Jamaika-Sondierung Berlin:FDP und Grüne stecken ihr Revier ab

Treffen von FDP und Grünen vor der Sondierung

Treffen von FDP und Grünen vor den Sondierungsgesprächen auf dem Balkon der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)
  • FDP und Grüne haben sich nach einem ersten Sondierungstreffen über die weiteren Gespräche zuversichtlich geäußert, aber auch auf Differenzen verwiesen.
  • Klar ist auch: Die FDP wird kein einfacher Gesprächspartner für die Grünen.
  • FDP-Parteichef Lindner hat sein Buch "Schattenjahre" vorgestellt.

Von Constanze von Bullion und Mike Szymanski, Berlin

Ginge es nach der Laune von FDP-Vize Wolfgang Kubicki, dann stünde es vermutlich nicht allzu gut um die Chancen einer Jamaika-Koalition. Am Donnerstagvormittag jedenfalls taucht der Liberale vor dem Haus der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft auf, wo sich später die FDP mit den Grünen treffen will. Was er sich von dem Treffen mit den Grünen erwartet, wird Kubicki gefragt - "Nichts".

Tag zwei der Jamaika-Sondierungen in Berlin. FDP und Grüne haben sich verabredet, um herauszufinden, ob und bei welchen Themen man sich einander annähern könnte. Nach dem Wenigen, was später nach außen drang, haben Liberale und Grüne zunächst über den Themenzuschnitt bei den Sondierungen gesprochen - und so schon einmal erste Fähnchen aufs Spielfeld gestellt. Die FDP würde dem Vernehmen nach gern Wirtschaft und Digitalisierung in einem Themenblock zusammenfassen, aber auch Bildung, Forschung und Technologie. Die Grünen betonten die Themen Bürgerrechte und auch Soziales - die Problemfelder Klima und Flüchtlinge ließ man der Stimmung wegen offenbar erst einmal außen vor.

Entsprechend munter klangen hinterher die Unterhändler. Die Gespräche seien "von Konzentration und gegenseitigem Respekt" geprägt, sagte eine sichtlich beschwingte FDP-Generalsekretärin Nicola Beer. Auch der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, klang optimistisch. "Wir haben sehr tiefgreifend gesprochen, mit Einigkeit, mit Differenz", sagte er. "Wir haben ein gemeinsames Interesse, dass wir nicht einfach dem ausgetretenen Pfad der Union folgen wollen."

Alleskönner

FDP-Vize Wolfgang Kubicki soll Bundestagsvizepräsident werden. Er selbst kann sich das ebenso gut vorstellen wie wenig später ins Finanzministerium umzuziehen, wenn sich durch Jamaika die Chance ergibt. Am Donnerstag ließ er die Journalisten am Rande der Sondierungen mit den Grünen wissen, dass er sich in seiner ihm eigenen Bescheidenheit alles zutraut: "Ich kann auch Kanzler". Parteichef Christian Lindner scheint von Kubicki überzeugt zu sein, findet auch nichts am eventuellen Job-Hopping auszusetzen: "Wolfgang Kubicki ist ein exzellent geeigneter Bundestagsvizepräsident. Aber wenn unser Land an anderer Stelle solche Talente braucht, dürfte er sich nicht verweigern."

Mike Szymanski

Lindners Buch ist die Geschichte eines "Comebacks"

Die FDP aber wird kein einfacher Gesprächspartner für die Grünen. Und es ist womöglich auch kein Zufall, dass Parteichef Christian Lindner ausgerechnet an diesem Donnerstag sein Buch "Schattenjahre" in Berlin vorstellt. Es ist die Geschichte eines "Comebacks", wie sein Verlag erklärt. Lindner weiß natürlich, dass sein Buch daraufhin abgeklopft werden wird, ob man Schlüsse auf die aktuellen Jamaika-Sondierungen ziehen kann.

Auf Seite 81 des Buchs beschreibt er ein Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel, die Szene spielt im Jahr 2009. Union und FDP haben eben den Koalitionsvertrag unterzeichnet. "Beseelt und beschwingt stand ich zwischen einigen jüngeren Abgeordnetenkollegen von Union und FDP", heißt es da. Dann sei die Kanzlerin gekommen und habe gefragt, wie es ihnen gehe. "Jetzt können wir ja endlich das Land voranbringen", habe er geantwortet. "Angela Merkel lächelte. Dann meinte sie, sie werde schon aufpassen, dass wir ihr das Land nicht in Brand steckten. Damals lachte ich mit. Aber das Lachen sollte uns bald vergehen."

Schwer zu sagen, wem im Jahr 2017 noch das Lachen vergehen wird. Bei der Buchpräsentation jedenfalls ist es Lindner, der recht munter über ein mögliches Ende von Merkels politischer Laufbahn spekuliert. Eben ist er dazu erst vom Stern befragt worden. Jetzt wiederholt er seine Antwort: Offensichtlich habe es durch das Ergebnis der Bundestagswahl einen "gewissen Autoritätsverlust" gegeben. Deshalb "könnte es nun zu einer Nachfolgedebatte kommen". Das sei nicht sein Ziel, versichert Lindner. Aber er traue der "Frau Bundeskanzlerin" die "Umsicht, Weisheit, Souveränität und Stärke" zu, den Nachfolgeprozess "selbst zu gestalten". An diesem Freitag wird man sich wieder sprechen, im Haus der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft. Der Comeback-Lindner und Merkel. Dann wird in großer Runde mit allen Beteiligten gesprochen, wie Jamaika aussehen könnte. Ob das Bündnis gelingt? "Völlig offen", meint Lindner.

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