Obamas Strategie 2014:Kompromiss oder Konfrontation

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In seinem Urlaub auf Hawaii widmete sich US-Präsident Barack Obama ausführlich dem Golfspiel.

(Foto: AFP)

2013 war ein mieses Jahr für Obama. NSA-Skandal, Obamacare, dem US-Präsidenten gelang nur wenig. Nun muss er sich entscheiden: Soll er 2014 auf die Republikaner zugehen, um Mini-Reformen durchzusetzen oder polarisieren, damit die Demokraten bei den Kongresswahlen eine Chance haben?

Von Matthias Kolb

Obama liebt das Golfspiel. Im Urlaub auf Hawaii spielt er so viel, dass US-Medien schon seinen Stil analysieren. Der US-Präsident spiele fast aufreizend langsam, heißt es. Womöglich denkt Obama auf dem Platz auch darüber nach, was er 2014, im Jahr der Kongresswahl, noch erreichen kann.

Zum Jahreswechsel überlegen viele US-Kommentatoren, welche Prioritäten Obama im sechsten Jahr seiner Amtszeit setzen wird. Die Ausgangslage ist düster: In den Umfragen lagen die Zustimmungswerte des US-Präsidenten im Dezember bei 40 Prozent - das entspricht einem Rückgang von zehn Prozent. Und erstmals zweifelt eine Mehrheit der Amerikaner an Obamas Ehrlichkeit - dabei war die persönliche Integrität neben den rhetorischen Fähigkeiten stets das große Plus des Demokraten.

Die beiden Hauptthemen, die zu diesem Image-Verlust in Obamas Horrorjahr 2013 führten, werden ihn auch im laufenden Jahr beschäftigen:

  • Die durch Edward Snowden ausgelöste NSA-Affäre hat dem Ansehen der USA in der Welt sehr geschadet - nicht nur Berichte über Spähaktionen gegen Politiker wie Bundeskanzlerin Merkel oder Brasiliens Präsidentin Dilma Rouseff sorgten für Empörung. Dem Eindruck, dass sich die USA als über dem Gesetz stehend empfinden und ihre Geheimdienste die Privatsphäre von Nichtamerikanern missachten, konnte Obama nichts entgegensetzen.
  • Mit seiner Gesundheitsreform Obamacare wollte der Demokrat dafür sorgen, dass etwa 30 Millionen Amerikaner künftig Versicherungsschutz genießen. Die Wähler schickten Obama auch deshalb erneut ins Weiße Haus, damit er sein Prestigeprojekt umsetzen kann. Dann kamen die Pannen: Zum Anmeldungsstart funktionierte die Website healthcare.gov überhaupt nicht und es wurde klar, dass Obamas Versprechen "Jeder, der will, kann seine alte Versicherung behalten" nicht zu halten war. Diverse Factchecker kürten die Aussage des Präsidenten zur "Lüge des Jahres".

Mittlerweile funktioniert die Obamacare-Website wieder und sieben Millionen Bürger haben sich angemeldet. Der Erfolg des Jahres 2014 wird für Obama stark davon abhängen, ob nach dem holprigen Start mit der Gesundheitsreform alles rund läuft und sich genügend junge Amerikaner einschreiben (diese sind in der Regel gesund und sollen mit ihren Beiträgen die Kosten für die älteren und kränkeren Neumitglieder erbringen). Hierüber muss Obama - egal ob auf dem Golfplatz oder im Oval Office - gar nicht lange nachdenken, denn er selbst kann nicht viel tun, sondern nur abwarten und hoffen.

Demokraten bangen um Mehrheit im Senat

Ansonsten hat Barack Obama auf der Suche nach dem richtigen Kurs für dieses Jahr die Wahl zwischen zwei Optionen, wie der Kolumnist Gerald Seib im Wall Street Journal schreibt.

Er kann sich entweder kompromissbereit geben und mit den Republikanern nach Minimal-Lösungen suchen - etwa bei der Reform des Einwanderungsrechts, wo Republikaner-Chef John Boehner ebenfalls die Lage der illegalen Einwanderer verbessern will. Der im Dezember gefundene Kompromiss im Haushaltsstreit (mehr zu diesem "Wunder" im US-Blog) weckt im Weißen Haus die Hoffnung, in manch anderen Bereichen voranzukommen - etwa bei einer Reform des Dschungel-Dickichts im Steuerrecht.

Andererseits könnte sich Obama - beginnend mit seiner "Rede zur Lage der Nation" am 28. Januar - progressiver geben und den Republikanern die Stirn bieten. Die enttäuschte demokratische Parteibasis und viele Wähler würden es ihm danken. So könnte der US-Präsident mit exekutiven Verordnungen viel für den Umweltschutz und eine Eindämmung des Klimawandels tun (dafür steht John Podesta, einer von Obamas neuen Beratern).

Indem er die weitgehenden Vorschläge seiner Expertengruppe zur NSA-Reform umsetzt (Details hier) und die Rechte des Geheimdiensts begrenzt, könnte der studierte Verfassungsjurist Obama beweisen, dass er die Bürgerrechte nicht komplett für die Terrorabwehr opfern will. Und sollte sich Obama gar entschließen, Edward Snowden die Rückkehr in die USA zu gestatten (dies forderte die New York Times in einem Editorial), wären Amerikas Liberale wieder etwas mit ihm versöhnt.

Die Wahl des linken Populisten Bill de Blasio zum New Yorker Bürgermeister werten viele Kommentatoren als möglichen Beginn einer neuen "liberalen Ära" in den USA - nicht zufällig waren Ex-Präsident Bill Cinton und seine Frau Hillary bei der Vereidigung dabei. Die ehemalige Außenministerin gilt weiterhin als Favoritin für die Obama-Nachfolge und positioniert sich nun etwas weiter links.

Herausforderung für die Demokraten

Wenn der US-Präsident künftig Härte gegen die Republikaner - und vor allem gegen die Tea-Party-Vertreter - zeigt, mobilisiert dies auch die Basis. Diese soll nicht nur mit Geldspenden die Wahlkämpfe der Demokraten unterstützen, sondern am 4. November auch bei den Kongresswahlen ihre Stimme abgeben. Traditionell bleiben bei den midterm elections mehr jüngere Wähler, Afroamerikaner und Latinos zu Hause als bei der Präsidentschaftswahl - das schadet vor allem den Demokraten.

Dabei steht für Obamas Partei viel auf dem Spiel: Die republikanische Mehrheit im Repräsentantenhaus gilt als felsenfest, während die demokratischen Senatoren um ihre Vormacht bangen müssen. Die Demokraten müssen 21 der 33 Senatssitze, über die im Herbst abgestimmt wird, verteidigen - wenn die Konservativen nur sechs davon gewinnen, kontrollieren sie beide Kammern und könnten Obama in seinen letzten beiden Jahren das Leben sehr schwer machen.

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