CDU-Strategie gegen die Grünen:Wider den Widerstand

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Die wachsende Zustimmung in den Umfragen für die Grünen lässt die CDU zu albernen Gegenmaßnahmen greifen. Die neueste Strategie: Im Internet wird der Gegner als 'Dagegen Partei' vorgeführt - inklusive eigener Homepage.

M. C. Schulte von Drach

Grün ist die ganze Republik auf dieser Internetseite, so grün, wie es Anhänger der Partei mit der entsprechenden Farbe im Namen sich wünschen dürften.

Wie eine Seite von Bündnis 90/Die Grünen sieht dieser Internetauftritt aus. Er wurde jedoch von der CDU ins Netz gestellt. (Foto: N/A)

Grün sind auch die grimmigen Smileys, die grüne Plakate hochhalten, auf denen nur ein Wort steht: Dagegen. Und damit auch der Letzte versteht, um welche Partei es hier geht, prangt der Name groß mitten auf der Seite und außerdem im title tag, der oberen blauen Leiste des Browsers: Bündnis 90/Die Grünen - ausgewiesen als die 'Dagegen Partei'.

Massenhaft kleine Verbotsschilder verteilen sich über die Bundesländer. Wer darauf klickt, erfährt, dass die Partei gegen den geplanten Bau oder Ausbau diverser Kohlekraftwerke, Straßen, Brücken, Flughäfen, Stromleitungen, gegen die Bewerbung Münchens für die Olympischen Winterspiele 2018 sowie gegen das Großprojekt Stuttgart 21 ist.

Handelt es sich um eine Informationsseite der Grünen über Projekte, gegen die sie sich besonders stark engagieren? Will sie mit den entschlossen wirkenden Smileys ungebrochenen, jugendlich-frischen Widerstand demonstrieren?

Weit gefehlt, auch wenn Umweltschützern dieser Eindruck möglicherweise sogar ganz im Sinne der Öko-Partei vermittelt wird.

Ein Blick auf das Ende der Seite offenbart den eigentlichen Urheber der interaktiven Grafik: Es ist die Bundes-CDU, die hier eine Art Mimikry zu betreiben scheint.

Die Website ist Teil einer Kampagne der Konservativen gegen einen politischen Gegner, der seit einem Jahr immer mehr Zuspruch der Bürger findet: Mit Umfragewerten von 19 bis 20 Prozent Ende 2010 würden laut ZDF-Politbarometer derzeit fast doppelt so viele Bundesbürger bei einer Bundestagswahl für die Grünen stimmen wie noch bei den Wahlen 2009. Die Umfragewerte für CDU/CSU sind dagegen gefallen auf 32 bis 34 Prozent, die FDP liegt sogar bei fünf Prozent.

Für die Konservativen stellt sich deshalb die Frage, ob die Grünen in Zukunft ein Koalitionspartner auf Bundesebene sein könnten - mit oder ohne die Liberalen. Mit einer Kanzlerin Angela Merkel allerdings sind diese Vorstellungen - ihrer eigenen Rede auf dem Parteitag im November zufolge - "Illusionen und Hirngespinste". Auch Volker Kauder hat das schwarz-grüne Projekt, von dem einige Konservative bereits träumten, für tot erklärt. Zu groß ist die Kluft zwischen Union und Grünen, wenn es um die Atomenergie geht, oder um Projekte wie Stuttgart 21.

Der natürliche Feind der Liberalen

Merkel setzt - öffentlich und demonstrativ - weiterhin auf Schwarz-Gelb. Und für Guido Westerwelle, der sich angesichts der Umfragewerte bereits um den Wiedereinzug in den Bundestag sorgen dürfte, gibt es dazu sowieso momentan keine Alternative.

Die erfolgreichen Grünen sind deshalb gewissermaßen ein natürlicher Feind der Liberalen. So überrascht es nicht, dass beide Regierungsparteien derzeit besonders heftig auf die Grünen eindreschen, die ihnen offenbar zunehmend Wähler auch aus dem eigenen Lager abspenstig machen.

Nun haben beide Regierungsparteien eine uralte Platte aus der Schublade geholt und neu aufgelegt: "Ob Sonne oder Regen, wir sind immer dagegen", charakterisierte Westerwelle auf dem Dreikönigstreffen am 6. Januar die Haltung des politischen Gegners, und warnte vor einer grünen "Dagegen-Republik". CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe bläst ins gleiche Horn: "Die Grünen sind gegen alles."

Um das deutlich zu machen, hat die CDU nun die Seite "die-dagegen-partei.de" online gestellt. Mit jedem Klick auf die Warnschilder der Deutschlandkarte öffnet sich ein Hinweis auf ein Projekt, das von der CDU als notwendig und gut begründet dargestellt wird - selbst wenn die Ziele - etwa der Straßenausbau in Berlin - von SPD-Politikern anvisiert werden. Die Gegenargumente der Grünen finden sich natürlich nicht.

Auffällig ist, dass die 'Dagegen Partei' im Saarland nicht in Erscheinung tritt - hier sind die Grünen Teil der Jamaika-Koalition, die das Land regiert. Reichlich Widerstand leistet die "Dagegen Partei" aber zum Beispiel in Berlin, wo sie gemeinsam mit der CDU Opposition gegen die rot-rote Regierung macht.

Bei den Grünen wehrt man sich gegen die Vorwürfe aus dem Merkel- und Westerwelle-Lager. Sie argumentieren, man sei nicht einfach nur dagegen, sondern wolle alternative umwelt- und sozialverträglichere Lösungen. Dazu müsse man schließlich die Planungen der entsprechenden Projekte in Frage stellen. Von diesen Lösungen ist auf "die-dagegen-partei.de" natürlich nichts zu finden.

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