Scott Pruitt:Trumps Umweltbeauftragter "kuschelte" mit der Ölindustrie

Scott Pruitt

Noch keine Woche im Amt und schon einer der meistkritisierten Minister der Trump-Regierung: Scott Pruitt

(Foto: AP)
  • Trumps Umweltbeauftragter Scott Pruitt pflegte vor wenigen Jahren noch enge Kontakte zu Öl- und Gasfirmen und Energieversorgern.
  • Das belegen E-Mails aus Pruitts Zeit als Justizminister in Oklahoma. Eine regierungskritische Organisation hatte die Veröffentlichung des elektronischen Schriftverkehrs eingeklagt.
  • Die Daten zeigen, dass Pruitts Büro regelmäßig offizielle Briefe zur Überarbeitung an die Industrie schickte. Darunter waren auch Schreiben, die die Arbeit der EPA kritisierten - jene Behörde, der Pruitt nun vorsteht.

Von Johanna Bruckner, New York

Wenn amerikanische Medien in diesen Tagen das Wort "erschreckend" verwenden, will das etwas heißen. Zu viel ist in diesen viereinhalb Wochen Trump-Regierung bereits passiert, das die Welt schockiert hat - viele politische Beobachter verzichten angesichts dessen auf eine alarmistische Sprache. Doch jetzt hat das Justizministerium im US-Bundesstaat Oklahoma die E-Mail-Korrespondenz des ehemaligen Attorney General Scott Pruitt öffentlich gemacht. Zuvor hatte die regierungskritische Organisation "Center for Media and Democracy" (CMD) auf die Herausgabe des elektronischen Schriftverkehrs geklagt.

Die mehr als 7500 Seiten zeigen: Der Mann, der in der vergangenen Woche vom US-Senat als neuer Leiter der Environmental Protection Agency (EPA) bestätigt wurde, pflegte vor einigen Jahren noch intensive Kontakte zu Öl- und Gasfirmen und Energieversorgern. (Die E-Mails sind hier einsehbar.)

Der Inhalt manches E-Mail-Wechsels lässt das linksliberale Portal Mother Jones die sprachliche Zurückhaltung vergessen: Dort präsentiert man den Lesern die "wildesten, erschreckendsten Auszüge" der Materialsammlung. Dazu gehört sicher auch ein Schriftverkehr zwischen Pruitts Büro und Devon Energy. Das Unternehmen erschließt Öl- und Gasquellen und fördert die fossilen Brennstoffe.

"Bitte beachtet, dass ihr nur die rot markierten Änderungen übernehmen könnt, oder die roten und blauen"

"Irgendwelche Vorschläge?", schrieb im Mai 2013 ein stellvertretender Generalstaatsanwalt im Büro des damaligen Justizministers an einen leitenden Angestellten von Devon Energy. Angehängt war der Entwurf eines Briefes, den Pruitts Team an die Bundesumweltagentur schicken wollte - eben jene Behörde, der Pruitt nun vorsteht. In dem Schreiben sollte es um Vorschläge zur Regelung von Methangas-Emissionen gehen.

Die Antwort von Bill Whitsitt, damals Vizechef der Abteilung für öffentliche Angelegenheiten, fiel ausgesucht höflich aus: "Bitteschön", schrieb der Devon-Vertreter und versorgte Pruitts Büro mit einer überarbeiteten Version des ursprünglichen Schreibens. Zum Abschluss gab es noch einen freundlichen Hinweis: "Bitte beachtet, dass ihr nur die rot markierten Änderungen übernehmen könnt, oder die roten und blauen (Letztere beinhalten weitere Verbesserungen von einem unserer Experten) oder gar keine."

Die Antwort aus Pruitts Büro? "Ich habe den Brief heute abgeschickt. Vielen Dank für Eure Hilfe in dieser Angelegenheit."

