US-Wahl:Kellyanne Conway ist die Trump-Flüsterin

Donald Trump und Kellyanne Conway

Kellyanne Conway führt Donald Trump mit sanfter Hand. Ein schwieriger Job, wie sie selbst zugibt.

(Foto: Reuters)

Die Wahlkampfleiterin ist verantwortlich dafür, dass der Präsidentschaftskandidat seit Wochen halbwegs diszipliniert auftritt. Sie gilt als die einzige Frau, auf die Donald Trump hört.

Von Sacha Batthyany

Dass Donald Trump in jüngster Zeit ruhiger, präsidialer und freundlicher wirke, liege an ihr, hieß es in etlichen Medienberichten. Kellyanne Conway, 49, Trumps neue Kampagnenleiterin im amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf, habe Trump gezähmt, stand da. Seine gestiegenen Umfragewerte bei Afroamerikanern und Latinos? Conways Verdienste. Seine gemäßigtere Art zu reden? Seine Wünsche für eine schnelle Genesung, nachdem Hillary Clinton vor Wochen einen Schwächeanfall erlitten hatte? Alles Conway. Der Mythos der Trump-Flüsterin war damit geboren. Die Geschichte der einzigen Frau, der Trump zuhört, machte die Runde.

Kellyanne Conway ist bereits die Dritte, die Donald Trumps Kampagne leitet. Der erste Leiter wurde von Trumps Kindern entlassen. Der zweite, Paul Manafort, musste gehen, als bekannt wurde, dass er einst für den gestürzten ukrainischen Präsidenten und Kreml-Verbündeten Viktor Janukowitsch gearbeitet hatte.

Es heißt, sie sei ein "diplomatisches Genie"

Nun also die studierte Politologin. Sie begleitet den republikanischen Präsidentschaftskandidaten bei dessen Reisen und bügelt jeweils seine PR-Patzer vor den Medien weg - und sie tut das in der Regel sehr geschickt. Dass Trump seit Wochen halbwegs diszipliniert vom Teleprompter abliest, geht auf Conways sanft lenkende Hand zurück. Sie sei ein "diplomatisches Genie", heißt es. Sie massiere Trumps Ego und sage ihm, was er hören wolle. So steuert Conway den dünnhäutigen Politik-Novizen in die gesellschaftliche Mitte.

Conway, vierfache Mutter, hat zuletzt für den erzkonservativen Republikaner Newt Gingrich gearbeitet und war für den heutigen Vizepräsidentschaftskandidaten Mike Pence tätig. Sie hat an der George Washington Universität promoviert und gilt als Expertin für Meinungsforschung. 1995 gründete sie ihre eigene Firma und beriet Politiker bei Themen wie Schwangerschaft und Abtreibung. Für Konzerne wie American Express analysierte sie das Konsumverhalten amerikanischer Frauen. Und sie schrieb ein Buch mit dem Titel "What Women Really Want", in dem sie skizziert, wie Amerikas Zukunft von den Frauen gestaltet wird. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass ausgerechnet Conway, die gemäß Buchtitel offenbar weiß, was Frauen wirklich wollen, nun mit allen Mitteln verhindern muss, dass Hillary Clinton die erste Präsidentin Amerikas wird.

Conway muss sich bereits der Kritik stellen

Donald Trump hingegen würde die Lektüre des Buches guttun. Der Immobilienspekulant gilt nicht gerade als jemand, der viel von Frauen versteht oder gar viel von ihnen hält, es sei denn, sie haben bestimmte Körpermaße. Die Empörung über Trump war groß, als Hillary Clinton in der ersten Fernsehdebatte am Montagabend von der Schönheitskönigin Alicia Machado sprach, die 1996 zur "Miss Universe" gekrönt worden war und in der Folge von Trump nur noch als "Miss Piggy" und "Miss Housekeeping" bezeichnet wurde. Als sich Trump am Tag nach dem TV-Duell in einem Interview nicht etwa bei Machado entschuldigte, sondern erwähnte, die Schönheitskönigin habe nach ihrer Kür stark zugenommen, wurde selbst Kellyanne Conway sprachlos, die Trump vor den Medien sonst immer mit einem Lächeln verteidigt.

Schon wird behauptet, Conway habe vielleicht doch nicht so großen Einfluss auf Trump. In der nächsten Debatte in einer Woche will der Immobilienspekulant zudem Bill Clintons Untreue zum Thema machen, eine Strategie, vor der Conway warnt, heißt es. Aber Trump sei eben beratungsresistent und tue, was er wolle. Andere wiederum kritisieren Conway, sie habe Trump "weichgespült", er sei gegen Clinton am Montag zu "sanft" gewesen. Trumps Niederlage in der Debatte sei Conways Fehler.

Auf die Frage einer Journalistin, wie anspruchsvoll es sei, Trumps Kampagnenmanagerin zu sein, "auf einer Skala von 0 bis 10", überlegte sie keine Sekunde und antwortete: "10."

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