Italiens Regierungschef Silvio Berlusconi hat aus Wut über Fragen der EU-Kommission zur Flüchtlingspolitik seines Landes die Entlassung von EU-Kommissaren samt ihrer Sprecher gefordert.
Italien werde außerdem alle Entscheidungen im EU-Rat der Regierungen blockieren, solange den Kommissaren und ihren Sprechern nicht verboten werde, öffentliche Stellungnahmen abzugeben, sagte Berlusconi nach Berichten italienischer Nachrichtenagenturen am Dienstag am Rande der Gedenkfeiern zum Zweiten Weltkrieg in Danzig.
Hintergrund der Angriffe auf die Kommission ist deren Anfrage zu einem Vorfall mit Flüchtlingen aus Afrika. Italien soll ein Flüchtlingsboot nach Libyen zurückgeschickt haben, wie eine Vertreterin der Vereinten Nationen beklagt hatte. Die italienische Regierung hatte entgegnet, das Boot sei in internationalem Gewässer gewesen.
Die EU-Kommission bestätigte, eine Anfrage dazu an Italien gerichtet zu haben. Kommissionssprechers Dennis Abbott hatte im Auftrag von EU-Innenkommissar Jacques Barrot zur umstrittenen italienischen Flüchtlingspolitik geäußert.
Abbott hatte allerdings lediglich erklärt, die Kommission wünsche von Italien eine Erklärung zu Medienberichten, denen zufolge ein Boot voller Flüchtlinge nach Libyen zurückgeschickt worden sei.
Dies sei normal in einer solchen Situation, erklärte ein Sprecher. "Die Kommission will helfen, aber dafür brauchen wir genaue Informationen."
Berlusconi warf der Kommission vor, die italienischen Medien manipuliert zu haben. "Ich bitte darum, dass Kommissare und Kommissionssprecher, die diesen Trend schon jahrelang fortsetzen, gefeuert werden", sagte Berlusconi.
Der Chef der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Martin Schulz, forderte die schwedische EU-Ratspräsidentschaft und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso auf, sich diesem "unverschämten Angriff" auf die EU-Institutionen in den Weg zu stellen.
Der italienische Regierungschef habe damit einmal mehr seine anti-europäische Einstellung demonstriert. "Berlusconi sollte nicht mal im Traum daran denken, der EU den Mund zu verbieten", erklärte Schulz. Europa habe schmerzhafte Erfahrungen damit gemacht, zum Schweigen gebracht zu werden.
Zwischen Schulz und Berlusconi besteht auch eine tiefe persönliche Abneigung. Vor Jahren hatte der Italiener hatte Europaparlament den deutschen Sozialdemokraten mit einem KZ-Aufseher verglichen.
Mit Spott und entrüstung reagierte Italiens Opposition inzwischen auf Berlusconis Attacke in Richtung Brüssel. Berlusconi müsse sich einer psychiatrischen Untersuchung unterziehen, bevor er das Land weiter regieren dürfe, forderte Oppositionsführer Antonio Di Pietro. "Er ist mit der ganzen Welt auf Kriegsfuß."