Koalitionsverhandlungen:"Es muss einen Bayern-Bonus geben"

Lesezeit: 2 min

Die CSU will den Gesundheitsfonds reformieren. Krankenkassen sollen wieder eigene Beiträge festsetzen dürfen, fordert Markus Söder.

Guido Bohsem

Die CSU prescht in den Koalitionsverhandlungen mit einem Reformvorschlag für den umstrittenen Gesundheitsfonds vor. "Wenn man den Fonds behalten will, muss es grundlegende Änderungen geben", sagte Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder der Süddeutschen Zeitung. Dazu gehöre eine stärkere Regionalität. "Bayern darf nicht länger benachteiligt werden."

Die Gesundheitsexperten von Union und FDP wollen erstmals am Montag über die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sprechen, in deren Zentrum der Fonds steht. Die Geldsammelmaschine gilt als Streitpunkt der Koalitionäre. Während die FDP ihn für die Milliardendefizite in der GKV verantwortlich macht und seine Abschaffung fordert, will vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) an dem von der großen Koalition vereinbarten System festhalten.

Der Fonds sammelt die Beitragsgeld von Arbeitnehmern und Arbeitgebern sowie die Zuschüsse des Bundes. Die Mittel werden dann nach einem festgelegten Schlüssel in monatlichen Zahlungen unter den etwa 180 Kassen verteilt. Dieser Schlüssel orientiert sich an Einkommen, Alter, Geschlecht und Krankheiten der Versicherten. Der Beitragssatz liegt bei einheitlich 14,9 Prozent, wobei die Arbeitnehmer 7,9 Prozentpunkte zahlen.

"Der Ulla-Schmidt-Teil des Fonds muss entfernt werden", forderte Söder. Die Kassen müssten wieder mehr Spielraum erhalten und dürften nicht mehr an der zentralistischen Leine hängen. Nach Vorstellung der CSU sollen künftig nur noch 14 Prozent der Beiträge in den Fonds fließen. Die restlichen 0,9 Prozent sollen in die Finanzautonomie der Kassen gestellt werden. Das heißt, je nach Kassenlage können sie diesen Teil des Beitragssatzes senken oder anheben. Nach kurzer Zeit werde sich so ein Beitragswettbewerb entwickeln, heißt es.

"Bayerische Patienten zahlen mehr"

Söder unterstrich seine Grundhaltung in den Koalitionsverhandlungen, wonach die bayerischen Patienten derzeit doppelt unter dem Fonds leiden würden: Wegen ihrer höheren Einkommen zahlten sie mehr, zugleich verschlechtere sich die Qualität ihrer Versorgung. Dies müsse sich ändern. "Es muss einen Bayern-Bonus geben", sagte Söder.

Nach Berechnungen des Schätzerkreises im Gesundheitswesen stellt der Fonds den Kassen im kommenden Jahr etwa 166,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Das sind etwa 7,4 Milliarden Euro weniger als die Versicherer nach Ansicht des Expertengremiums ausgeben werden. Der Großteil des Geldes fließt an Kliniken, an niedergelassene Ärzte und in die Versorgung mit Medikamenten. Bei den Unterhändlern der Union herrscht die Überzeugung, dass insbesondere die Pharmaindustrie einen Beitrag leisten soll, um das Finanzloch in der GKV zu stopfen. Die FDP ist da zurückhaltender.

Eingreifen bei neuen Medikamenten

Am Freitag sprachen die Koalitionäre erstmals über diesen Bereich. Laut CDU-Gesundheitsexpertin Annette Widmann-Mauz verhandelten die angehenden Koalitionäre intensiv darüber, wie der Arzneimittelbereich dereguliert werden könne. Auch eine schnell wirksame Kostenbegrenzung ist offenbar denkbar. "Den Bereichen mit besonderen Ausgabensteigerungen widmen wir uns in besonderer Weise", sagte Widmann-Mauz. Die Kosten der von den Ärzten verordneten Medikamente stiegen in den ersten sechs Monaten des Jahres um sieben Prozent auf etwa 15,8 Milliarden Euro.

Widmann-Mauz deutete an, dass man in den bislang üblichen Mechanismus bei der Markteinführung neuer Medikamente eingreifen wolle. Bislang kann die Pharmaindustrie nach der Zulassung eines neuen patentgeschützten Mittels den Preis eigenständig bestimmen. Die Kassen sind gezwungen, es in ihren Leistungskatalog aufzunehmen. Es vergehen mitunter Jahre, bevor das neue Präparat dann auf seinen zusätzlichen Nutzen im Vergleich zu vorhandenen und günstigeren Medikamenten geprüft wird - und so seine Kosten sinken.

"Zeit ist Geld"

Dieser Zeitfaktor werde in der Debatte eine Rolle spielen, sagte Widmann-Mauz. "Zeit ist Geld." Zuvor hatte auch Söder für die CSU einen Sparbeitrag der Pharmaindustrie gefordert. Zurückhaltender äußerte sich der FDP-Gesundheitsexperte Daniel Bahr.

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie warnte Union und FDP vor Sparmaßnahmen und Zwangsabschlägen. "Wer die Öffentlichkeit so beeindrucken will, riskiert leichtfertig industrielle Standorte und Arbeitsplätze in Deutschland", sagte Geschäftsführer Henning Fahrenkamp.

© SZ vom 10.10.2009/holz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: