Trump und Putin:Singapur, Teil zwei

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US-Präsident Donald Trump und Wladimir Putin beim G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg. (Foto: Evan Vucci/dpa)

Der US-Präsident hat eine Vorliebe für markige Führungstypen und Autokraten. Ein Treffen mit Russlands Präsident Putin könnte zur desaströsen Fortsetzung des Singapur-Gipfels mit Kim werden.

Kommentar von Stefan Kornelius

Trumps Vorlieben und seine Verführbarkeit kennt man inzwischen. Vorlieben hat der US-Präsident für starke Führungstypen, für Autokraten, für die Regelbrecher. Bündnisse, Absprachen, Kompromisse sind seine Sache nicht. Verführbar ist er mit einem großen Auftritt, mit Ad-hoc-Symbolik und der Aussicht auf den großen Coup. Alles was kracht und zischt, gefällt ihm - Politik, reduziert auf ein Trash-Format. Deshalb konzentrieren sich nach seinem Rendezvous mit dem nordkoreanischen Diktator Kim Jong-un in Singapur jetzt alle Spekulationen auf das ultimative Treffen in der Welt der Trump-Diplomatie: Wann und unter welchen Umständen kommt es zur Begegnung mit Wladimir Putin, dem russischen Präsidenten?

Treffen um der Treffen willen sind nach konventioneller Denke auf dieser Ebene der Politik nicht vorgesehen, weshalb Putin bis zuletzt von amerikanischen Präsidenten gemieden wurde. Seine Regelverletzung durch die Annexion der Krim und die Intervention im Osten der Ukraine waren so gravierend, dass der russische Präsident als Zeichen der Besserung zumindest jenen Friedensprozess einhalten müsste, den er selbst unterschrieben hat: das Minsker Protokoll. Zuvor kann es kaum eine Annäherung geben.

Diesen Grundsatz haben EU und USA weitgehend eingehalten. Das Sanktionsregime gegen Russland wird immer wieder verlängert, die Gespräche über den Ukraine-Friedensprozess verlaufen zäh. Die Umstände der Wahl Putins und seine Weigerung, bei der Aufklärung des Abschusses von Flug MH 17 und des Falles Skripal zu helfen, tun ihr Übriges.

Trump denkt in historischen Dimensionen

Für Trump sollte es noch ein zusätzliches, gravierendes Argument für mehr Sicherheitsabstand geben: die Ermittlungen über seine Verquickung mit Russland im Wahlkampf. Ein paar neue Erkenntnisse des Sonderermittlers in dieser Causa würden ein Trump-Putin-Treffen wie eine Danksagung erscheinen lassen.

Gründe für eine Fortsetzung der Eiszeit gäbe es noch mehr. Die USA halten die Nato-Verbündeten zu mehr militärischer Anstrengung auch wegen Russlands militärischer Kraftmeierei an; Trump will (aus eigenen Wirtschaftsinteressen) die Ostsee-Pipeline Nordstream lahmlegen; selbst treue Trump-Verbündete wie Polen oder die Ukraine wären düpiert von einer Annäherung an Russland. Die Einmütigkeit des, nun ja, einstigen Westens gegenüber Russland bräche in sich zusammen.

Und genau das macht ein Treffen mit Putin für den US-Präsidenten so attraktiv. Trump ist ein Ordnungs-Zerstörer. Nichts würde Nato und Europäischer Union mehr schaden als ein kompletter, unkoordinierter Richtungswechsel der USA in ihrer Russland-Politik; nichts würde die europäische Sicherheit mehr destabilisieren als ein Amerika, das die Logik von Freund und Feind verkehrt. In Ostasien ist Trump dieses Kunststück bereits gelungen. Auch beim G-7-Gipfel. Pünktlich zum Nato-Gipfel könnte er also den nächsten Schlag gegen das Regelsystem führen, das all seine Vorgänger seit einhundert Jahren aufgebaut und gepflegt haben. Dieser Schnitt wäre wahrhaft historisch. Und exakt in diesen Dimensionen denkt Trump.

Sein Sicherheitsberater Bolton wird bald in Moskau sein. Österreichs Kanzler Kurz dient sich als Erfüllungsgehilfe und Gastgeber an. Singapur könnte seine desaströse Fortsetzung in Europa finden.

© SZ vom 23.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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