüsseln, die berühmten Back Bowls, sowie das Tiefschneeparadies Blue Sky Basin auf Freerider und Tiefschneefreaks.

95 Bahnen und Liftanlagen können insgesamt 141.174 Personen in der Stunde befördern. Da verfallen hyperaktive Mitteleuropäer gerne dem Schneesport bis zum Umfallen. Die Einheimischen genießen eher nach dem Motto "Take it easy". Denn: "Vail is a way of life" erinnert das lokale Fernsehprogramm den Hotelgast jeden Morgen.

Ein Hauch von Kitzbühel

Die Urzelle der Resorts wird gerne als Kopie einer Tiroler Alpenidylle beschrieben. Das mag daran liegen, dass in den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts Österreicher, Schweizer und Bayern als Skischulleiter und Hoteliers ein Stück Heimat in die Neue Welt mitgebracht haben.

Sie ließen einen Kirchturm und eine überdachte Holzbrücke bauen und hängten Balkone an ihre Häuser, die sie mit Blumenkästen schmückten. Das gefällt den Amerikanern noch heute.

Als erster kam der österreichische Skisstar Pepi Gramshammer und baute 1964 im Ortszentrum sein Hotel und Gasthaus mit Holzgiebel, Balkonen und bunten Lüftlmalereien. So kommt es, dass noch heute ein Hauch von Kitzbühel durch Vails Gassen weht.

In Pepi's Bar kann man den über 80-Jährigen immer noch im Norweger-Pulli beobachten, wie er seine weiblichen Gäste charmant mit Handkuss begrüßt und redselig von den alten Zeiten erzählt. Die Schwarz-Weiß-Fotos an den Wänden, die an die frühen glorreichen österreichischen Sieger wie Toni Sailer und Anderl Molterer erinnern, finden nur noch bei den älteren Gästen Beachtung. Die legendären "Pepi's Wedelkurse" gibt inzwischen ein Jüngerer.

Seitdem wächst Vail rasant, die Immobilienpreise auch. Aber nicht nur Expansion, sondern auch Qualität war und ist der Anspruch der Stationsmanager und Investoren. Das bezieht sich nicht nur auf den Um- und Ausbau modernster Liftanlagen und die Pflege der Pisten.

Als Vorreiter für den Umweltschutz setzte Vail schon 1973 die ersten kostenlosen Skibusse ein. Heute sind sie mit freundlichen Ordnungshütern besetzt, die kostenlose Getränke ausschenken.

Die Energie liefert der Wind

Die neueste Meldung: Alle vier Wintersportorte von Vail Resorts laufen mit Windenergie und Saisongäste, die ihren Haushalt auf diese umweltschonende Stromversorgung umstellen, bekommen in Vail einen kostenlosen Tagesskipass.

Höchste Ansprüche, was den Luxus betrifft, werden in der Nachbarschaft erfüllt: Beaver Creek heißt das am Computer entworfene Skigebiet. 1980 wurde der Nobelort offiziell eingeweiht, Edelboutiquen und Restaurants kamen wenig später.

Die Lodges der Reichen und Schönen verstecken sich hinter hohen Hecken und Bäumen. Beheizte Gehsteige und überdachte Rolltreppen zum Skilift müssen sie sich mit dem Fußvolk teilen.

1997 schloss sich Vail mit den Gebieten Keystone und Breckenridge zusammen. Zwei Jahre später durfte Vail nach 1989 noch einmal Gastgeber der Alpinen Skiweltmeisterschaft sein. Die WM-Abfahrt "Birds of Prey", was so viel wie Raubvögel bedeutet, kann Amateure das Fürchten lehren. Als echte Herausforderung bleibt sie in ewiger Erinnerung.

Eine Erinnerung, die ebenfalls nie enden sollte, sind die Schwünge im feinsten Pulver unter blauem Himmel. Blue Sky Basin haben sie das Tiefschneeparadies hinter den hohen Bergen getauft.

Eine Verbindung mit Liften und Pisten zwischen Beaver Creek und Vail über Täler und Bergrücken wird es nicht geben. Hier ziehen Elche ihrer Wege - und der Naturschutz geht vor.

Informationen:

Anreise: Denver Airport liegt 193 Kilometer von Vail entfernt. Lufthansa fliegt von Frankfurt a. Main direkt nach Denver, United Airlines mit Umsteigen. Anschließend mit Shuttlebus oder Mietwagen nach Vail. Eagle County Airport ist 56 Kilometer von Vail entfernt.

Tipp: Viel trinken gegen Kopfweh, die Skigebiete liegen in einer Höhe zwischen 2500 und 3500 Meter Höhe.

Reiseveranstalter, die in der Regel Sondertarife bei Fluglinien und Hotels haben: Aeroski Reisen, Tel .06081-2082, Email: info@aeroski.com. America Ski & Sun Holidays, Tel. 0511-4340111, Email: info@ski-sun.com.Canusa Touristik, Tel. 040-2272530, Email: ham@canusa.de. Faszination Ski, Tel. 06201-592976, Email: faszinationski@t-online.de. Sport Scheck Reisen, Tel. 089-38014151, service@sportscheck-reisen.com. Stumböck Club Reisen, Tel. 08035-96600, Email: nformation@stumboeck.com Wingert Reisen, Tel.07431-134934, info@wingert.de

Gebietsinformationen: Best of Colorado, Tel. 0221-9235691, Email: Colorado@in-projects.deinfo@vailresorts.de, www.snow.com.www.sonnenalp.com; www.pepis.com

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