Diktator Baschir in Südafrika:Fluchthilfe für einen Tyrannen

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Südafrika widersetzte sich dem internationalen Haftbefehl und lies Sudans Präsident Omar al-Baschir laufen. (Foto: dpa)

Die Lage ist eindeutig: Südafrikas Regierung hätte den vom Internationalen Strafgerichtshof gesuchten sudanesichen Diktator Baschir festnehmen lassen müssen. Stattdessen durfte er ausreisen - ein Skandal.

Kommentar von Stefan Ulrich

Das Elend der Menschen, die übers Mittelmeer nach Europa fliehen, hat viele Ursachen. Eine davon heißt Omar al-Baschir. Während seiner Herrschaft wurden im Sudan Hunderttausende Afrikaner getötet, Millionen mussten aus ihren Heimatorten flüchten. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag wirft dem Diktator das schwerste Verbrechen vor, das die Weltjustiz kennt: Völkermord. Es sucht ihn mit internationalem Haftbefehl. Konsequenterweise wollte nun ein südafrikanisches Gericht Baschir in Johannesburg festhalten, um seine Überstellung nach Den Haag zu prüfen.

Die südafrikanische Regierung unter Präsident Jacob Zuma missachtete jedoch die eigene Justiz und ließ Baschir am Montag laufen. Ihr ist die Freiheit des Tyrannen offensichtlich wichtiger als das Schicksal seiner Opfer. Etliche andere Regierungen Afrikas und die Afrikanische Union denken und handeln ähnlich.

Haftbefehl gegen Sudans Diktator Baschir
:Die Falle am Gipfel

Sudans Präsident Omar al-Baschir wird in Südafrika ein Gerichtsurteil präsentiert, wonach er das Land nicht verlassen darf. Der Diktator wird wegen Völkermordes gesucht - und die Entscheidung brüskiert Südafrikas Präsidenten Zuma.

Von Tobias Zick

Dies ist ein schwerer Rückschlag für die internationale Strafjustiz und für den Versuch, die Welt mithilfe des Rechts friedlicher und sicherer zu machen und dafür sogar Staats- und Regierungschefs vor Gericht zu stellen. Einige Jahre lang sah es so aus, als könnte dieser Versuch gelingen: 1998 gründete eine klare Mehrheit der Staaten den Internationalen Strafgerichtshof, um Taten wie Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu verfolgen.

Im gleichen Jahr verhaftete die britische Justiz den chilenischen Ex-Diktator Augusto Pinochet auf Antrag der spanischen Justiz in London. 2001 lieferte Serbien den früheren serbischen und jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević an das Haager Jugoslawien-Tribunal aus. Das Ende der Straflosigkeit für Diktatoren schien endlich gekommen zu sein.

Die Immunität im Interesse der Menschenrechte einschränken

Mit der Verhaftung Baschirs hätte Südafrika diese Entwicklung bekräftigen und Millionen Opfern von Tyrannen in aller Welt Hoffnung geben können. Stattdessen betätigte sich die Regierung Zuma als Fluchthelfer eines mutmaßlichen Völkermörders. Sie argumentiert, amtierende Staatschefs müssten vor dem Weltstrafgericht immun sein, und diese Immunität sei Baschir vor seiner Reise auch zugesichert worden. Das Statut des Haager Tribunals bestimmt jedoch ausdrücklich, dass bei schwersten Verbrechen, welche die ganze Menschheit herausfordern, auch amtierende Präsidenten keine Immunität mehr genießen. Dies bestätigt die Entwicklung im Völkerrecht, die Immunität im Interesse der Menschenrechte einzuschränken.

Südafrika, das Mitglied des Weltgerichts ist, hätte Baschir verhaften und nach Den Haag überstellen müssen. Es hat dies nicht getan. Die Regierung Zuma hat damit offen das Völkerrecht gebrochen und die Opfer verhöhnt. Hoffentlich werden ihre Kritiker in Südafrika und im Ausland das nicht so schnell vergessen.

Einen kleinen Trost enthält diese afrikanische Tragödie immerhin: Baschir war in Johannesburg zu einem peinlichen Abgang durch die Hintertür gezwungen. Bislang flohen die Menschen vor ihm. Am Montag war er selbst auf der Flucht.

© SZ vom 16.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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