Gauck zur Zuwanderungsdebatte:"Chancen der Einwanderung nutzen"

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Bundespräsident Joachim Gauck fordert Toleranz und klare Worte in der Zuwanderungsdebatte. (Foto: dpa)

2013 kamen so viele Zuwanderer nach Deutschland wie seit 20 Jahren nicht. In einer Rede wirbt der Bundespräsident für mehr Offenheit und Toleranz. Doch auch die Schwierigkeiten dürfen nicht verschwiegen werden, sagt Gauck.

Bundespräsident Joachim Gauck hat die Deutschen aufgerufen, Chancen der Einwanderung zu nutzen und Schwierigkeiten zugleich offen zu diskutieren. "Probleme dürfen nicht verschwiegen werden, weil die falsche Seite applaudieren könnte", sagte Gauck laut Redetext bei einer Feier zum 65. Jahrestag des Grundgesetzes.

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts zogen 2013 etwa 1,2 Millionen Menschen nach Deutschland - so viele wie seit 20 Jahren nicht. Im Vergleich zu 2012 war das eine Steigerung um 13 Prozent. Die Mehrzahl - 730 000 - kam aus der Europäischen Union. Besonders für die Menschen aus den von der Schuldenkrise betroffenen Ländern Italien und Spanien hat Deutschland eine hohe Anziehungskraft, wie die Zahlen zeigen.

Dagegen ging 2013, nach starken Anstiegen zwischen 2009 und 2012, die Zuwanderung aus den südostlichen EU-Ländern Bulgarien, Griechenland und Ungarn zurück. Die meisten Neuankömmlinge stammen mit etwa 190 000 Menschen nach wie vor aus Polen. Die Zahl der Zuzüge deutscher Personen aus dem Ausland ist dagegen mit ungefähr 20 000 Personen konstant geblieben.

Jeder Fünfte hat Wurzeln im Ausland

Gauck nannte es angesichts dessen, dass jeder fünfte Bundesbürger inzwischen familiäre Wurzeln im Ausland habe, skurril, "wenn manche der Vorstellung anhängen, es könne so etwas geben wie ein homogenes, abgeschlossenes, gewissermaßen einfarbiges Deutschland". Gauck forderte "Alt-Deutsche wie Neu-Deutsche" auf, sich mit einer toleranten Haltung zu begegnen - "als Gleiche und doch Verschiedene". Die mit der Einwanderung verbundene Vielfalt solle nicht gefürchtet, sondern zukunftsorientiert bejaht werden.

Er wünsche sich einen Alltag, in dem das Eigene geachtet und dem anderen Raum gegeben werde. "Wer seine eigenen kulturellen Werte geringschätzt, wird kaum von anderen Respekt dafür erhalten", sagte Gauck. "Wir wollen nicht, dass Kindergärten aus falsch verstandener Rücksicht auf Sankt-Martins-Umzüge verzichten oder Belegschaften die Weihnachtsfeier in 'Jahresabschlussfeier' umtaufen."

Deutschland nimmt jedoch nicht nur Zuwanderer auf. Auch die Abwanderung erreichte einen Rekordwert. Im vergangenen Jahr verließen 789 000 Menschen die Bundesrepublik - ebenfalls so viele wie seit 20 Jahren nicht mehr. Unter ihnen waren 649 000 ausländische und etwa 140 000 deutsche Personen.

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