Wahlen in den USA:Trump auf heikler Mauer-Mission in Mexiko

Lesezeit: 3 min

In Mexiko vergleicht man Trump gerne mit einem Esel. (Foto: AP)
  • Donald Trump reist am Mittwoch nach Mexiko - in jenes Land, deren Einwohner er als "Vergewaltiger" und "Drogendealer" geschmäht hat.
  • Trump trifft den mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto, der ihn in einem Atemzug mit Hitler und Mussolini nannte.
  • Anschließend hält Trump eine Grundsatzrede zur Einwanderungspolitik.

Von Julia Ley

Wer öfter mal nachliest, was Donald Trump über seinen Twitter-Account in die Welt bläst, ist einiges gewöhnt: Mit erstaunlicher Regelmäßigkeit beschimpft der republikanische Präsidentschaftskandidat dort seine politische Rivalin Hillary Clinton als Betrügerin, kaum seltener hetzt er gegen Einwanderer und Schwarze. Die andauernde Provokation ist zur Tradition geworden, überraschen kann er damit nicht mehr. Und dann das: Am Dienstagabend kündigt Trump plötzlich eine Reise nach Mexiko an, schon an diesem Mittwoch wird er den mexikanischen Präsidenten Enrique Peña Nieto treffen.

Er habe Peña Nietos Einladung akzeptiert und freue sich auf die Begegnung, schrieb Trump und gab sich damit ungewohnt staatsmännisch. Das Treffen ist politisch heikel und kommt überraschend - hatte Peña Nieto doch mehrfach erklärt, sich nicht in den US-Wahlkampf einmischen zu wollen.

An der Grenze zu Mexiko will Trump eine Mauer errichten lassen

Trumps Verhältnis zu Mexiko und den mehr als 35 Millionen mexikanischstämmigen Menschen im eigenen Land ist, milde gesagt, schwierig. Immer wieder hat Trump im Wahlkampf "Mexikaner" und "illegale Einwanderer" angegriffen - zwei Begriffe, die er manchmal anscheinend synonym verwendet. Im Juni vergangenen Jahres sorgte er für Empörung, als er mexikanische Einwanderer pauschal als "Drogendealer" und "Vergewaltiger" bezeichnete.

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Besonders umstritten ist Trumps Ankündigung, an der Grenze zu Mexiko eine Mauer errichten zu lassen, um illegale Immigranten abzuwehren. Für den Bau will er wahlweise das Land Mexiko oder mexikanische Einwanderer zahlen lassen. In einem ( vor Rechenfehlern strotzenden) Vorschlag zur Einwanderungsreform, den Trump vergangenen Sommer vorlegte, erklärte er, die Einkünfte mexikanischer Einwanderer dafür beschlagnahmen zu wollen. Ein anderes beliebtes Thema Trumps: Nach seiner Wahl will er alle illegalen Einwanderer ausweisen. (Experten zufolge sind das rund elf Millionen Menschen. Sie alle ausfindig zu machen und außer Landes zu schaffen, könnte Jahre dauern.)

Von seinen Anfeindungen fühlten sich Latinos in den USA und Mexikaner in Mexiko gleichermaßen brüskiert. Seit Monaten füllen Anti-Trump-Tiraden die Kommentarspalten mexikanischer Zeitungen. Die mexikanische Politik hingegen ignorierte Trump lange - wohl in der Hoffnung, einen anfangs unwahrscheinlichen Kandidaten nicht durch Beachtung zu adeln. Im März kam dann der Umschwung.

Enrique Peña Nieto - jener Mann, auf den Trump sich so freut - gab ein Interview, in dem er Trump in einem Atemzug mit Hitler und Mussolini nannte. Im plötzlichen Aufstieg des Milliardärs erkenne er Parallelen zu europäischen Diktatoren. Auch Mussolini und Hitler seien mit schriller Rhetorik an die Macht gekommen. Später versuchte Peña Nieto zwar, seine Äußerungen zu relativieren, ganz zurücknehmen wollte er sie aber nicht.

Das Verhältnis der beiden Männer ist also nicht unbelastet, wenn Trump nun nach Mexiko-Stadt fliegt. Dass er es trotzdem tut, scheint vor allem seinem neuen Wahlkampfleiter Stephen Bannon geschuldet zu sein. Der soll ihm der Washington Post zufolge dazu geraten haben - obwohl auch Bannon sonst nicht für seine versöhnlichen Töne bekannt ist.

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Auch wenn das Treffen auf den ersten Blick überrascht, so fügt es sich doch in eine strategische Wende in Trumps Wahlkampf, auf die in den vergangenen Wochen einige zaghafte Anzeichen hindeuteten. Vergangene Woche rückte Trump erstmals öffentlich von seiner harten Linie gegenüber illegalen Einwanderern ab. "Mit einigen Illegalen werden wir arbeiten", sagte er auf einer Wahlkampfveranstaltung. Kurz zuvor hatte er seine häufigen verbalen Entgleisungen öffentlich bedauert.

Ob und wie lange Trump bei dieser neuen Linie bleibt, ist ungewiss. Mit Spannung erwarten Beobachter deshalb eine Grundsatzrede zur Einwanderungspolitik, die Trump nach dem Treffen mit Peña Nieto in Phoenix im US-Bundesstaat Arizona halten wird. Dann könnte sich zeigen, ob stimmt, was viele Beobachter seit Langem vermuten: Dass Trump sich staatsmännischer und weniger marktschreierisch geben wird, je weiter sein Wahlkampf voranschreitet.

Das Treffen mit Peña Nieto bietet dafür Gelegenheit. Der auch in der eigenen Partei umstrittene Präsidentschaftsanwärter Trump trifft hier auf einen gewählten Präsidenten - und erklimmt damit eine neue Stufe der Legitimation. Zwar hat Peña Nieto bewusst auch Hillary Clinton eingeladen, er zieht also keinen Kandidaten dem anderen vor, aber er erkennt damit endgültig und öffentlich an, dass ein US-Präsident Trump eine realistische Möglichkeit ist. Und dass er mit ihm arbeiten muss.

Die beiden Männer müssen zusammenarbeiten

Tatsächlich bleibt Peña Nieto und Trump gar keine andere Wahl: Die USA sind der wichtigste Wirtschaftspartner Mexikos, für die USA ist Mexiko umgekehrt der drittgrößte Wirtschaftspartner. In den USA hängen Experten zufolge sechs Millionen Arbeitsplätze vom Handel mit Mexiko ab.

Trump und Peña Nieto werden zu einem "privaten Treffen" zusammenkommen, gab das mexikanische Präsidialamt bekannt. Für den Mexikaner ist es auch eine Gelegenheit, vorzufühlen, ob Trump auch hinter geschlossenen Türen so kompromisslos ist, wie er sich öffentlich gerne gibt.

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