Koalitionsgespräche:Westerwelle will "Maximum" an liberaler Politik

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Wo wird eine harte Linie gefahren, was ist verhandelbar? Kurz vor den Gesprächen mit der Union positioniert sich die FDP. Schwierig wird es bei ihrem zentralen Wahlversprechen.

Vor den am Montag beginnenden Koalitionsgesprächen zeichnet sich durch Aussagen führender Liberaler langsam eine Linie ab, entlang derer die FDP verhandeln könnte.

Maximale Ziele: FDP-Chef Guido Westerwelle. (Foto: Foto: AP)

FDP-Chef Guido Westerwelle kündigte an, er wolle bei den Gesprächen mit der Union ein Maximum an liberaler Politik durchsetzen. Zu Äußerungen führender Politiker von CDU und CSU, die wichtige Themen wie Gesundheitsfonds und Anti-Terror-Gesetze für nicht verhandelbar erklärt hatten, sagte er der Bild am Sonntag: "Fakten werden am Koalitionstisch geschaffen und nicht in Interviews."

Westerwelle warnte die Union davor, aus seiner Zurückhaltung in der Öffentlichkeit den falschen Schluss zu ziehen. "Die Tatsache, dass ich mich derzeit zurückhaltend äußere, darf nicht mit einem Mangel an Entschlossenheit verwechselt werden." Man sollte ein gutes Verhandlungsergebnis aber nicht dadurch erschweren, "dass man den Partner über Medien unter Druck setzt", sagte der FDP-Chef.

Zugleich stellte er das Ziel von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) infrage, bis Anfang November die Koalitionsverhandlungen abgeschlossen zu haben. Er freue sich "über den Ehrgeiz der Unionsparteien" und teile ihn, sagte Westerwelle. Doch für wichtiger als den Verhandlungszeitraum hält Westerwelle die Gründlichkeit der Gespräche.

Denn bei einigen Themen dürfte durchaus hart verhandelt werde. So macht sich die FDP weiterhin für eine Abschaffung des umstrittenen Gesundheitsfonds satrk. Es sei nicht länger verantwortbar, "dass jährlich zwölf Milliarden Euro Steuergelder in ein bürokratisches Monstrum gepumpt werden, ohne dass sich die Gesundheitsversorgung auch nur einen Deut verbessert" sagte die stellvertretende FDP-Chefin Cornelia Pieper der Rheinpfalz am Sonntag.

Die Liberalen würden bei den Koalitionsgesprächen auf ein Aus für den Fonds dringen, über den die Krankenkassen nach einem bestimmten Verteilungschlüssel ihr Geld erhalten.

Liberale wollen Zukunftsministerium

Zudem will die FDP Einsparungen bei den Militärausgaben durchsetzen. "Die Bestellung von 60 Militärtransportern des Typs A400M gehört auf den Prüfstand", sagte der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Jürgen Koppelin, der Rheinischen Post. Die FDP plädiere für eine Kürzung der Bestellung auf 49 Maschinen. Das würde nach FDP-Angaben 1,3 Milliarden Euro einsparen. "Das ist ein erhebliches Einsparpotenzial", sagte Koppelin.

Außerdem plädieren die Freidemokraten dafür, das Bildungsministerium wieder zu einem Zukunftsministerium aufzuwerten. In den vergangenen Jahren seien ganze Forschungsbereiche in die Ressorts Umwelt, Landwirtschaft und Wirtschaft ausgelagert worden, sagte Pieper dem Magazin Focus. "Wir wollen sie wieder in einem innovativen Forschungsministerium bündeln."

Beim Thema Kündigungsschutz geht die FDP hingegen auf die Union zu. Hier hatten die Liberalen eine Lockerung gefordert. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) betonte jedoch immer wieder, der Kündigungsschutz werde nicht angetastet. "Der Kündigungsschutz ist nicht unser vordringlichstes Thema. Wichtig ist alles, was Wachstum und Arbeit schafft", sagte die Pieper dem Focus. "Priorität hat mehr Netto für die Bürger."

Doch gerade im Bereich der geforderten Steuersenkungen stoßen die Liberalen bei der Union auf Widerstände. Zwar wird auch hier eine Senkung der Abgabenlast anvisiert, doch vor allem die CDU bremst bei der Festlegung auf ein konkretes Datum, an dem diese in Kraft treten könnten.

So hält der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU) massive Steuererleichterungen in den kommenden vier Jahren nicht für möglich. "Die Spielräume für Steuersenkungen sind angesichts der Wirtschaftskrise sehr begrenzt", sagte Koch, der auch stellvertretender CDU-Vorsitzender ist, dem Hamburger Abendblatt.

FDP will nicht im "Blindflug" regieren

"Wir werden im Verlauf dieser Legislaturperiode höchstens 15 Milliarden Euro zu verteilen haben." Damit werde die neue Bundesregierung "schwerpunktmäßig die Frage der Progression bei der Einkommensteuer angehen", sagte Koch laut Vorabbericht. "Darüber hinaus sehe ich kaum Spielraum für Entlastungen."

Der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter forderte für die schwarz-gelben Koalitionsverhandlungen eine aktualisierte Steuer- und Ausgabenschätzung. Dabei gehe es nicht um einen Kassensturz, aber die künftige Koalition von Union und FDP müsse genau wissen, welche Löcher die Finanz- und Wirtschaftskrise in die Kasse gerissen hat, sagte der haushaltspolitische Sprecher der Unionsfraktion der Rheinpfalz am Sonntag. Der Start für die neue Bundesregierung aus Union und FDP dürfe nicht mit einem finanzpolitischen Blindflug beginnen.

Nach einer internen Vorlage aus dem Kanzleramt für die Koalitionsgespräche, die dem Magazin Spiegel vorliegt, muss die neue Bundesregierung bis zum Ende der Legislaturperiode auf alle Fälle 40 Milliarden Euro an Ausgaben aus dem Bundesetat kürzen oder durch höhere Steuern aufbringen. Dabei seien künftige Steuerentlastungen der neuen Regierung noch nicht eingerechnet.

© AP/dpa/Reuters/gal - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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