USA und Asien:Trump widerspricht Trump

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US-Präsident Donald Trump und Chinas Präsident Xi Jinping. (Foto: REUTERS)
  • US-Präsident Donald Trump reist derzeit zum ersten Mal durch Asien. Seine Stationen sind Japan, Südkorea, China, Vietnam und die Philippinen.
  • In einer Rede auf dem Apec-Gipfel im vietnamesischen Da Nang hat Trump Vorwürfe erhoben, die USA würden von den anderen Staaten wirtschatflich ausgenutzt werden.
  • Bei seinem Besuch in China zuvor war der US-Präsident mit Kritik auffällig zurückhaltend gewesen.

Von Stefan Kornelius

Das chinesische Vexierspiel Siebenschlau ist schon mehr als zweitausend Jahre alt. Es besteht aus sieben unregelmäßigen geometrischen Figuren, die - richtig zusammengefügt - ein Bild ergeben. Angeblich wurde es erfunden, als ein Mönchsnovize eine Keramikfliese mit der Darstellung der Schönheiten der Welt in sieben Stücke zerbrach, das Bild anschließend aber nicht mehr zusammensetzen konnte. Heute trüge dieser Mönchsnovize einen Namen: Donald Trump.

Zerbrochen hat der amerikanische Präsident in dieser Woche wieder eine Menge Fliesen, und das, obwohl er sich eigentlich recht gut aufführte. Selten in seiner Amtszeit hat man Trump so kontrolliert und organisiert beobachtet wie nun während seiner ungewöhnlich langen Asien-Reise. Der Präsident hielt sich an Redemanuskripte, twitterte moderat und war stets flankiert von seinen außenpolitischen Aufpassern H.R. McMaster und Rex Tillerson, die nach den europäischen Abenteuern ihres Chefs den ersten asiatischen Aufschlag zum Erfolg bringen wollten. Weil die Reise so methodisch geplant war, erhofften sich Amerikas Strategen und die Verbündeten in der Region eine Antwort auf eine simple Frage: Sind die USA noch eine pazifische Macht?

Auf drei Prüfungen musste Trump also während seiner Reise eine Antwort geben: Wie gehen die USA die Rivalität mit China an? Welche Sicherheit können sie der Region gerade mit Blick auf Nordkorea garantieren? Und welche Liebesbeweise gibt es für die alten Verbündeten? Trump gab eine Antwort auf alle drei Fragen - aber wie bei Siebenschlau will das Bild keinen Sinn ergeben. Trumps Asienpolitik entzieht sich der bekannten Logik.

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"Ich glaube ihm wirklich, wenn er das sagt", erklärt US-Präsident Trump nach dem Apec-Gipfel in Vietnam. Trotzdem beklagen beide das schlechte Verhältnis ihrer Länder.

In einer Region, in der die Maßeinheit für Einfluss und Bedeutung vor allem die Handelszahlen sind, vermittelte Trump die entscheidende Botschaft auf dem Apec-Gipfel im vietnamesischen Da Nang: "Wir können und wollen nicht länger den chronischen Handelsmissbrauch tolerieren," schimpfte Trump. Amerika habe seine Handelsschranken geöffnet, andere Länder nicht; jahrelang seien Versprechungen gebrochen worden. "Die Vereinigten Staaten werden nicht länger die Augen verschließen vor Verstößen, Betrug oder wirtschaftlicher Aggression."

Den Zuhörern im Saal verschlug es die Sprache, sichtlich geschockt lauschten Minister und Handelsvertreter der Apec-Staaten dieser feindseligen Botschaft. Der Tenor war anschließend eindeutig: Warum beschimpft Trump alle Staaten pauschal, gibt aber am Vortag in China den zahmen Pudel, der freudig um den chinesischen Präsidenten scharwenzelt? Am Ende ist es doch vor allem China, das durch die Beschränkung von Marktzugang, undurchsichtige Subventionen und Verstößen gegen den Patentschutz den Markt unfair beherrscht.

Das Weiße Haus bemühte sich zwar, China als Adressaten der Kritik auszumachen. Das Rätsel aber bleibt: Warum nennt Trump den Übeltäter nicht beim Namen? War seine Freundlichkeit in Peking nur aufgesetzt? Warum diese widersprüchliche Botschaft? So spricht Trump zwar abstrakt von der Bedeutung der freien Seefahrt. Aber er vermeidet es, Chinas Hoheitsanspruch auf das gewaltige Südchinesische Meer beim Namen zu nennen - die wohl größte strategische Provokation für die USA in der Region.

Das Freihandelsabkommen TPP soll es jetzt ohne die USA geben

Besonders frustrierend ist die Belehrung für die elf Staaten, die das Freihandelsabkommen TPP mit den USA abschließen wollten. Trump zerriss das Papier in einer seiner ersten Amtshandlungen. Jetzt soll es einen Folgevertrag unter den elf geben, verbunden mit der Hoffnung, dass die USA doch noch eintreten werden in den Verbund, der sich natürlich auch gegen die chinesische Handelsübermacht richtet. Indes: Trump belehrt seine Zuhörer in Vietnam, dass er eine "wunderschöne Konstellation von Nationen sehe, jede für sich ein leuchtender Stern, niemandes Satelliten". Bündnisse? Kein Interesse.

Aus Erfahrung wissen etwa die Gastgeber Vietnam oder auch Malaysia, welche Anziehungskräfte China als Sonne im System entwickelt. So war es am Ende der Präsident aus Peking, Xi Jinping, der unmittelbar nach Trump sein Gegenmodell einer verflochtenen und fairen Handelswelt präsentierte, inklusive Klimaschutz. Der Applaus war ihm sicher, auch wenn der Argwohn gegen China groß bleibt.

Der Kampf um die Herzen und Märkte der asiatischen Gesellschaften - Trump will ihn offenbar nicht führen. In Peking ließ er sich von Xi bezirzen und revanchierte sich mit Unterwerfungsgesten. Kein kritisches Wort zu den Handelsproblemen oder den Menschenrechten, keine klare Forderung in Sachen Nordkorea. Nachfragen: nicht erlaubt. Überhaupt Nordkorea: Trump hat das Problem dem chinesischen Kollegen überantwortet. Der könne es lösen, wenn er nur hart genug arbeite.

Das Land unter Führung von Machthaber Kim Jong-un hat als Reaktion auf die Asienreise von Trump seine Kriegsrhetorik verschärft. Der erste Besuch des US-Präsidenten in der Region zeige, dass dieser ein "Zerstörer" sei und um einen Atomkrieg auf der koreanischen Halbinsel bettele, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur des Landes am Samstag einen Sprecher des Außenministeriums in Pjöngjang.

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Wie man die sieben Teile auch dreht und wendet, sie ergeben kein Bild.

© SZ vom 11.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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