In schöner Regelmäßigkeit soll das Justizministerium unter Pruitt solche Korrespondenzvorlagen von Firmen übernommen haben. Die New York Times hatte erstmals 2014 einen solchen Fall aufgedeckt: Damals ging es um ein Schreiben des Justizministers aus Oklahoma an die EPA, in dem Pruitt der Behörde vorwarf, die Luftverschmutzung durch natürliche Gasförderung zu übertreiben. Der Brief stammte aber tatsächlich aus der Feder eines Firmenanwalts von Devon Energy. Pruitts lapidarer Kommentar: "Das nennt man repräsentative Regierung."

Die nun öffentlich gewordenen E-Mails belegen diese fragwürdige Amtsinterpretation: Pruitts Büro hielt regelmäßig gemeinsame Meetings mit Devon-Vertretern ab, es gab Telefonate und sogar Abendessen. Die Beziehungen zu dem in Oklahoma City ansässigen Unternehmen waren so eng, dass Pruitts Stabschefin Melissa Houston 2013 an Whitsitt schrieb: "Du unterstützt uns unheimlich!!! Danke Dir so sehr!!!"

Pruitt wetterte gegen die "Übergriffigkeit" der Regierung in Washington

Pruitt "kuschelte" aber auch mit anderen Vertretern der Industrie, wie es US-Medien nennen. Gemeinsames Ziel war es immer, Umweltschutzbestimmungen auf Bundesebene zu verhindern oder aufzuweichen. Der Justizminister ließ sich gerne zu Konferenzen von Organisationen wie dem American Legislative Exchange Council (Alec) einladen. Alec versucht, im Sinne von Unternehmen Einfluss auf die Gesetzgebung zu nehmen. Als Redner wetterte Pruitt gegen die "Übergriffigkeit" der Regierung in Washington.

Im August 2013 bedankte sich Matt Ball, Vorsitzender der Non-Profit-Organisation "Americans for Prosperity", für die Unterstützung. Pruitt helfe dabei, "Präsident Obamas EPA zurückzudrängen". Gemeinsam mit liberalen Umweltgruppen versuche die Behörde, die Energiekosten für die Einwohner Oklahomas und amerikanische Familien bundesstaatenübergreifend hochzutreiben. Das klingt nach Lobbyrhetorik - und tatsächlich sind unter den Sponsoren von "Americans for Prosperity" die Brüder Charles und David Koch. Ihnen gehört mit Koch Industries eine der größten Ölfirmen Amerikas.

Dass Scott Pruitt das Gegenteil eines Fürsprechers von Umweltbelangen ist, war bereits vor den E-Mail-Veröffentlichungen bekannt. Als Justizminister von Oklahoma strengte er insgesamt 14 Klagen gegen von der EPA erlassene Regelungen an, mal ging es um Quecksilberverschmutzung, mal um Smog, dann wieder um Kohlendioxid-Emissionen von Kraftwerken. Umweltschutzorganisationen und die Demokraten im Senat hatten deshalb vergeblich versucht, Pruitt als Umweltbeauftragten zu verhindern.

Seine Kritiker fühlen sich nun in ihren schlimmsten Befürchtungen bestätigt. "Diese E-Mails sagen uns, dass er im Bund ist mit genau den Industrien, die wir ihm zur Überwachung angetragen haben", zitiert die Washington Post Rhea Suh, Präsidentin des Natural Resources Defense Council. Pruitt selbst hatte sich am Dienstag zum ersten Mal an seine neuen Mitarbeiter in der EPA gewandt. "Wir als Behörde und wir als Nation können für Energie und Jobs sein und für die Umwelt", sagte der Neu-Umweltschützer. "Wir müssen uns nicht zwischen beiden entscheiden."

Trump kassiert "Bathroom Law"

Pruitts Chef im Weißen Haus könnte indes unentschlossen sein, was er von der ganzen Sache halten soll. Einerseits kann Trump nicht schon wieder einen Skandal um eines seiner Kabinettsmitglieder gebrauchen. Anderseits lenkt die Affäre Pruitt von einer weiteren Entscheidung des Präsidenten ab, die mancher als erschreckend empfinden dürfte: Am Mittwoch verkündete die Regierung, dass sie einen Erlass der Obama-Ära kassiert, das es Kindern und Jugendlichen mit Transgender-Identität erlaubte, die Schultoilette ihrer Wahl zu benutzen.

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