Europäischer Gerichtshof:Österreich klagt gegen deutsche Pkw-Maut

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  • Aus Sicht der Regierung in Wien spricht nichts grundsätzlich gegen die Einführung eines Maut-Systems, wenn nicht am Ende nur Ausländer zahlten.
  • Die Maut ist ein Prestigeprojekt der CSU. Sie soll ab 2019 gelten. Doch auch die EU-Kommission hat Pläne für eine einheitliche EU-Maut.
  • Die Niederlande wollen sich möglicherweise der Klage Österreichs anschließen.

Im Streit um die deutsche Pkw-Maut wird Österreich eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) einbringen. Die geplante Einführung der Maut sei diskriminierend, sagte Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) zur Begründung. Ein von der Regierung in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten bescheinigt gute Aussichten auf einen Erfolg vor Gericht.

Österreich ist einer der schärfsten Kritiker der deutschen Maut. Aus Sicht der Regierung in Wien spricht nichts grundsätzlich gegen die Einführung eines Maut-Systems - auch Österreich selbst verfahre so. Dass am Ende nur Ausländer zahlten, sei aber nicht mit den Grundwerten der EU vereinbar, hatte Leichtfried in der Vergangenheit mehrfach betont. Deutschland habe eine "Ausländer-Maut" beschlossen. Die Ankündigung der Klage fällt in Österreich in das Wahlkampffinale. Das Land wählt am Sonntag einen neuen Nationalrat.

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Ende März hatte der Bundesrat in Berlin trotz erheblicher Kritik den Weg für die Einführung einer Pkw-Maut auf deutschen Autobahnen und Bundesstraßen freigemacht und ein dafür vom Bundestag beschlossenes Gesetzespaket passieren lassen.

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt blickte noch im Juni einer drohenden Klage Österreichs gelassen entgegen. Die Regierung in Wien habe bei der damaligen Einführung ihrer eigenen Vignette "darauf geschaut, dass es zu keiner Doppelbelastung der Österreicher kommt; Deutschland steht das genauso zu", sagte er vor einigen Monaten.

Pkw-Maut soll von 2019 an gelten

Eigentlich war die Maut schon 2015 beschlossen worden. Da Brüssel kurz darauf ein Verfahren wegen der Verletzung von EU-Recht gegen Deutschland eröffnete, wurden die Gesetze aber bisher nicht umgesetzt. Zwischenzeitlich gab die EU jedoch nach kleinen Änderungen des Gesetzes grünes Licht. Die Maut, die als Prestigeprojekt der CSU gilt, soll 2019 in Kraft treten.

Mittlerweile hat die EU-Kommission jedoch auch eigene Pläne für eine einheitliche europäische Maut vorgestellt. Bis 2023 soll demnach eine streckenbasierte Maut für Lkw eingeführt werden, wie es sie in Deutschland schon gibt. Bis zum Jahr 2027 soll dann auch eine für alle Fahrzeuge "anderer Kategorien", also auch Pkw, folgen. Schon kurz nach einem technisch wie finanziell aufwendigen Start einer Pkw-Maut in Deutschland könnte der Bundesregierung also ein Systemwechsel drohen.

Das Thema könnte aber auch innerhalb Deutschlands jetzt wieder zu einem Streitpunkt werden: nämlich bei den anstehenden Verhandlungen für eine Jamaika-Koalition von Union, FDP und Grünen. Die Grünen und die FDP sprachen sich gegen die Maut aus, die Linken und die AfD ebenso. Die SPD will die Lkw-Maut nicht auf Fahrzeuge unter 7,5 Tonnen ausdehnen, da dies vor allem Handwerksbetriebe belasten würde. Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel bekennt sich zur Einführung der Maut und sagt, kein deutscher Autofahrer werde mehr belastet.

Die SPD fordert angesichts der Klage einen Stopp weiterer Vorbereitungen. "Die Gefahr ist zu groß, dass ansonsten Millionen Steuergelder verbrannt werden", sagte SPD-Fraktionsvize Sören Bartol. Dobrindt müsse die laufenden Ausschreibungen daher aussetzen.

Niederlande wollen sich der Maut-Klage von Österreich anschließen

Die Niederlande wollen sich der Klage anschließen. Das teilte eine Sprecherin des Verkehrsministeriums in Den Haag mit. Die Niederlande würden zunächst die rechtliche Begründung der Österreicher abwarten. Einen endgültigen Beschluss über eine Beteiligung an einer Klage vor dem EuGH muss die neue niederländische Regierung treffen. Die wird voraussichtlich erst Ende Oktober vereidigt.

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