US-Präsident:Donald Trump legt sich mit China an

US-Präsident: Trump ist auch Thema in der chinesischen Presse.

Trump ist auch Thema in der chinesischen Presse.

(Foto: AFP)

Kaum beruhigt sich die Aufregung um Trumps Gespräch mit Taipeh, feuert der künftige US-Präsident online nach - von einem Ausrutscher kann also keine Rede sein.

Von Kai Strittmatter, Peking

Donald Trump legt nach. Nur zwei Tage nach seinem Telefonat mit Taiwans Präsidentin Tsai Ing-wen, mit dem er die kleine Insel Taiwan aus der Vergessenheit zurück auf die Weltbühne befördert und China vor den Kopf gestoßen hatte. Erneut geht es gegen China, und diesmal polterte Trump wieder in seinem liebsten Medium, auf Twitter: "Hat China uns gefragt, ob es in Ordnung war, seine Währung abzuwerten (...), unsere Produkte in ihr Land mit hohen Zöllen zu belegen (...) und einen massiven Militärkomplex mitten ins Südchinesische Meer zu setzen? Ich glaube nicht!"

Nach seinem Wahlkampf, der durchsetzt war von antichinesischen Ausfällen, hatten nicht wenige prophezeit, als Sieger werde Trump Kreide fressen. Für sie waren die Tweets nun der rechte Haken nach dem linken: Donald Trump hat China im Visier, und Stabilität in einer heikel ausbalancierten Region scheint ihm erst einmal kein Wert für sich zu sein.

Trumps Telefonat mit Taiwan war kein Versehen

Auf das Telefonat mit Taiwans Tsai hatte China noch zurückhaltend reagiert. Außenminister Wang Yi versuchte, den Ball flach zu halten, er schob die Verantwortung Taiwan zu und sprach von einem "läppischen Trick" Taipehs. Die Absicht, Trump erst einmal guten Willen zuzusprechen und vielleicht eine Portion Naivität, war unverkennbar. In einem Kommentar von China Daily hieß es noch am Sonntag, die Angelegenheit habe "nichts anderes bloßgelegt als die Unerfahrenheit von ihm und seinem Team". Die Linie lässt sich nun kaum mehr halten. Schon am Wochenende war durchgesickert, dass das Telefonat von beiden Seiten lange vorbereitet war.

Die Taipei Times berichtete, Trumps taiwanfreundliche Berater hätten den kommenden US-Präsidenten zu dem Gespräch überredet. Recherchen der Washington Post kamen zum gleichen Schluss: Trump habe auf Drängen von chinakritischen Beratern in seinem Team "absichtlich provozierend" gehandelt, schreibt das Blatt. Einer dieser Berater ist John Bolton, ehemaliger UN-Botschafter der USA und als außenpolitischer Falke bekannt. Er hatte Trump kurz vor dem Telefonat in New York besucht, hernach sagte er dem Sender Fox-News, er finde, man solle die Beziehungen zu China "aufschütteln". Seit 1979, seit der Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Washington und Peking, hatte es kein amerikanischer Präsident gewagt, egal ob im Amt oder gerade erst frisch gewählt, am Tabu der öffentlichen Kontaktaufnahme mit Taiwans Führern zu rütteln.

Chinas Außenministerium versuchte sich auch am Montag in eher vorsichtigen Tönen: "Die Welt kennt Chinas Taiwanpolitik. Trump kennt sie auch", sagte Sprecher Lu Kang. Aber die Kommentare in den Staatsmedien lassen erkennen, dass die Haltung hinter dem offiziellen Abwarten und Beobachten eine zunehmend beunruhigte ist.

Was wird China tun? Pekings Global Times versuchte am Montag, eine Antwort drauf zu geben: "China kann die Regierung in Taiwan bestrafen und so Trump eine Botschaft senden", schreibt das Blatt in einem Leitartikel. Dass in Taipeh viele die unverhoffte Aufmerksamkeit feiern, ist für Peking schwer zu verdauen.

Peking kann Taipeh hart treffen - die Annäherung führte zu wirtschaftlicher Abhängigkeit

Ausgerechnet Taiwan. Das hätten sie sich auf der 23 Millionen Einwohner starken Insel wahrscheinlich auch nicht träumen lassen, dass Donald Trump gerade sie sich aussucht für seinen ersten großen Aufreger auf der internationalen Bühne. Fühlen sie sich doch sonst vergessen und zu Unrecht ignoriert. Eine lebendige Demokratie, isoliert vom Rest der Welt, durch den Druck des großen China nebenan.

Die Insel Taiwan ist de facto seit 1949 ein unabhängiger Staat. Damals verloren in China die Truppen der nationalistischen Kuomintang (KMT) den Bürgerkrieg gegen Mao Zedongs Kommunisten - die KMT zog sich nach Taiwan zurück und verteidigte die Insel mit Hilfe der USA gegen Mao. Erst im Jahr 1979 nahmen die USA diplomatische Beziehungen zu China auf. Ihr diplomatisches Personal in Taipeh zogen die USA damals ab, sie unterstützen Taiwan aber bis heute mit Rüstungsgütern. China richtet im Moment 1500 Raketen auf Taiwan, aber die Beziehungen waren im vergangenen Jahrzehnt besser geworden, es gibt seit ein paar Jahren sogar Direktflüge.

Beziehungen kühlen wieder ab

Seit der Wahl Tsai Ing-wens zur Präsidentin kühlen die Beziehungen aber wieder ab. Tsai gilt als moderat, sie stammt jedoch aus dem Lager der Demokratischen Fortschrittspartei DPP, die ihre Wurzeln in Taiwans Unabhängigkeitsbewegung hat. Peking misstraut ihr. Aber die Wahrheit kennt man auch in Peking: Chinas Wiedervereinigungspläne werden praktisch vom kompletten Volk auf Taiwan abgelehnt.

Für eine Bestrafung Taiwans könnte China nun wirtschaftlich Druck ausüben. Unter Tsais Vorgänger Ma Ying-jeou waren die Beziehungen aufgeblüht, Kritiker auf Taiwan sagen jedoch, Ma habe die Insel zu abhängig von China gemacht. Damit hat Peking nun einige Hebel in der Hand: In den vergangenen Monaten schon hat China die Zahl der Touristen, die nach Taiwan fliegen dürfen, merklich gedrosselt. China könne Taiwan aber auch "ein oder zwei diplomatische Alliierte abnehmen", schreibt die Global Times. Taiwan wird ohnehin nur mehr von zumeist kleinen und armen 22 Nationen offiziell anerkannt, der Vatikan ist darunter noch der prominenteste Staat.

Derweil warten sie in Peking auf Trumps nächsten Tweet. Eines müsse man verstehen, schreibt die Global Times: "Trump hat zwei Gesichter." Er bluffe und sei unberechenbar - aber er habe "nicht die Absicht, die internationale Ordnung umzustürzen". Was allerdings nicht ausschließt, dass er es unabsichtlich tut.

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