Arbeitsministerin von der Leyen im Interview:"Manchmal renne ich auch gegen die Wand"

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Ursula von der Leyen spricht über ihren Politikstil, ihr Image - und ihren Groll. "Ein paar Worte von mir können helfen, ein Thema zum Fliegen zu bringen", sagt die CDU-Politikerin. Und erklärt, was sie von ihrer Nachfolgerin Kristina Schröder und von der Frauenquote hält. Dabei wird sie ganz schön wütend.

Robert Roßmann, Berlin

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen hat den Umgang der deutschen Unternehmen mit ihren weiblichen Mitarbeitern heftig kritisiert. Von der Leyen sagte der Süddeutschen Zeitung, es sei "empörend, wie wenig sich in den vergangenen zehn Jahren in den Konzernen getan hat". Das sei für sie eine "bittere Erfahrung". In den Unternehmen gelte noch immer: "In der Breite dürfen die Frauen mitarbeiten, in der Spitze nicht."

"So geht's nicht mehr weiter": Bundesarbeitsministerin von der Leyen kritisiert den Umgang deutscher Unternehmen mit Frauen. (Foto: dapd)

"So geht's nicht mehr weiter", sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende. Weil sie "keine Lust mehr habe", sich zehn weitere Jahre "leere Versprechungen anzuhören", müsse jetzt eine gesetzliche Frauenquote für die Aufsichtsräte der börsennotierten Unternehmen beschlossen werden. Dabei müsse es eine "glasklare Zielvorgabe von 30 Prozent" geben.

Seit dem Beginn der Diskussion über die Quote hätten "viele versucht, das Thema totzutreten", sagte von der Leyen. Dies sei aber nicht gelungen, es sei "ein Selbstläufer" geworden. "Es gärt jetzt in den Unternehmen", sagte die Arbeitsministerin. "Da ist jetzt der Druck der Frauen da."

Wenn heute noch ein Dax-Vorstand erkläre, "für diesen Posten kam nur ein Mann in Frage, muss er sich der Frage erwehren: Was habt ihr falsch gemacht, dass ihr unter Zehntausenden Mitarbeiterinnen keine einzige fähige Frau gefunden habt?"

Schröders Flexi-Quote wird "nicht reichen"

In der CDU gebe es "gerade eine heftige Debatte, wie wir uns auf dem Parteitag im Dezember positionieren wollen", sagte die stellvertretende Parteichefin. "Ich versichere Ihnen: Für uns Frauen ist dieses Thema nicht erledigt. Wir haben uns bestimmte Zeitleisten gesetzt. Dann wollen wir Tacheles reden." Die sogenannte Flexi-Quote, wie sie Frauenministerin Kristina Schröder (CDU) wolle, werde "da nicht reichen".

Von der Leyen äußerte sich auch zu den aktuellen Problemen ihrer Nachfolgerin. Von der Leyen sagte, Kristina Schröder "erlebt Aufs und Abs wie wir alle". Ihre Kollegin habe "seit der Amtsübernahme Erfolge gehabt". Schröders Bilanz sei "viel besser als die Momentaufnahme, die derzeit in den Medien gezeichnet wird". Richtig sei allerdings, dass Schröder und sie bei der Frauenquote "unterschiedliche Positionen" hätten.

Von der Leyen verlangt die Einführung der gesetzlich festgelegten Frauenquote für Aufsichtsräte, obwohl für dieses Thema eigentlich Schröder zuständig ist. "So etwas als Brüskierung abzutun, finde ich verächtlich politischen Prozessen und anderen Meinungen gegenüber", sagte von der Leyen. "Unsere gemeinsame Aufgabe ist es jetzt aber, eine Lösung zu finden. Daran arbeiten wir."

Von der Leyen beschrieb in dem SZ-Interview auch, wie sie aus vergleichbar schlechten Lagen wie der von Frau Schröder wieder herausgefunden habe. Die Arbeitsministerin sagte: "Dabei habe ich gelernt: Als Ressortminister musst du für deine Themen aufstehen." Außerdem müsse man sich "bevor man in ein Thema reingeht, gut überlegen, was man machen will - und dann auch bei heftigem Gegenwind stehen bleiben".

Von der Leyen äußerte sich auch zu ihren eigenen Schwächen und Stärken. "Ich weiß, dass ich bei Themen, die mich selbst emotional berühren, durchsetzungsstark bin - und das strahle ich auch aus", sagte die CDU-Politikerin. Sie beziehe ihre "Positionen mit Leidenschaft, manchmal renne ich damit auch gegen die Wand." Mit diesem Politikstil polarisiere sie "natürlich auch als Person mehr als jemand, der sein Amt ausübt, ohne anzuecken". Dies liege aber auch daran, dass sie für Themen zuständig sei, die emotionalisieren.

"Die Frage, wie Männer und Frauen zusammenleben, ob sie Kinder haben und wie sie Karriere machen können oder ihr Alter verbringen, sind an jedem Frühstückstisch Gesprächsthema. In meinen Jahren als Ministerin habe ich lernen müssen, dass man manchmal nur Projektionsfläche ist. Wenn man alles persönlich nimmt, geht man unter der hohen Emotionalisierung kaputt", sagte von der Leyen.

Das vollständige Interview finden Sie in der Freitagsausgabe der Süddeutschen Zeitung und auf dem iPad.

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